Hallo lieber Fragesteller,
Ihre Frage dreht sich in erster Linie um den Geltungsbereich der europäischen Fluggastrechteverordnung. Sie sind von Deutschland nach Spanien geflogen, soweit hat auch alles geklappt. Auf dem zweiten Abschnitt von Spanien nach Argentinien kam es leider zu einer Verspätung, so dass Sie erst 5 Stunden nach ursprünglicher Ankunftszeit Buenos Aires erreichten.
Zunächst sollten Sie einen Blick auf Art. 3 der EG-VO 261/2004 werfen, denn in dieser Vorschrift ist der Anwendungsbereich der Verordnung geregelt. Ich zitiere:
Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
Unstrittig ist meines Erachtens nach die Verordnung hier in jedem Fall anwendbar. Zwar sind Sie in ein Drittland geflogen, allerdings sind Sie aus einem Mitgliedsstaat (Spanien) gestartet. Insofern sollten Sie sich darüber keine Sorgen machen müssen.
Anders als in der Verordnung geschildert, kommt es nicht auf die Abflugverspätung an, sondern auf die Ankunftsverspätung. D.h. wenn ein Fluggast mit mehr als 3 h Stunden Verspätung sein Endziel erreicht, so kommt möglicherweise ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen in Betracht. Dies entschied der EuGH in der Rechtssache „Fokerts“ in einem Urteil vom 26.06.2012, Az.: C-11/11.
Die erwähnten Ausgleichsleistungen ergeben sich aus Art. 7 der Verordnung und zwar in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Vorliegen trifft wohl Abschnitt c) zu, weshalb Ihnen möglicherweise 600 Euro als Entschädigung zustehen könnte.
Dahingehend ist allerdings eine Ausnahme zu beachten. Denn gem. Art. 5 III der Verordnung müssen diese Leistungen nicht gezahlt werden, wenn sich das Luftfahrtunternehmen erfolgreich auf außergewöhnliche Umstände berufen kann. Sie erwähnen leider nicht wieso es zu der Verspätung kam, deshalb wird ich jetzt im Allgemeinen probieren, Ihnen die Thematik des „außergewöhnlichen Umstands“ zu schildern.
Eine allgemeingültige Definition ist bislang nämlich nicht ersichtlich, allerdings finden sich in den Erwägungsgründen 14 und 15 zumindest Konkretisierungsversuche, die allerdings nicht abschließend sind. In Erwägungsgrund 14 der Fluggastrechteverordnung werden bestimmte Vorfälle, wie politische Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks, geschildert. Dies bedeutet aber nicht, dass nicht andere Umstände ebenfalls die Airline von Ihrer Zahlungspflicht entlasten können. Ebenso kann gem. Erwägungsgrund 15 der EG-VO 2617/2004 vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände ausgegangen werden, wenn eine Entscheidung des Flugverkehrsmanagements zu einem einzelnen Flugzeug an einem bestimmten Tag zur Folge hat, dass es bei einem oder mehreren Flügen des betreffenden Flugzeugs zu einer großen Verspätung, einer Verspätung bis zum nächsten Tag oder zu einer Annullierung kommt, obgleich vom betreffenden Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden, um die Verspätungen oder Annullierungen zu verhindern.
Allerdings muss auch neben dem Vorliegen des Umstands an sich auch hinzukommen, dass dieser außerhalb des gewöhnlichen Betriebsablaufs des Unternehmens liegt. Dazu erwähnte der EuGH einst, dass ein außergewöhnlicher Umstand nur dann angenommen werden kann, wenn bestimmte Gegebenheiten auf Grund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens und von ihm tatsächlich auch nicht beherrschbar seien, vgl. EuGH, Urt. v. 22.12.2007, Az.: C-549/07. Zudem darf der jeweilige Umstand nicht beherrschbar sein. Ebenso muss die Airline alle möglichen Maßnahmen zur Vermeidung des Umstands gewahrt haben, um sich erfolgreich auf Art. 5 III der Verordnung berufen zu können.
Insofern sollten Sie bevor Sie tatsächlich Klage einreichen, klären, weshalb es nun genau zu der Verspätung kam. Ebenso können Sie sich auch erstmal direkt an die Airline wenden und die Ausgleichszahlungen einfordern. Dahingehend können Sie auf der Website von Iberia nachschauen, ob da bereits vorgefertigte Kontaktformulare vorliegen. Sollte sich Iberia nicht zurückmelden oder die Zahlung verweigern, lohnt sich vor Klageeinreichung ein Gang zum Fachanwalt. Dieser kann Sie dann hinreichend über die Chancen informieren.