Liebe Vanessa,
du bist mit deinem Freund am 20.12.2015 mit Etihad von Berlin nach Colombo gereist, wo ihr eine Reise mit verschiedenen Etappen geplant hattet. Leider befand sich euer Gepäck nicht wie erwaret auf dem Gepäckband, sondern war zunächst nicht auffindbar. Erst nach 6 Tagen wurden euch eure Backpacks ins Hotel gebracht.
Wie du bereits erkannt hast, kommt ein Anspruch auf Zahlung der Erstattungskosten aus dem Montrealer Übereinkommen (MÜ) in Betracht.
Bei einer Gepäckverspätung besteht gemäß Art. 19 des Montrealer Übereinkommens ein Anspruch auf Erstattung von Schäden, die kausal mit der Verspätung zusammenhängen. Dazu gehören typischerweise Ersatzkäufe für Sachen, die sich im Gepäck befinden und die der Fluggast sofort beziehungsweise täglich braucht.
Hilfreich könnte folgendes Urteil sein:
AG Frankfurt, Urteil vom 13.06.2013, Az: 29 C 2518/12 (19) (Das Urteil ist sehr interessant und behandelt einige Fragen aus den EU Fluggastrechten. Du kannst das Urteil im Internet nachlesen, einfach googlen "reise-recht-wiki.de AG Frankfurt 29 C 2518/12 (19)")
Hier hat das AG Frankfurt den Klägern einen Teilanspruch zugesprochen, weil deren Koffer erst mit mehrtägiger Verspätung am Urlaubsort ankamen und sie sich vorort um Ersatz kümmern mussten. Es entschied, dass Kleidungsstücke und Artikel zur Körperpflege ersetzt werden müssen, andere Zusatz- und Luxusprodukte hingegen nicht. Demnach ist ausschlaggebend ob die Anschaffungen notwendig waren. Es stellt sich daher die Frage wie das Merkmal der Notwendigkeit zu konkretisieren ist. Im selbigen Urteil entschied das Gericht, dass bei einer mehrtägigen Verzögerung sämtlicher Gepäckstücke die ersatzweise Anschaffung einer vollständigen Grundgarderobe und entsprechender Pflegeprodukte als notwendig und angemessen anzusehen ist. Eine Notwendigkeit wurde jedoch beispielsweise bei der Anschaffung einer speziellen Abendgarderobe abgelehnt. In diesem Fall wurde der Beklagte zu einer Zahlung von 500 Euro verpflichtet.
Wichtig ist zudem, dass die Verspätungsanzeige fristgerecht beim zuständigen Luftfahrtunternehmen eingeht. Gemäß Art. 31, Abs. 2, S. 2 des Montrealer Übereinkommens muss eine Verspätungsanzeige innerhalb von 21 Tagen, nachdem der Fluggast das Gepäck bekommen hat beim Luftbeförderungsunternehmen eingehen. Die Verspätungsanzeige muss zudem schriftlich erfolgen und begründet werden. Des Weiteren muss dargelegt werden, welche Anschaffungen aufgrund der Gepäckverspätung getätigt wurden. Rechnungen müssen dabei stets aufgehoben werden, da das Gericht andernfalls die Ausgaben nicht nachvollziehen kann.
Maßgebend für die Höhe der Erstattungszahlung ist Art. 22 Abs. 2 des Montrealer Übereinkommens. Die Haftungshöchstgrenze beträgt demnach 1000 Sonderentziehungsrechte. Aufgrund der Teuerungsrate in den letzten Jahren wurde diese Grenze auf 1131 Sonderentziehungsrechte erhöht. Dies führt zu einer Verbesserung der Position der Fluggäste. 1131 SZR entsprechen circa 1414 Euro. Mithin kann ein Fluggast maximal 1300 Euro für eine Gepäckverspätung erstattet bekommen. Dies gilt pro Fluggast und nicht pro Gepäckstück.
Den aktuellen Umrechnungskurs kannst du beispielsweise hier einsehen:
http://www.xe.com/de/currencyconverter/convert/?Amount=1131&From=XDR&To=EUR
Zudem könnte dich folgendes Urteil interessieren:
EuGH, Urteil vom 06.05.2010, Az: C-63/09 (Das Urteil ist sehr interessant und behandelt einige Fragen aus den EU Fluggastrechten. Du kannst das Urteil im Internet nachlesen, einfach googlen "reise-recht-wiki.de EuGH C-63/09")
Problematisch ist nun, dass Etihad die Zahlung verweigert und dir stattdessen die Gutschrift von Bonusmeilen anbietet. Bonusmeilen entsprechen keiner Entschädigung in Geld, sodass du diese meiner Meinung nach nicht annehmen musst. Vielleicht helfen dir die folgenden Urteile etwas weiter. Im Mittelpunkt dieser Urteile stehen keine Gepäck,- sondern Flugverspätungen. Daher beziehen sich diese Auf die Fluggastrechte Verordnung. Trotz alledem denke ich, dass einige Parallelen zu ziehen sind:
AG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.10.2010, Az. 29 C 1352/10 (zu finden nach der google-Sucheingabe „reise-recht-wiki AG Frankfurt 29 C 1352/10“)
Hier hat das Gericht entschieden, dass ein Fluggutschein nicht angenommen werden muss. Als Kommentar zu dem von der Fluggesellschaft angebotenen Fluggutschein hieß es, dass „Außergerichtliche Vergleichsversuche, die unter anderem eine Entschädigung in Form von Fluggutscheinen beinhalteten, scheiterten, da die Flugreisenden Barzahlung begehrten.“
AG Hamburg-Harburg, Urteil vom 05.12 2006, 14 C 248/06 (zu finden nach der google-Sucheingabe „reise-recht-wiki AG Hamburg 14 C 248/06“)
Auch hier kam das Gericht zu dem Entschluss, dass ein Reisegutschein die Ausgleichszahlung nicht ersetzen kann, wenn dies nicht explizit vom Betroffenen gewünscht ist. Dies verlangt zudem einer schriftlichen Bestätigung.
Ich bin der Ansicht, dass aus diesen Urteilen zu schließen ist, dass die Bonusmeilen keinen Anspruch aus Geldzahlung ersetzen. Ganz zu schweigen von dem Fakt, dass der Umfang der angebotenen Bonusmeilen und die Schwere der Nutzung dieser kaum angemessen erscheinen.