Hallo,
Sie waren also Fluggäste auf einem bestimmten Flug, doch dieser wurde aufgrund eines Blitzschlags annulliert. Ein Ersatzflug wurde Ihnen angeboten. Sie sind sich nicht sicher, ob Sie trotzdem eine Möglichkeit haben um Ausgleichsleistungen zu beantragen oder ob ein Blitzschlag immer einen außergewöhnlichen Umstand begründet.
Wie Sie ja vermutlich bereits wissen, müssen Entschädigungszahlungen gem. Art. 7 der EG-VO 261/2004 nicht gezahlt werden, wenn ein außergewöhnlicher Umstand vorlag, der zur Annullierung oder Verspätung geführt hat.
Beachten sollte man dabei allerdings den Wortlaut des Art. 5 III der Verordnung.
Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Dies bedeutet zusammengefasst, dass immer zwei Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, damit ein Luftfahrtunternehmen tatsächlich von der Zahlungspflicht befreit ist. Diese sind:
(1) Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands
(2) Keine Vermeidung durch Ergreifen aller zumutbaren Maßnahmen
Erst, wenn beide Voraussetzungen vorliegen, greift diese Exkulpationsmöglichkeit. Allein das Berufen auf das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands genügt eigentlich nicht!
Nun stellt sich die Frage wann eigentlich ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt. Beispielsweise gibt Erwägungsgrund 14 der Verordnung eine kleine Aufzählung, die allerdings nicht abschließend ist. Gewisse Wetterumstände fallen allerdings darunter.
Insgesamt versteht man unter außergewöhnlichen Umständen jedoch nur gewisse Umstände, mit denen das Luftfahrtunternehmen nicht rechnen kann. Blitzschläge gehören allerdings eigentlich in das betriebliche Risiko eines jeden Luftfahrtunternehmens.
Der Blitzeinschlag in ein Fluggerät kann zwar unter Umständen einen außergewöhnlichen Umstand begründen, allerdings dann nicht mehr, wenn dieser Umstand schon am Vortag eingetreten und entdeckt worden ist. Dann kann sich eine Fluggesellschaft nicht mehr wirksam darauf berufen, vgl. AG Königs Wusterhausen, Urt. v. 17.02.2016, Az.: 4 C 1942/15. Auch wenn der Flug annulliert wird, da ein Schaden aufgrund eines Blitzschlag auf dem Vorflug entstanden ist, so hat ein betroffener Fluggast einen Anspruch auf Ausgleichszahlung Art. 5 I i.V.m Art. 7 I der VO (EG) Nr. 261/2004).
Jedenfalls ist aber auch ein technisches Problem, welches unerwartet auftrat und nicht auf eine fehlerhafte Wartung zurückzuführen und auch nicht während einer regulären Wartung festgestellt worden ist, nicht unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne dieser Vorschrift subsumiert, vgl. EuGH, Urteil vom 17.9.2015 – C-257/14.
Nun zu der Frage, welche Maßnahmen in personeller und betrieblicher Hinsicht zumutbar waren. Dabei muss allerdings immer auf die gegebenen Umstände des Einzelfalls abgestellt werden, vgl. AG Hannover, Urt. v. 03.09.2014. Az.: 461 C 12846/13. Deshalb ist es vorliegend schwer sich darüber eine Meinung zu bilden. Instanzgerichte können diese ganze Thematik immer ganz anders sehen. Auch ist kein Fall je der gleiche.
Allerdings könnten Sie trotzdem Condor um Entschädigungszahlungen bitten. Falls Sie sich entscheiden wollen zu klagen, so sollten Sie jedoch vorher meiner Meinung noch einmal von einem Anwalt beraten lassen.