Sie haben einen Flug von Wien über Frankfurt nach Singapur wahrgenommen. Der erste Flug hatte jedoch eine Verspätung, sodass Sie den Anschlussflug nach Singapur verpasst haben und mit einer Verspätung von 21 Stunden an Ihrem Zielflughafen angekommen sind.
Sie fragen sich nun, ob Sie Ansprüche geltend machen können.
Bei Annullierungen oder Flugverspätungen kommen Ansprüche aus der Europäische Fluggastrechte Verordnung EG-VO 261/2004 in Betracht. Ob sich auch bei verpassten Anschlussflügen ein solcher Anspruch ergibt, hat der EuGH in der folgenden Grundsatzentscheidung entschieden:
EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az. C-11/11 (bei Google zu finden unter: "C-11/11 reise-recht-wiki.de")
Verspätet sich eine Zubringerflug so, dass der Anschlussflug nicht mehr erreicht werden kann und somit den Zielflughafen mit einer Verspätung von mehr als 3 Stunden, steht den Fluggästen eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 der Verordnung.
LG Darmstadt, Hinweisbeschluss v. 15.01. 2017, Az.: 25 S 75/16
Kommt es zu einer Flugverspätung aufgrund eines verpassten Anschlussfluges, wobei der betroffene Fluggast mind. drei Stunden zu spät an seinem Zielort ankommt, so kann ein Anspruch auf Ausgleichszahlung bestehen, auch wenn der Zubringerflug und der Anschlussflug nicht von derselben Fluggesellschaft durchgeführt wurde.
Sie könnten also einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gegen die Fluggesellschaft haben. Die Höhe Ihres Anspruchs ergibt sich aus Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechte Verordnung.
"Artikel 7 Ausgleichsanspruch.
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen."
Es ist jedoch zu beachten, dass die Fluggesellschaft in bestimmten Fällen davon befreit werden kann, Ausgleichszahlungen leisten zu müssen. Das ist immer dann der Fall, wenn außergewöhnliche Umstände im Sinne des Artikel 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004/EG Ursache der Verspätung waren. Ein außergewöhnlicher Umstand liegt immer dann vor, wenn die Ursache für die Verspätung nicht von der Fluggesellschaft hätte vermieden werden können. Also Umstände, auf die die Fluggesellschaft keinen Einfluss hat.
Dazu folgendes Urteil:
BGH, Urt. v. 13.11.2013, Az.: X ZR 115/12 (bei Google zu finden unter: "X ZR 115/12 reise-recht-wiki.de")
Ein Reisender, der aufgrund einer Verspätung des Zubringerfluges seinen Anschlussflug verpasst, hat in der Regel auch einen Anspruch auf Ausgleichszahlung aus der Fluggastrechteverordnung. Dies gilt nicht, wenn sich die Fluggesellschaft wirksam auf "außergewöhnliche Umstände berufen kann, etwa weil das pünktlich gestartete Flugzeug am Ankunftsflughafen keine Landeerlaubnis erhält.
Nach einem Urteil des EuGH v. 22.12.2008, Az: C-549/07 (Kann im Volltext im Internet unter "Az: C-549/07 reise-recht-wiki" gefunden werden) können die Umstände nur dann als „außergewöhnlich“ qualifiziert werden, wenn sie ein Vorkommnis betreffen, das nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens ist und aufgrund seiner Natur oder Ursache von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist.
Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten.
Das bedeutet, dass die Airline für solche Umstände nicht haften muss, die außerhalb Ihres Machtbereiches stehen und die Sie nicht hätten verhindern können. Der Betankungsvorgang wurde aufgrund von Gewitter abgebrochen, da eine Brand- und Explosionsgefahr bestand. Zu einem ganz ähnlichen Fall habe ich folgendes Urteil gefunden:
AG Köln, Urt. v. 17.02.2016, Az: 114 C 208/15 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az:114 C 208/15 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Gewitter sind häufig vorkommende Ereignisse, mit denen ein Flugunternehmen rechnen muss und stellen keinen außergewöhnlichen Umstand dar.
Im vorliegenden Fall buchten die Kläger einen Flug bei der Beklagten, welcher aus zwei Teilflügen bestand. Die Abflugzeit des Zubringerfluges verspätete sich allerding, sodass sie den Anschlussflug nicht rechtzeitig erreichten. Sie kamen insgesamt einen Tag später am Zielort an und machen gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch gemäß Art. 7 i. V. m. Art 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 geltend.
Das Amtsgericht Köln spricht den Klägern einen Anspruch auf Ausgleichszahlung zu, da die Verspätung des Zubringerfluges nicht auf einem außergewöhnlichen Umstand beruhe und eine Inanspruchnahme der Beklagten somit nicht ausschließe.
Da auch im folgenden Urteil ein Gewitter Grund für die Verspätung des Zubringerfluges war und auch hier der Betankungsvorgang abgebrochen werden musste, könnte ich mir seht gut vorstellen, dass sich auch in Ihrem Fall die Airline nicht von dem Leisten von Ausgleichszahlungen auf Grund von außergewöhnlichen Umständen exkulpieren kann.
Da der Sachverhalt doch recht komplex ist, könnte es für Sie von Vorteil sein, einen Anwalt vom Fach einzuschalten.