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B. Erster Flug von San Jose nach Frankfurt
Zunächst wäre an einen Anspruch auf Entschädigungszahlung gemäß Art. 7 VO zu denken.
Art. 7 Ausgleichsanspruch
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.
(2) Wird Fluggästen gemäß Artikel 8 eine anderweitige Beförderung zu ihrem Endziel mit einem Alternativflug angeboten, dessen Ankunftszeit
a) bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger nicht später als zwei Stunden oder
b) bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr
als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen
1 500 und 3 500 km nicht später als drei Stunden oder
c) bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen nicht später als vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit des ursprünglich gebuchten Fluges liegt, so kann das ausführende Luftfahrtunternehmen die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 um 50 % kürzen.
(3) Die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 erfolgen durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen.
(4) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Entfernungen werden nach der Methode der Großkreisentfernung ermittelt.“
Demnach könnte ein Anspruch in Höhe von 600 Euro bestehen. Es ist jedoch zu bedenken, dass dieser Anspruch nur geltend gemacht werden kann, wenn die Fluggesellschaft den Reisenden weniger als 2 Wochen vor Abflug über die Änderung informiert hat. Grundsätzlich hat Lufthansa die Informationsmail bereits 4 Wochen vor Abflug verschickt. Diese kam jedoch nicht an, sodass deine Tochter erst 3 Tage vor Abflug von der Annullierung erfuhr. Gemäß Art. 5 Abs. 4 VO trägt das ausführende Luftfahrtunternehmen die Beweislast dafür, dass der Reisende über die Annullierung informiert wurde. Lufthansa muss somit beweisen, dass die E-Mail abgeschickt wurde. Den Eingang der Mail muss und kann Lufthansa nicht beweisen, da dies nicht in deren Machtbereich liegt. Da dir bereits telefonisch mitgeteilt wurde, dass die E-Mail verschickt wurde, könne ich mir gut vorstellen, dass Lufthansa diese wirklich abgeschickt hat und die Mail vielleicht ausversehen in deinem Spam Ordner gelandet ist, wodurch sie dann nicht beachtet wurde. Je nachdem, ob Lufthansa das Verschicken der Annullierungsmail nachweisen kann, kann deine Tochter demnach einen Anspruch auf Ausgleichszahlung geltend machen.
Des Weiteren verweist Art. 5 VO (Annullierung) auch auf Art. 8 VO (Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung) und Art. 9 VO (Anspruch auf Betreuungsleistungen). Da deine Tochter den angebotenen Alternativflug angenommen hat und bereits im Voraus über die Annullierung informiert wurde, scheiden Ansprüche aus Art. 8 VO und 9 VO leider aus. Auch andere Anspruchsgrundlagen sind meiner Ansicht nach nicht ersichtlich.
C. Der Anschlussflug von Frankfurt nach Nürnberg
Der gebuchte Anschlussflug wurde aufgrund schlechter Wetterverhältnisse annulliert. Ersatzweise wurde von der Lufthansa ein Zugticket zur Verfügung gestellt. Grundsätzlich kann dieser Vorfall (wieder) einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 VO begründen.
AG Bremen, Urteil vom 29.11.2013, Az. 2 C 49/13 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: " AG Bremen 2 C 49/13 reise-recht-wiki.de“)
Hier hat das Gericht einen Anspruch auf Ausgleichzahlung bejaht, da anstatt eines Fluges ein Bustransfer einsetzt wurde und dies mit einer erheblichen Verzögerung einherging.
Es wäre jedoch möglich, dass hier ein Haftungsausschluss gemäß Art. 5 Abs. 3 VO greift. Demnach müsste Lufthansa die Ausgleichzahlung gemäß Art. 7 VO nicht zahlen, wenn diese nachweist, dass das Vorliegen des außergewöhnlichen Umstandes auch dann nicht hätte vermieden werden könen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Der Art. 5 Abs. 3 VO verdeutlicht also zunächst, dass die Fluggesellschaft die Nachweispflicht, für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes, trifft. Kann sie dies nicht nachweisen, haftet sie im vollen Umfang.
AG Frankfurt, Urteil vom 17.01.14, 30 C 2462/13, (auch ganz einfach zu googlen unter "AG Frankfurt 30 C 2462/13 Reise-Recht-Wiki.de")
In diesem Urteil wird noch einmal hervorgehoben, dass die Fluggesellschaft substantiiert vortragen und darlegen muss , wie es zu dem außergewöhnlichem Umstand gekommen ist, wenn sie sich darauf berufen möchte.
Des Weiteren müssten die schlechten Wetterverhältnisse einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 VO darstellen. Ein außergewöhnlicher Umstand ist zu bejahen, wenn ein Ereignis nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspricht, sondern außerhalb dessen liegt, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Es sollen Vorfälle erfasst werden, die nicht zum Luftverkehr gehören, sondern als - jedenfalls in der Regel von außen kommende - besondere Umstände seine ordnungs- und plangemäße Durchführung beeinträchtigen oder unmöglich machen können. Wetterbedingungen sind als außergewöhnliche Umstände nur dann anzusehen, wenn alle Luftfahrtunternehmen davon gleichermaßen betroffen sind.
Leider wird nicht ganz klar, was an den Wetterverhältnissen schwierig gewesen sein soll, sodass ein außergewöhnlicher Umstand hier, meiner Ansicht nach, weder sicher verneint noch bejaht werden kann. Daher möchte ich hier nur ein paar Arten außergewöhnlicher Umstände aufzeigen:
Außergewöhnlich waren beispielsweise die Flugverbote aufgrund des Ausbruchs des Vulkans Eyjafjallajökull in Island im Jahr 2010.
EuGH, Urteil vom 31.01.2013, Az. C 12/11 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google „Reise-Recht-Wiki EuGH C 12/11“ eingibst)
Hier hat der EuGH entschieden, dass die Schließung eines Teils des europäischen Luftraums nach Vulkanausbruch einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der Fluggastrechte Verordnung darstellt.
Noch eine Fortsetzung...