Guten Tag,
leider ist ihr Flug nach Rom verspätet gestartet. Deshalb musste Sie 3 h länger am Flughafen warten. Grund dafür war, dass das Flugzeug auf dem Vorflug einen Blitzschlag erlitten hat, weshalb die Wartungs- und Reparaturmaßnahmen eine gewisse Zeitverzögerungen nach sich gezogen haben.
In solchen Fällen könnten eventuell Ansprüche aus der europäischen Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004 in Betracht kommen, insbesondere wäre ein Ausgleichsleistungsanspruch n. Art. 7 der Verordnung denkbar.
Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass es nicht darauf ankommen, wie viele Stunden Sie am Flughafen warten mussten, sondern mit wie viel Stunden Verspätung Sie ihr Endziel erreicht haben. Die Erheblichkeitsgrenze liegt da bei 3 Stunden. Sind Sie also mit einer Verspätung von über 3 Stunden in Rom gelandet, so könnte der Ausgleichsleistungsanspruch tatsächlich in Betracht kommen. Dann könnte die Höhe wiefolgt betragen:
- Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro bei einer Flugstrecke von weniger als 1.500 Kilometern
- Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro bei einer Flugstrecke zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern
- Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro bei einer Flugstrecke von mehr als 3.500 Kilometern
Zu beachten ist allerdings die Ausnahme des Art. 5 III: „Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“
Daher müssen also zwei Voraussetzungen für die Airline zum Ausschluss vorliegen: Zunächst muss generell ein außergewöhnlichen Umstandvorliegen. Zudem muss die Airline alle zumutbaren Maßnahmenzur
Vermeidung angestrebt haben.
So sieht es auch die Rechtsprechung:
AG Hannover, Urt. v. 05.01.2012, Az.: 451 C 9817/11
Es besteht ein Anspruch auf die geforderten Ausgleichszahlungen n. Art. 5 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 lit. c) der europäischen Fluggastrechteverordnung 261/2004, wenn das beklagte Luftfahrtunternehmen nicht alles in ihrer Macht stehende getan hat, um den vertraglich vereinbarten Transport zu gewährleisten. Insofern ist für eine Verspätung zu haften, selbst wenn sich auf außergewöhnliche Umstände in Form von schlechten Wetterverhältnissen berufen wird.
Trotzdem müsste man klären, ob der Blitzschlag auf dem Vorflug überhaupt einen solchen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Anerkannt ist, dass gewisse Wetterumstände tatsächlich einen außergewöhnliche Umstand darstellen können.
Allerdings ist ein Blitzschlag auch nicht ein sonderlich ungewöhnliches Ereignis, mit dem ein Flugunternehmen nicht zu rechnen braucht.
Daher muss man sich auf bekannte Urteile aus der Rechtsprechung stützen, um ein klareres Bild von der Sachlage zu bekommen:
AG Hannover, Urteil vom 01.07.2014, Aktenzeichen 538 C 11519/13: 3 Stunden und 25 Minuten auf dem Flug von Fuerteventura nach Köln/Bonn. Extreme Wetterbedingungen, welche der haftungsausschließende Grund für die Verspätung am Vorflug waren, kann der Luftfrachtführer nicht mehr für die damit zusammenhängende Verspätung des Folgefluges geltend machen, wenn er die Flüge aus Gründen der Wirtschaftlichkeit eng hintereinander taktet und keine Ersatzflugzeuge bereit hält.
AG Erding, Urteil vom 23.07.2012, Aktenzeichen 3 C 719/12:
3 Stunden und 40 Minuten Verspätung auf einem Flug von München nach Rom. Das dafür vorgesehen Flugzeug wurde auf dem Vorflug von einem Blitz getroffen. Das Flugzeug musste dann entsprechend auf Schäden überprüft werden, was zu Verspätungen auf Folgeflügen führte. Zwar ist ein Blitzschlag ein außergewöhnlicher Umstand, jedoch liegt hier das Problem vor – das Luftfahrtunternehmen zu viele Flüge für die Maschine in einem zu engen Zeitraum eingeplant, sodass jegliche Probleme eine Verspätung nach sich ziehen könnten. Darüber hinaus konnte die Fluggesellschaft nicht ausreichend darlegen, dass sie alles unter personellen, materiellen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten mögliche unternommen hat, um die Verspätung zu vermeiden.
Insofern kommt es auch in gewisser Weise auf die konkreten Einzelumstände an. Hat die Airline alles Erforderliche getan, so wird wohlmöglich kein Anspruch bestehen. Zunächst ist es sicherlich trotzdem ratsam die Forderung zu stellen. Sollte nichts geschehen, so ist es angesichts der schwierigen Sachlage wohl eher ratsam sich an einen Anwalt zu wenden.