Hallo Frau Raber,
Sie haben einen Flug mit TuiFly von Stuttgart nach Gran Canaria gebucht und seperat dazu eine Kreuzfahrt. Der Flug sollte ursprünglich am 10.12 um 06:00 von Stuttgart losfliegen. Nun wurden Sie darüber informiert, dass der Flug fast 9 Stunden, nämlich auf 14:55 nach hinten verlegt wurden. Sie fragen sich nun, welche Ansprüche Ihnen dadurch gegen die Fluggesellschaft zustehen. Insbesondere fragen Sie nach der Möglichkeit einer Stornierung bzw. einer Ausgleichszahlung.
Bei Flugverspätungen, Annullierungen oder Nichtbeförderungen im europäischen Raum greift die Europäische Fluggastrechte Verordnung. Die Fluggastrechte dienen der Stärkung der Ansprüche von Flugpassagieren bei Flügen, die in der EU, Island, Norwegen oder der Schweiz angetreten werden, oder die von EU-Fluggesellschaften durchgeführt werden und einen EU-Flughafen als Ziel haben. Aus dieser Verordnung könnte sich in Ihrem Fall eine passende Anspruchsgrundlage ergeben.
In Ihrem Fall wurde der Flug um fast 9 Stunden nach hinten verlegt. Im Falle einer so erheblichen Verspätung kann bereits von einer Annullierung des ursprünglich gebuchten Fluges ausgegangen werden.
Siehe dafür auch folgende Urteile:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst : „EuGH C-83/10 reise-recht-wiki.de“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
BGH- X ZR 34/14 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: " BGH X ZR 34/14 reise-recht-wiki.de“)
Der BGH hatte entschieden, dass auch eine zeitliche Flug-Verlegung nach hinten einer Nichtbeförderung gleichkomme und dem Kunden dann Ausgleichszahlungen zustehen könnten.
AG Hannover, Urteil v. 11.04.2011, 512 C 15244/10 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: 512 C 15244/10 reise-recht-wiki)
In diesem Urteil wird dies noch mal bestätigt. Eine Verlegung des Fluges um 10 Stunden gleicht einer Annullierung
Daher könnten Sie einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004 gegen die Fluggesellschaft haben:
Artikel 7, Ausgleichsanspruch
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt“.
Je nachdem von wo nach wo Sie fliegen, könnten Sie also einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004 in Höhe von 250, 400 oder 600 EUR haben.
Hier ist jedoch zu beachten, dass gem. Art. 5 Abs. 1 c) i) der Anspruch leider entfällt, wenn der Fluggast mindestens zwei Wochen vor dem planmäßigen Abflug über die Annullierung informiert wird. Da Ihr Flug im Dezember gehen soll, ist dies hier der Fall. Sie haben daher leider keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung.
Trotzdessen können Sie bei einer Annullierung Ihres ursprünglichen Fluges gem. Art. 8 VO Nr. 261/2004 zwischen diesen drei Optionen wählen:
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die Erstattung der kompletten Kosten für die Flugscheine, zu dem Preis zu dem sie gekauft wurden
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eine anderweitige Beförderung zum Endziel zum frühstmöglichen Zeitpunkt unter vergleichbaren Reisebedingungen
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eine anderweitige Beförderung zum Endziel zu einem späteren Zeitpunkt auf Wunsch des Fluggasts, unter vergleichbaren Reisebedingungen
Somit abschließend zu Ihrer Frage: Sie haben zwar keinen Anspruch auf eine Entschädigung, können den Flug gem. Art. 8 jedoch kostenfrei stornieren und selber neu buchen.