Hallo Nummer 2,
du hast im Februar eine Pauschalreise über einen Online-Vermittler gebucht. Bei der Buchung der Reise habt ihr großen Wert auf passende Flugzeiten gelegt und dafür auch mehr bezahlt. Die bestätigten Reisezeiten lauteten zunächst folgendermaßen:
Hinflug 5.55 Uhr, Rückflug 19.40 Uhr
Nach der Änderung nun folgendermaßen:
Hinflug 15:05 Uhr, Rückflug 10.50 Uhr
Durch diese Flugzeitenverlegungen verlierst du nicht nur Zeit am Urlaubsort, sondern bist auch noch besonderen Strapazen ausgesetzt, da du mit einem kleinen Kind reist. Zudem erwähnst du, dass die auch Mahlzeiten im Hotel verloren gehen. Du hast bereits den Reiseveranstalter kontaktiert und um einen Alternativflug gebeten. Dieser stellte jedoch nur eine geringe Verbesserung dar und war zudem zuzahlungspflichtig. Mithin war dies leider nicht zielführend. Zudem fragst du dich, ob es ein Problem ist, dass die Änderung nicht erst nach Erhalt der Reiseunterlagen, sondern durch Erhalt der Reiseunterlagen bekannt wurde. Generell möchtest du wissen, ob du gegebenenfalls Ansprüche geltend machen kannst und welche das genau wären.
Ich persönlich sehe es nicht als Problem an, dass dir die Flugzeitenänderungen durch den Erhalt der Reiseunterlagen bekannt wurden. Vielmehr ist es ja so, dass dir die Reisezeiten bereits durch die Buchungsbestätigung zugesichert wurden. Mithin sehe ich da schon mal kein Problem.
Nun zur gesetzlichen Anspruchsgrundlage. Du hast eine Pauschalreise im Sinne des § 651 a BGB gebucht, sodass sich sämtliche Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht des BGB ergeben. Diese sind in den §§ 651 a-m BGB geregelt. In deinem Fall empfinde ich eine Reisepreisminderung gemäß § 651 d am effizientesten, da ein passender Flug scheinbar nicht ermöglicht werden kann. Damit der Reisepreis gemindert werden kann, müssen die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt worden sein. Dies verlangt, dass du eine Pauschalreise gebucht hast, welche mit einem Reisemangel behaftet war. Dieser Mangel hätte unverzüglich angezeigt worden sein und eine Abhilfe verlangt worden sein müssen.
I. Wirksamer Reisevertrag
Zunächst müsste ein wirksamer Reisevertrag gemäß § 651 a BGB bestehen. Gegenstand des Reisevertrages ist die Reise, die durch § 651 a Abs. 1 BGB als 'Gesamtheit von Reiseleistungen' definiert wird. Gemeint ist damit die sogenannte Pauschalreise des modernen Tourismus, die aus einem 'Leistungspaket' zu bestehen pflegt. Es handelt sich um mindestens zwei Reiseleistungen, wobei keine dieser Leistungen nur untergeordneten Charakter haben darf. Ich denke, dass dies in deinem Fall zutrifft, sodass die erste Voraussetzung bejaht werden kann.
II. Reisemangel
Des Weiteren müsste der Reisevertrag mangelbehaftet sein. Die wesentliche Pflicht des Reiseveranstalters besteht darin, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften besitzt und nicht mit Mängeln behaftet ist (§651c Abs. 1 BGB). Ein Reisemangel im Sinne von § 651 c BGB liegt demnach vor, wenn eine wesentliche Reiseleistung einen Fehler aufweist oder nicht die zugesicherten Eigenschaften enthält. Eine Flugbeförderung stellt eine wesentliche Reiseleistung dar, deren Abweichungen unter Umständen zu einer Reisepreisminderung führen oder andere Ansprüche begründen können. Dies wird darauf zurückgeführt, dass der Transport in der Regel einen der wichtigen Bestandteile eines Pauschalreisevertrages ausmacht. In deinem Fall könnte sowohl die Flugzeitenänderung des Hinfluges, als auch die des Rückfluges einen Reisemangel darstellen. Umstritten ist jedoch, ob der erste und der letzte Tag als Urlaubstage gewertet werden können, weil diese der An- bzw. Abreise dienen. Dies wird grundsätzlich bejaht, sodass deine Flugzeitenverlegungen keinen Reisemangel begründen könnten. Anders ist es jedoch, wenn dadurch der zweite und/ oder vorletzte Urlaubstag beeinträchtigt werden. Dies ist insbesondere dann zu bejahen wenn eine Störung der Nachtruge vorliegt. Insgesamt ist die Thematik immer noch relativ umstritten, sodass ich dir hier anhand einiger Urteile einen Einblick in die Vorgehensweise der Rechtsprechung verschaffen möchte.
AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az.: 10 C 1621/08 (bei Google einfach zu finden unter “ 10 C 1621/08 "reise-recht-wiki.de“)
Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7-tägigen Flugreise stelle einen Reisemangel dar und berechtige zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.
BGH Urteil vom 17. April 2012, Az. X ZR 76/11 (einfach zu finden, wenn du bei Google „reise-recht-wiki BGH X ZR 76/11“ eingibst)
Das Entfallen der Nachtruhe durch Vorverlegung des Rückfluges stelle demnach einen Reisemangel gemäß § 651 c dar und berechtige zur Reisepreisminderung.
AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, auch bei Google zu finden unter: " AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)
In diesem Fall wurde ein Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden sei nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.
LG Hannover, Urteil vom 13.03.2012, Az. 18 O 79/11 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google eingibst: " LG Hannover 18 O 79/11 reise-recht-wiki.de"))
Geringfügige Verschiebungen der Flugzeiten stellen noch keinen Reisemangel dar, sondern nur eine Unannehmlichkeit, sofern sie zumutbar sind. Eine Flugzeitenverschiebeung von 9 Stunden könnte das Maß einer Unannehmlichkeit übersteigen. Dies ist anzunehmen, wenn die Änderung unzumutbar ist. Dies setzt voraus, dass es sich bei der Änderung der Flugzeiten um eine erhebliche Änderung wesentlicher Reiseleistungen handelt, welche als unzumutbar anzusehen sind. Demnach wäre eine Unzumutbarkeit anzunehmen, wenn die Änderungen den Reisenden in erheblicher Art und Weise belasten.
Zudem kommt noch hinzu, dass der Reiseveranstalter die Flugzeiten gar nicht mehr beliebig ändern darf.
Dies konnte früher durch die AGB ausgeschlossen werden. In diesen behielten sich Reiseveranstalter oftmals Änderungen vor. Dies wurde durch die Rechtsprechung des BGH deutlich eingeschränkt.
Vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2013 Az. X ZR 24/13 (auch ganz einfach bei „reise-recht-wiki“ zu finden)
Laut des BGH führen geänderte Reisezeiten zu einer Abweichung von der vertraglichen Leistung. Entsprechende Klauseln im Kleingedruckten der Reiseunterlagen, welche nachträgliche Änderungen bei Pauschalreisen ermöglichen sollen, seien unzulässig.
Ich bin der Ansicht, dass dein Fall mit den aufgelisteten Urteilen vergleichbar ist und die Verlegung der Flugzeiten daher als Reisemangel zu qualifizieren sind.
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