Guten Tag,
bei dem Rückflug aus Ihrem Gran Canaria Urlaub kam es leider zu einem Problem. Denn das betreffende Flugzeug, welches euch Beförderung sollte, wurde aufgrund eines Brandes einer Powerbank abgezogen. Bis ein Ersatzflugzeug bereit gestellt wurde und dieses abheben konnte verging einige Zeit, sodass dieses auch nicht mehr in Düsseldorf aufgrund eines Nachtflugverbotes landen durfte, weshalb die Landung in Köln stattfand. Zunächst mal allgemein zu dem Thema: Ein Anspruch aus Art. 7 der Fluggastrechteverordnung kann bei einer Verspätung über 3 Stunden am Endziel in Betracht kommen. Dazu folgende Urteile:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az.: C-83/10 (Das Urteil lässt sich im Volltext im Internet finden. Dazu einfach bei Google "Az.: C-83/10 reise-recht-wiki" eingeben)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
BGH- X ZR 34/14 (Das Urteil lässt sich im Volltext im Internet finden. Dazu einfach bei Google "Az.: C-83/10 reise-recht-wiki" eingeben)
Der BGH hatte entschieden, dass auch eine zeitliche Flug-Verlegung nach hinten einer Nichtbeförderung gleichkomme und dem Kunden dann Ausgleichszahlungen zustehen könnten.
Die Höhe der Ausgleichsazhlungen bemisst sich nach der Entfernung und ergibt sich aus Artikel 7 der VO Nr. 261/2004.
- Bei einer Strecke von bis zu 1500km und einer Verspätung ab 2 Stunden: 250€
- Bei einer Strecke von 1500km bis 3500km und einer Verspätung ab 3 Stunden: 400€
- Bei einer Strecke von 3500km oder mehr und einer Verspätung ab 4 Stunden: 600€
Zu beachten ist jedoch, dass die Fluggesellschaft in bestimmten Fällen davon befreit werden kann, Ausgleichszahlungen leisten zu müssen. Das ist immer dann der Fall, wenn außergewöhnliche Umstände im Sinne des Artikel 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004/EG Ursache der Verspätung waren. Ein außergewöhnlicher Umstand liegt immer dann vor, wenn die Ursache für die Verspätung nicht von der Fluggesellschaft hätte vermieden werden können. Also Umstände, auf die die Fluggesellschaft keinen Einfluss hat. Ein außergewöhnlicher Umstand kann zum Beispiel bei Streik des Bodenpersonals oder bei schlechten Wetterbedingugnen vorliegen.
Grund für die Verspätung war ein Brand auf dem Vorflug und ein Nachtflugverbot deswegen. Nun erstmal zu dem Brand auf dem Vorflug. Dazu hat das AG Charlottenburg folgendes entschieden:
AG Charlottenburg, Urt. v. 30.03.2017, Az.: 205 C 85/16 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az.: 205 C 85/16 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Kommt es zu einer Flugverspätung aufgrund eines Schwellbrands einer Powerbank, so kann darin ein außergewöhnlicher Umstand gesehen werden. Daher stehen den Fluggästen keine Ausgleichsleistungen n. Art. 7 zu.
Demnach denke ich, dass dieser Brand einen außergewöhnlichen Umstand darstellt.
Fraglich ist jedoch, ob dieses auch so gilt, wenn nicht Ihr Flug sondern der direkte Vorflug betroffen war. Dazu das BGH:
BGH Urteil vom 24.09.2013, Az. X ZR 160/12 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach "Az. X ZR 160/12 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Hier verwies der BGH auf den Text des Erwägungsgrundes 15 zur Fluggastrechte-Verordnung. Demnach seien jedenfalls die auf dem direkten Vorflug eingetretenen Umstände in die nach Art. 5 Abs. 3 der EG-VO gebotene Bewertung mit einzubeziehen.
Ich gelange aufgrund der geschilderten Gerichtsentscheidung zu der Ansicht, dass sich ein außergewöhnlicher Umstand des direkten Vorfluges durchaus auf den darauf folgenden Flug durchschlagen kann.
Fraglich ist nun, ob auch das dadurch entstandenen Nachtflugverbot einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Beachten Sie dazu das folgende Urteil:
AG Erding, Urteil vom 18.4.2011 – Az.: 2 C 1053/11 (Das Urteil kann man im Volltext im Internet finden. Dazu einfach bei Google "Az.: 2 C 1053/11 reise-recht-wiki" eingeben)
Die Vergabe eines Abflugslots, der zu einer Landezeit führt, die gegen ein Nachtflugverbot verstößt, stellt einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 261/2004 dar.
Damit könnte auch im vorliegenden Fall das Nachtflugverbot einen außergewöhnlichen Umstand bedeuten und würde somit die Fluggesellschaft von der Zahlung der Ausgleichszahlungen freistellen.
Beachten Sie jedoch unbedingt, dass die Fluggesellschaft die Darlegungs- und Beweislast trägt. Sie muss einen außergewöhnlichen Umstand also auch beweisen. Der bloße Verweis auf das Vorliegen eines solchen Umstandes ist nicht ausreichend. Solange die Fluggsellschaft also nicht nachgewiesen hat, dass wirklich ein außergewöhnlicher Umstand vorgelegen hat und Sie die Verspätung des Fluges nicht hätten vermeiden können, bleibt Ihr Anspruch auf Ausgleichszahlung weiter bestehen. So auch folgendes Urteil:
AG Wedding, Urt. v. 10.06.2006, Az: 14 C 672/05 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 14 C 672/05 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Will ein Luftfahrtunternehmen sich von der Haftung gegenüber dem Fluggast durch einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 befreien, so muss es darlegen, dass es alles Mögliche zur Abwendung des Umstand getan hat.
Da Ihr Sachverhalt jedoch relativ komplex ist, könnte es sinnvoll und hilfreich sein, einen Fachanwalt zu Rate zu ziehen.
Um einen passenden Fachanwalt zu finden, könnten Ihnen folgender Post behilflich sein: Ist ein Fachanwalt für Flugrecht teurer als ein normaler Rechtsanwalt?