Ihr habt eine Pauschalreise gebucht, und seid darüber informiert worden, dass der Hinflug um mehr als 12 Stunden nach hinten verschoben wurde. Du fragst dich, ob ihr deshalb Ansprüche geltend machen könnt, und wenn ja, gegenüber wem.
> Pauschalreise
Bei einer Pauschalreise denke ich persönlich erst einmal an die möglichen Ansprüche aus §§ 651 a - m BGB.
Meiner Meinung nach könnte es sein, dass es möglich ist den Reisepreis zu mindern, nach § 651d BGB:
(1) Ist die Reise im Sinne des § 651c Abs. 1 mangelhaft, so mindert sich für die Dauer des Mangels der Reisepreis nach Maßgabe des § 638 Abs. 3. § 638 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.
Dann müsste die Reise mangelbehaftet sein, nach § 651c.
AG KÖLN, Urteil vom 07.09.2015, Az.: 142 C 78/15 (einfach zu finden, wenn du das Urteil bei Google eingibst: Amtsgericht Köln 142 C 78/15 reise-recht-wiki.de)
Ein Reisemangel i.S.d. § 651c BGB liegt vor, wenn die Reise von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht oder ein Fehler vorliegt, durch den der Wert der Reise oder ihre Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Nutzen aufgehoben oder gemindert ist.
Es könnte sein, dass die zeitliche Verschiebung um 12 Stunden einen solchen Mangel begründen kann. Solche möglichen Änderungen behalten sich Reiseveranstalter manchmal in den geschlossenen Reiseverträgen vor, sodass sie frei sind solche Verschiebungen vorzunehmen. Dies ist aber unzulässig:
BGH, Urteil vom 10.12.2013 Az. X ZR 24/13 (auch ganz einfach bei Google unter BGH X ZR 24/13 „reise-recht-wiki“ zu finden)
Laut des BGH führen geänderte Reisezeiten zu einer Abweichung von der vertraglichen Leistung. Entsprechende Klauseln im Kleingedruckten der Reiseunterlagen, welche nachträgliche Änderungen bei Pauschalreisen ermöglichen sollen, seien unzulässig.
Zu Verschiebungen kann dieses Urteil helfen:
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Geringere Verschiebungen sind als hinnehmbar anzusehen. So kann eine Verschiebung von 4 bis 8 Stunden noch zulässig sein. Von Bedeutung ist, ob die Veränderungen für den Fluggast noch zumutbar sind.
Zur Einstufung außerdem die folgenden Urteile:
AG Hamburg, Urteil vom 22.08.1996, Az. 22b C 672/96 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “ AG Hamburg 22b C 672/96 reise-recht-wiki.de“)
Minderungsanspruch bejaht. Bei einer Kurzreise über 4 Tage wurde der Rückflug von 20.25 Uhr auf 9.30 Uhr vorverlegt. Die Reisezeit verkürzte sich dadurch um einen ganzen Tag. Der Reisepreis konnte um 25 % für den verlorenen Tag gemindert werden.
AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az. 10 C 1621/08 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “ AG Ludwigsburg 10 C 1621/08 reise-recht-wiki.de“)
Minderung bejaht. Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7tägigen Flugreise stellt einen Reisemangel dar und berechtigt zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.
AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)
Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden ist nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.
Und:
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese ebenfalls unzulässig.
Diesen Urteilen entnehme ich, dass es nicht nur auf die Verschiebung selbst ankommt, sondern auch darauf, wie lang die Reise an sich gehen sollte. Eine 12-stündige Verschiebung bei einer 4 Tage Reise ist diesen Urteilen nach gravierender als beispielsweise bei einer 12 Tage Reise. Aber, die Beeinträchtigung eines Urlaubstages ist unzulässig, so das OLG Düsseldorf - etwas was du ja auch anbringst. Du schreibst leider nicht nach welchen Zeiten deine Reise wirklich verschoben wurde, aber mit einer 12-stündigen Verschiebung ist auf jeden Fall die vom OLG Düsseldorf gesetzte zeitliche Grenze von 8 Stunden überschritten.
Ich persönlich kann mir deshalb vorstellen, dass ein Mangel annehmbar ist.
Dann kann der Reisepreis denke ich gemindert werden, und du dich dazu bei deinem Reiseveranstalter melden.
Eine weitere Idee wäre einen Anspruch wegen entgangener Urlaubsfreuden nach § 651f II BGB geltend zu machen.
OLG Köln, Urteil vom 14.07.2008, Az.: 16 U 82/07 (einfach zu finden, wenn du bei Google OLG Köln 16 U 82/07 reise-recht-wiki.de eingibst)
Ein Schadensersatzanspruch gem. § 651f Abs. 2 BGB wegen entgangener Urlaubsfreude stehe den Klägern jedoch nicht zu, weil die dafür erforderliche erhebliche Beeinträchtigung der Reise im Regelfall erst angenommen werden könne, wenn der Gesamtwert der Reise um mehr als 50 % gemindert sei.
Dann müsste wegen dieser zeitlichen Verschiebung der Gesamtwert um 50 % gemindert sein, so das OLG Köln. Dazu reicht die Beeinträchtigung in eurem Fall aber denke ich nicht aus, beziehungsweise würde wohl auch davon abhängen, wie lang eure gesamte Pauschalreise gehen soll. Und darüber weiß ich leider nichts.
Fortsetzung folgt...