Guten Tag,
Ihr Flug nach Mallorca wurde am 10.12.2017 aufgrund von Schneefällen annulliert. Direkt am Flughafen haben Sie sich an Ryanair-Mitarbeiter gewendet, die Ihnen mitgeteilt haben, dass der nächste Flug von Köln-Bonn erst 3 Tage später losfliegen würde. Sie hatten allerdings bereits Hotel und Mietwagen auf Mallorca gebucht. Weiterhin wurde Ihnen mitgeteilt, dass es für den nächsten Tag auch einen Flug von Frankfurt-Hahn gibt. Daraufhin haben Sie diesen Flug eigenständig umgebucht und sind nach Frankfurt gefahren um dort zu übernachten.
Nun bietet Ihnen Ryanair zwar die Erstattung der ursprünglichen Flugkosten an, allerdings nicht die Transfer- und Hotelkosten. Sie fragen sich welche anderweitigen Möglichkeiten es gibt.
Bei einer Annullierung haben Fluggäste verschiedene rechtliche Möglichkeiten, die sich aus der europäischen Fluggastrechteverordnung 261/2004 ergeben. Diese beziehen sich in erster Linie auf Ausgleichs-, Betreuungs- und Unterstützungsleistungen. Zunächst einmal zu den Unterstützungsleistungen:
Artikel 8 - Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen
a) — der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseab- schnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit
— einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Dies ist in Ihrem Fall bereits geschehen. Ryanair hat Ihnen einen Ersatzflug angeboten. Indem Sie die Umbuchung allerdings nicht von Ryanair haben durchführen lassen, haben Sie sich wohl implizierend für die erste Alternative entschieden, d.h. die Kostenrückerstattung. Dann ist es auch korrekt, dass Ryanair nicht die Mehrkosten für den neu gebuchten Flug übernehmen muss.
Nun zu den Ansprüchen auf Betreuungsleistungen:
Artikel 9 - Anspruch auf Betreuungsleistungen
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so sind Fluggästen folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:
a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
b) Hotelunterbringung, falls
— ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder
— ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,
c) Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).
Es ist zwar korrekt, dass ein Flugunternehmen die Fluggäste mit Verpflegung und einer Unterkunft versorgen muss, jedoch liegt selbiges Problem wie oben vor. Indem Sie die Umbuchung abgelehnt haben, haben sie auf „eigene Faust“ einen neuen Flug gebucht, weshalb Ryanair dann nichts mehr mit der Unterbringung für den neuen Flug etwas zu tun hat. Insofern sehe ich hier auch keinen Anspruch auf die Erstattung dieser Aufwendungen.
Die letzte Möglichkeit die in Betracht kommt, wäre ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen nach Art. 7 der Verordnung:
Artikel 7 - Ausgleichsanspruch
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km, c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Dieser Anspruch hat allerdings gewisse Ausnahmen, nämlich insbesondere wenn ein sogenannter außergewöhnlicher Umstand vorliegt. In Erwägungsgrund 14 wird eine Definition von diesen Umständen gegeben: „Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten.“
Dies bedeutet, dass die Schneefälle eventuell einen solchen Ausschlussgrund darstellen könnten. Schneefälle können den alltäglichen Flugverkehr natürlich beeinträchtigen. Dies gilt allerdings nur, wenn die Airline auch detailliert nachweisen kann, dass es tatsächlich keine weitere Möglichkeit mehr gab, den Flug anderweitig stattfinden zu lassen. Ein bloßer Verweis auf diesen Umstand genügt für den Ausschluss nicht. Besonders in Wintermonaten ist Schneeaufkommen nicht sonderlich ungewöhnlich.
Insofern können Sie probieren diese Ausgleichsforderung gezahlt zu bekommen. Andere Möglichkeiten sehe ich allerdings nicht.
Siehe hier:
OGH Wien, Urteil vom 03.07.2013, Az 7 Ob 65/13d
(über Google zu finden mit der Suche "7 Ob 65/13d reise-recht-wiki")
Nach der EU-Fluggastrechteverordnung steht einem Passagier ein Ausgleichsanspruch bei einer Annullierung seines Fluges zu. Dieser Anspruch greift unabhängig davon, ob die Airline die Schuld an der Annullierung trägt. Diese kann sich nur über außergewöhnliche Umstände von der Zahlungspflicht befreien (s.o.).
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.05.2013, Az 29 C 1954/11(21)
(über Google zu finden mit der Suche "29 C 1954/11 (21) reise-recht-wiki")
Starker Schneefall kann einen außergewöhnlichen Umstand darstellen, bei dem eine Airline keine Ausgleichszahlung erbringen muss. Allerdings muss hierfür nachgewiesen werden, dass der Schneefall erstens ein gewöhnliches Maß überschritten hat und zweitens dies auch dazu führte, dass die Airline in keinem Fall mehr ein Flugzeug starten lassen konnte.