Lieber Thomas,
warst zusammen mit einem Kollegen auf einen Air Berlin Flug nach Hamburg geplant. Leider hast du an diesem Tag verschlafen, sodass du den Flug nicht antreten konntest. Dein Kollege informierte dann die Dame am Gate, dass du es nicht rechtzeitig schaffen wirst und man ohne dich abfliegen solle. Um noch einigermaßen rechtzeitig zu deiner Besprechung zukommen, hattest du dann den nächstmöglichen Flug mit der Eurowings genutzt.
Du fragst dich nun, ob du Ansprüche geltend machen kannst.
Ein Anspruch könnte sich aus der der Fluggastrechte Verordnung ergeben. Diese Verordnung (VO) ist eine Regelung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 bezüglich Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen.
Zunächst müsste der Anwendungsbereich eröffnet sein. Die Eröffnung des Anwendungsbereiches ist zu bejahen, wenn die Voraussetzungen des Art. 3 VO erfüllt sind.
Art. 3 VO Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
(2) Absatz 1 gilt unter der Bedingung, dass die Fluggäste
a) über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügen und – außer im Fall einer Annullierung gemäß Artikel 5 – sich – wie vorgegeben und zu der zuvor schriftlich (einschließlich auf elektronischem Wege) von dem Luftfahrtunternehmen, dem Reiseunternehmen oder einem zugelassenen Reisevermittler angegebenen Zeit zur Abfertigung einfinden oder, falls keine Zeit angegeben wurde, – spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit zur Abfertigung einfinden oder
b) von einem Luftfahrtunternehmen oder Reiseunternehmen von einem Flug, für den sie eine Buchung besaßen, auf einen anderen Flug verlegt wurden, ungeachtet des Grundes hierfür.
(3) Diese Verordnung gilt nicht für Fluggäste, die kostenlos oder zu einem reduzierten Tarif reisen, der für die Öffentlichkeit nicht unmittelbar oder mittelbar verfügbar ist. Sie gilt jedoch für Fluggäste mit Flugscheinen, die im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms oder anderer Werbeprogramme von einem Luftfahrtunternehmen oder Reiseunternehmen ausgegeben wurden.
(4) Diese Verordnung gilt nur für Fluggäste, die von Motorluftfahrzeugen mit festen Tragflächen befördert werden.
(5) Diese Verordnung gilt für alle ausführenden Luftfahrtunternehmen, die Beförderungen für Fluggäste im Sinne der Absätze 1 und 2 erbringen. Erfüllt ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das in keiner Vertragsbeziehung mit dem Fluggast steht, Verpflichtungen im Rahmen dieser Verordnung, so wird davon ausgegangen, dass es im Namen der Person handelt, die in einer Vertragsbeziehung mit dem betreffenden Fluggast steht.
(6) Diese Verordnung lässt die aufgrund der Richtlinie 90/314/EWG bestehenden Fluggastrechte unberührt. Diese Verordnung gilt nicht für Fälle, in denen eine Pauschalreise aus anderen Gründen als der Annullierung des Fluges annulliert wird.“
Grundsätzlich sind die Voraussetzungen des ersten Absatzes erfüllt, jedoch warst du nicht bis spätestens 45 Minuten vor Abflug bei der Abfertigung. Auch eine Annullierung kann nicht angenommen werden, da dein Flug wie geplant von Air Berlin durchgeführt wurde. Daher ist der Anwendungsbereich meiner Ansicht nach nicht eröffnet. Somit stehen dir keine Ansprüche aus der Fluggastrechte Verordnung zu.
Ich bin der Ansicht, dass das pünktliche Erscheinen am Flughafen in deinem Verantwortungsbereich liegt, sodass sich mir leider keine andere Anspruchsgrundlage aufdrängt.