Hallo odko,
hier ergeben sich mehrere Probleme: Zuerst muss abgegrenzt werden, wer überhaupt als (1) Anspruchsgegner in Frage kommt, bevor dann festgestellt werden kann, welche (2) Ansprüche überhaupt bestehen.
(1) Anspruchsgegner
Wichtig ist, zwischen Anfahrt, der Sicherheitskontrolle, dem Check-In, der Abfertigung und anderen Vorgängen am Flughafen zu unterscheiden.
Während beispielsweise das Check-In und die Gepäckabfertigung die Aufgabe der Fluggesellschaft ist, kümmert sich hingegen der Staat mithilfe der Bundespolizei um die Sicherheitskontrolle. Dafür zu sorgen, dass etwa im Winter die Wege vor dem Flughafen geräumt sind und die Passagiere auch auf das Gelände fahren können, ist hingegen die Aufgabe des Flughafenbetreibers.
Das ausschlaggebende Ereignis bestimmt demnach den Anspruchsgegner.
Wenn durch langes Warten an der Sicherheitskontrolle oder durch übermäßiges Kontrollieren der Flug verpasst wurde, dann wäre der Staat zum Schadensersatz verpflichtet. Wir befinden uns dann auf dem Gebiet des Staatshaftungsrechts.
(2) Ansprüche
Prinzipiell ist es die Pflicht des Fluggastes, rechtzeitig (in dem von der Fluggesellschaft vorgegebenem Zeitfenster) zum Einchecken am Gate zu erscheinen. Dazu muss er immer ausreichend Zeit für die Vorgänge vor dem Flug einzuplanen.
Kommt er dieser Pflicht nicht nach, dann verliert er den Anspruch auf Beförderung. Was passiert aber, wenn die Gründe für das Zuspätkommen nicht bei dem Fluggast liegen?
Letztendlich ist es gerade hier schwer, die einzelnen Gründe richtig zu bewerten. Hätte der Passagier nicht früher ankommen müssen? War die Schlange wirklich ungewöhnlich lang? Ein rechtwissenschaftlich fundiertes Ergebnis lässt sich schwer auf die Worte „Was wäre wenn, ...“ aufbauen.
Den jeweiligen Ereignissen mehr oder weniger Bedeutung zuzumessen ist im Streitfall deshalb die Aufgabe des Gerichts.
Orientierung bietet die Entscheidung des OLG Frankfurt, Urteil vom 12.08.2013, Az. 1 U 276/12 (zu finden nach der google-Sucheingabe „1 U 276/12 reise-recht-wiki“ gleich als erstes Ergebnis in der Liste)
Der Passagier war von einer Maßnahme des Sicherheitspersonals betroffen, da sein Handgepäck den Verdacht lieferte, gefährlich zu sein. Weil das nötige Personal vor Ort fehlte und erst anfahren musste verpasste der Betroffene seinen Flug. Letztendlich konnte er die Kosten für Ersatztickets nach den Aufopferungsgrundsätzen ersetzt verlangen, da er selbst nicht für die Entstehung des Gefahrenverdachts verantwortlich war.
Ausschlaggebend ist hier, dass der Passagier einerseits nicht für die Entstehung des Verdachts verantwortlich war und es andererseits an Personal mangelte.
Es kann also davon ausgegangen werden, dass gerade wenn Personal für die Sicherheitskontrollen fehlt und die Abfertigung bei der Kontrolle außergewöhnlich lang dauert, dass dann ein Anspruch auf Schadensersatz für die Verspätung gegenüber dem Staat nach dem Aufopferungsgrundsatz besteht.