Guten Tag,
Sie sind mit British Airways von Miami nach London Heathrow geflogen, haben dort aber aufgrund einer Verspätung Ihren Anschlussflug nach Hannover verpasst. Sie wurden dann auf einen Flieger nach Berlin umgebucht, und sind knapp 3,5 Stunden später als eigentlich geplant gelandet.
Auch Ihr Gepäck kam verspätet an.
Sie fragen sich welche Ansprüche Sie gegenüber British Airways haben.
> Fluverspätung
Es könnten sich für Sie Ansprüche aus der EU-VO ergeben, dazu folgende Urteile:
LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013, Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter reise-recht-wiki.de)
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslösen – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az.: C-11/11 (einfach zu finden über Google unter reise-recht-wiki.de)
Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 […]ist dahin auszulegen, dass auf seiner Grundlage dem Fluggast eines Fluges mit Anschlussflügen, dessen Verspätung zum Zeitpunkt des Abflugs unterhalb der in Art. 6 der Verordnung festgelegten Grenzen lag, der aber sein Endziel mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit erreichte, eine Ausgleichszahlung zusteht, da diese Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der in Art. 6 aufgeführten Voraussetzungen abhängt.
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)
Der EuGH hat klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an.
Ihre Ansprüche ergeben sich meiner Meinung nach somit aus Artikel 5 und 7 der EU-VO 261/2004 wegen Ihrer Verspätung von mehr als 3 Stunden am Endziel, beziehungsweise der außerdem vorgefallenen Umbuchung des Zielortses. Die Ausgleichszahlungen betragen je nach Flugstrecke und Verzögerung 250€ - 600€:
> Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro: Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger
> Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro: Bei einer Verspätung von 3 Stunden bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km
> Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro: Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen
Die Entfernung von Miami und Hannover beträgt knapp 8000km, und würde Ihnen damit eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro pro Person ermöglichen.
Aber: Dies gilt gem. Artikel 5 Absatz 3 EU-VO nicht, soweit die Fluggesellschaft außergewöhnliche Umstände geltend machen kann und sich diese Umstände auch dann nicht hätte vermeiden lassen können, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
> Zugkosten
Darüber hinaus sind Ihnen Kosten für die Zugverbindung von Berlin nachhause entstanden.
Dazu hilft ein Blick in Artikel 8 Absatz 3 EU-VO:
(3) Befinden sich an einem Ort, in einer Stadt oder Region mehrere Flughäfen und bietet ein ausführendes Luftfahrtunternehmen einem Fluggast einen Flug zu einem anderen als dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen an, so trägt das ausführende Luftfahrtunternehmen die Kosten für die Beförderung des Fluggastes von dem anderen Flughafen entweder zu dem in der ursprünglichen Buchung vorgesehenen Zielflughafen oder zu einem sonstigen nahe gelegenen, mit dem Fluggast vereinbarten Zielort.
Demnach hat British Airways Ihnen meiner Meinung nach die Kosten für die Zugtickets zu erstatten, da der angeflogene Flughafen von dem vorgesehenen abgewichen ist.
> Gepäck
Was die Gepäckverspätung angeht werfen wir einen Blick auf das Montrealer Übereinkommen, das MÜ.
An sich besteht bei Gepäckverspätungen die Möglichkeit auf Artikel 19 des Montrealer Übereinkommens zurückzugreifen.
Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.
Eine Airline hat also jeden materiellen Schaden zu ersetzen, der ob der Gepäckverspätung entstanden ist, und zwar bis zu einer Höchstgrenze von 11311 Sonderentziehungsrechten laut Artikel 22 Abs 2 MÜ. DIes entspricht etwa 1300 Euro. Dazu müssen Sie substantiiert darlegen welcher Schaden Ihnen entstanden ist, typischerweise was Ersatzkäufe angeht. Bei Gepäckverspätungen auf dem Hinflug sind solche Ersatzanschaffungen besonders häufig, kommt es zu einer Gepäckverspätung auf dem Rückflug sind Airlines weniger großzügig, hat man normalerweise alles nötige zuhause oder kann neu angeschaffte Dinge noch weiterbenutzen.
Ist Ihnen dennoch ein Schaden entstanden zögern Sie nicht diesen British Airways gegenüber anzuzeigen, und zwar innerhalb von 21 Tagen nach Erhalt des Gepäckstückes.