Hallo Brigitte,
deine Tochter hat eine Pauschalreise gebucht. Der Flug mit Airberlin wurde von 4 Uhr auf 7:30 Uhr und dann auf 19:25 verschoben. Du fragst dich, ob es dafür eine Entschädigung gibt.
Ansprüche können sich für dich denke ich womöglich einerseits aus den §§ 651 a - m BGB aus dem Recht der Pauschalreisen ergeben und andererseits vielleicht aus der EU-Fluggastrechteverordnung, die auch bei gebuchten Pauschalreisen teilweise Ansprüche bereit hält, obwohl sie sonst eher bei Nur-Flügen zum Einsatz kommt.
Erst einmal zu den §§ 651 a - m BGB. Du hast einen Reisevertrag mit deinem Reiseveranstalter geschlossen. Ist die Veränderung deiner Reise dir unzumutbar und diese deshalb mangelbehaftet, dann können dir Ansprüche aus den § 651c auf Minderung und beispielsweise auch aus § 651d auf Kündigung zustehen.
So das OLG Düsseldorf:
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Von Bedeutung ist, ob die Veränderungen für den Fluggast noch zumutbar sind. Der Begriff der Zumutbarkeit ist jedoch nicht eindeutig definiert
Ein Mangel bestimmt sich nach § 651c:
(1) Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.
(2) Ist die Reise nicht von dieser Beschaffenheit, so kann der Reisende Abhilfe verlangen.
So sieht es das AG Köln auch:
AG Köln, Urteil vom 07.09.2015, Az.: 142 C 78/15 (einfach zu finden, wenn du das Urteil bei Google eingibst: Amtsgericht Köln 142 C 78/15 reise-recht-wiki.de)
Ein Reisemangel i.S.d. § 651c BGB liegt vor, wenn die Reise von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht oder ein Fehler vorliegt, durch den der Wert der Reise oder ihre Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Nutzen aufgehoben oder gemindert ist.
Liegen also Fehler vor, dann hast du Abhilfe zu verlangen, wenn du damit nicht einverstanden bist. Erst wenn du Abhilfe verlangt hast, und deinem Veranstalter somit die Möglichkeit gegeben hast etwas zu ändern, ist es, falls dein Veranstalter untätig bleibt, möglich anderweitig Kompensation zu suchen - beispielsweise durch Minderung.
Fraglich ist also, ob die Verschiebung deines Fluges von 4 auf 19:25 Uhr ein Mangel ist.
BGH, Urteil vom 10.12.2013 Az. X ZR 24/13 (auch ganz einfach bei Google unter BGH X ZR 24/13 „reise-recht-wiki“ zu finden)
Laut des BGH führen geänderte Reisezeiten zu einer Abweichung von der vertraglichen Leistung. Entsprechende Klauseln im Kleingedruckten der Reiseunterlagen, welche nachträgliche Änderungen bei Pauschalreisen ermöglichen sollen, seien unzulässig.
Der BGH hat geurteilt, dass geänderte Reisezeiten grundsätzlich eine Abweichung der versprochenen Reiseleistung sein können - und damit einen möglichen Mangel begründen können. Ein Reiseveranstalter, falls bei euch der Fall, darf sich solche Änderungen auch in Klauseln vorbehalten - so der BGH.
Es gibt außerdem denke ich ein paar hilfreiche Urteile zu Verschiebungen:
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Geringere Verschiebungen sind als hinnehmbar anzusehen. So kann eine Verschiebung von 4 bis 8 Stunden noch zulässig sein.
Verschiebungen von bis zu 8 Stunden können also in Ordnung sein. Das AG Bonn hat genau das vor dem OLG Düsseldorf genauso entschieden:
AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)
Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden ist nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.
Der Flug deiner Tochter wurde um knapp 15 Stunden verschoben. Ich würde die Überschreitung der 8-Stunden-Grenze annehmen und damit, dass die Veränderung der Abflugzeit unzumutbar und ein Mangel ist.
Ja, Hin- und Rückreistetag geltend prinzipell der An- und Abreise. Doch auch an diesen Tagen gibt es meiner Meinung nach bestimmte Grenzen, wie oben abgesteckt, in denen sich diese Veränderungen zu halten haben.
Deshalb ergibt sich meine ich die Möglichkeit der Minderung nach § 651d:
(1) Ist die Reise im Sinne des § 651c Abs. 1 mangelhaft, so mindert sich für die Dauer des Mangels der Reisepreis (...)
Diese Minderung müsste deine Tochter gegenüber dem Reiseveranstalter geltend machen.
Oder aber, sie nimmt die Option der Kündigung nach § 651e BGB in Anspruch:
(1) Wird die Reise infolge eines Mangels der in § 651c bezeichneten Art erheblich beeinträchtigt, so kann der Reisende den Vertrag kündigen. Dasselbe gilt, wenn ihm die Reise infolge eines solchen Mangels aus wichtigem, dem Reiseveranstalter erkennbaren Grund nicht zuzumuten ist.
(2) Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Reiseveranstalter eine ihm vom Reisenden bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu leisten.
Hier wird wieder darauf hingewiesen, dass zunächst ein Abhilfeverlangen getätigt werden muss.
Außerdem ist ein Anspruch auf Minderung oder Kündigung gemäß § 651g innerhalb eines Monats geltend zu machen:
(1) Ansprüche nach den §§ 651c bis 651f hat der Reisende innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend zu machen.
So viel zu den Möglichkeiten, die dir meiner Meinung nach aus dem BGB zustehen könnten.
Fortsetzung folgt...