Guten Tag,
Sie schildern einen Sachverhalt, wo doch ein etwas stärker alkoholisierter Passagier einen Flug antrat und dann in einer Auseinandersetzung mit dem Boardpersonal geriet. Er wurde daraufhin in polizeiliches Gewahrsam genommen und hat somit seinen Anschlussflug nach Tel Aviv verpasst. Da es sich dabei um einen bekannten von Ihnen handelt, stellt sich nun die Frage, ob eventuell ein Schadensersatzanspruch gegen die Fluggesellschaft vorliegt.
Ich denke hierhin könnte eine Nichtbeförderung gesehen werden, so dass eventuell eine Anspruch auf Ausgleichsleistungen aus der europäischen Fluggastrechteverordnung in Betracht kommen könnte. Dies ergibt sich aus Art. 4 III der VO: „Wird Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigert, so erbringt das ausführende Luftfahrtunternehmen diesen unverzüglich die Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 (...)“.
Eine Verweigerung der Weiterbeförderung kann wohl eindeutig angenommen werden. Allerdings kann sich eine Airline von der Zahlungspflicht befreien, wenn „vertretbare Gründe“ vorlagen. Dies ist dann der Fall, wenn die Gründe für die Nichtbeförderung in der Person des Flugreisenden zu finden sind. Solche Gründe sind vor allem diejenigen, die den Luftverkehr oder andere Passagiere in ihrer Sicherheit gefährden oder anderweitige vertragliche Belange berühren. Ein aggressives Verhalten resultierend aus starkem Alkoholkonsum kann eine solche Gefährdung wohl durchaus darstellen. Dahingehend haben der Kapitän und die Besatzung schon einen gewissen Handlungsspielraum.
OLG Frankfurt, Urt. v. 22.12.2010, Az.: 13 U 231/09 (bei Google zu finden unter: „reise-recht-wiki 13 U 231/09“)
Ein Flugkapitän ist berechtigt, Passagiere aus dem Flugzeug zu weisen und deren Beförderung abzulehnen, wenn diese sich weigern, seinen Anordnungen Folge zu leisten. Die Fluggäste hätten das Flugzeug verlassen können und dürfen nicht die flugwilligen anderen Gäste blockieren.
AG Berlin-Wedding, Urt. v. 08.09.2014, Az.: 84 S 105/13 (bei Google zu finden unter: „reise-recht-wiki 84 S 105/13“)
Hat ein stark alkoholisierte Flugreisender eine Auseinandersetzung mit dem Bordpersonal, so kann ein Flugkommandant an Bord der Maschine die Befugnis, auf Verdacht, sicherheitsrechtliche Maßnahmen zu treffen und diesen in Gewahrsam zu nehmen. Ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen und Schmerzensgeld bestehe nicht.
Wie Sie sehen können auch schon bei dem Verdacht bestimmte Maßnahmen eingeleitet werden, insofern steht es wohl dahin, ob ihr Bekannter zur Wodkaflasche oder den Süßigkeiten greifen wollte, wenn er bereits davor nicht korrekt verhalten hat.
Dies ist zumindest meine Ansicht. Wenn Sie eine rechtliche Beratung wünschen, müssen Sie sich allerdings an einen Fachanwalt wenden.