Hallo Moritz,
auf deinem Flug von London wurde eine Zwischenlandung in Newark eingefügt, wegen der ihr erst knapp 4 Stunden später als geplant euren Zielflughafen erreicht habt. Du fragst dich, ob dir und deiner Familie eine Entschädigung zusteht.
Vielleicht stehen dir Ansprüche nach der EU-Fluggastrechteverordnung zu.
Es wurde eine Zwischenlandung eingefügt. Hast du einen Direktflug gebucht, dann ist das in Ordnung, denn Direktflüge könnten einen oder mehrere Zwischenlandungen enthalten. Allein bei einem gebuchten Nonstop-Flug sind Zwischenlandungen nicht vorgesehen.
AG München, Urteil vom 05. September 2002, Az. 173 C 10987/02 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: AG München Az.: 173 C 10987/02 reise-recht-wiki.de)
Jemand hat einen Direktflug, also keinen Non-Stop-Flug gebucht, und es wurde eine Zwischenlandung eingefügt. Das AG München verneinte einen Reisemangel, da ein Direktflug Zwischenlandungen beinhalten kann.
AG Rostock vom 21.03.2012 (ganz einfach für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst: Amtsgericht Rostock, Az.: 47 C 390/11 reise-recht-wiki.de)
Das Gericht stimmt der Klägerin zu, dass für einen Laien nicht erkennbar ist, dass bei einem als Direktflug ausgewiesenen Flug zwischen dem Abflug und Zielort eine Zwischenlandung erfolgt. Dass in der Rechtsprechung eine Unterscheidung zwischen einem Nonstop-Flug und einem Direktflug erfolgt, kann und muss ein juristischer Laie nicht wissen.
Hast du einen Non-stop-Flug gebucht, dann liegt wohl allein wegen der eingefügten Zwischenlandung eine Annulierung vor. Hast du dagegen einen Direktflug gebucht könnte beispielsweise ein Blick auf die Flugnummer helfen - hat sich diese geändert? Auch bei Direktflügen und den Zwischenlandungen hat die Flugnummer nämlich gleich zu bleiben.
Nehmen wir also einmal an, dass eine Annulierung gegeben ist, und dir dann möglicherweise nach Artikel 5 EU-VO verschiedene Ansprüche zukommen könnten:
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder
Schauen wir uns erst einmal Artikel 7 EU-VO über Entschädigungen an, das ist es ja wonach du auch explizit gefragt hast.
Entschädigungen, die sich nach Artikel 7 richten, können aber entfallen, wenn außergewöhnliche Umstände vorlagen die die Annulierung begründen.
Die Erkrankung von Piloten, und gleich von dreien, könnte so ein Umstand sein. Dazu gibt es ein paar Urteile, die wie ich denke wichtig sein könnten:
LG Darmstadt, Urteil vom 6.4.2011 - Az.: 7 S 122/10 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Es ist allein der betrieblichen Sphäre der Fluggesellschaft zuzurechnen, wenn ein bei ihr beschäftigter Mitarbeiter erkrankt und deshalb seine vorgesehenen Aufgaben nicht wahrnehmen kann. Die Erkrankung eines Crew-Mitgliedes ist daher kein "außergewöhnlicher Umstand" und führt nicht nach Art. 5 Abs. 3 VO zum Wegfall der Leistungspflicht.
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 27.04.2011 , Az.: 31 C 245/11 (einfach für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst: AG Frankfurt, Az.: 31 C 245/11)
Ausfall von Personal ist ein typisches und gewöhnliches Unternehmerrisiko.
LG Darmstadt, Urteil vom 25.05.2011 , Az.: 122/10 (einfach für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst: LG Darmstadt, Az.: 122/10)
Die Erkrankung eines Mitarbeiters ist allein der betrieblichen Sphäre der Fluggesellschaft zuzuordnen.
LG Darmstadt, Urteil vom 23.05.2012 , Az.: 7 S 250/11 (einfach für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst: LG Darmstadt, Az.: 7 S 250/11)
Es ist der betrieblichen Sphäre der Fluggesellschaft zuzurechnen, wenn ein bei ihr beschäftigter Mitarbeiter erkrankt.
AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 01.06.2012 , Az.: 9 C 138/12 (einfach für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst: AG Königs Wusterhausen, Az.: 9 C 138/12)
Die Erkrankung eines Crewmitglieds ist dem Flugbetrieb immanent. Die Fluggesellschaft hat für Ersatz zu sorgen.
All diesen Urteilen ist meiner Meinung nach zu entnehmen, dass Erkrankungen von Crewmitgliedern in der Regel keine außergewöhnlichen Umstände sind.
Insofern kann ich mir persönlich vorstellen, dass ein Anspruch nach Artikel 7 nicht schon deshalb ausgeschlossen wäre, und dir vielleicht zukommen könnte. Die Dimensionen dieser Entschädigung bemessen sich dann nach der Entfernung, und könnten bei dir womöglich 400 Euro pro Person betragen.
Artikel 8 und 9 sind für dich vermutlich nicht interessant. Aber falls du Betreuungsleistungen in Anspruch genommen hast, dann kannst du diese, wie beispielsweise Verpflegung, gemäß Artikel 9, deiner Airline per Vorlage von Quittungen in Rechnung stellen.