Guten Tag,
was Ihnen passiert ist, erinnert mich stark an den Fall einer Nichtbeförderung. Eine Nichtbeförderung oder auch Beförderungsverweigerung liegt dann vor, wenn einem Fluggast der Flugantritt verweigert wird. Eine solche kann in gewissen Fällen gerechtfertigt sein. Ist dies allerdings nicht der Fall, so kommen eventuell je nach Sachlage verschiedene Ansprüche aus der europäischen Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004 in Betracht.
Zunächst ist es wichtig, dass Sie, wie in Art.3 der VO vorgeschrieben, Boardkarten erhielten und somit eine bestätigte Buchung vorlag und Sie in der angegebenen Zeit zur Abfertigung erschienen (spätestens 45 Minuten vor Abflug) sind.
Um Ansprüche aufgrund einer Nichtbeförderung aus Art. 4 geltend machen zu können, muss also zunächst das Merkmal einer Beförderungsverweigerung vorliegen. Eine Verweigerung liegt weiterhin nur dann vor, wenn die Verweigerung ausdrücklich erklärt worden ist, d.h. wenn das Unternehmen zu verstehen gegeben hat, dass es einen Fluggast nicht befördern wird.
Dies lag bei Ihnen durch die Abweisung des Piloten ja anscheinend vor. Die Folge davon ist, dass Ihnen wohlmöglich ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen zu stehen könnte.
Dahingehend sei es aber zu erwähnen, dass es verschiedene Unterfälle einer Nichtbeförderung gibt, die in gewissen Fällen auch vertretbar und somit gerechtfertigt ist. Wann vertretbare Gründe vorliegen, ergibt sich beispielhaft aus Art. 2 j der Verordnung. Beispielhaft genannt werden hierbei die Gesundheit der Reisenden, die allgemeine oder betriebliche Sicherheit und fehlende Reiseunterlagen. Bei Ihrem Mann könnte es also an gesundheitlichen Gründen gelegen haben. Denn eine Person kann dann die Beförderung verweigert werden, wenn zu befürchten ist, dass der allgemeine Gesundheitszustand eine Gefahr für diejenige Person oder für andere Personen auf dem Flug darstellen könnte.
Dazu folgende Beispiele aus der Rechtsprechung:
AG Bad Homburg, Urt. v. 29.10.2002, Az.: 2 C 331/02 (Suche bei Google: „reise-recht-wiki 2 C 331/02“)
Bei einem stark erhöhten Thromboserisiko aufgrund einer Verletzung im Urlaub steht der Fluggesellschaft ein Leistungsverweigerungsrecht zu.
LG Frankfurt a.M., 31.08.2017, Az.: 2-24 O 117/16(Suche bei Google: „reise-recht-wiki 2-24 O 117/16“)
Hat eine Airline keinen Platz in der Business Class und verweigert sie dem Passagier die Beförderung, muss sie Schadenersatz und eine Entschädigung zahlen. Lässt sich aus einem ärztlichen Attest nicht feststellen, dass eine Fluguntauglichkeit vorliegt, so muss die Airline beweisen, dass sie den Flugreisenden aus medizinischen Gründen nicht mitnehmen konnte.
Allerdings ist auch immer zu berücksichtigen, wie die Situation im jeweiligen Moment der Entscheidung auf den Piloten gewirkt hat, da dies für den Ermessensspielraum von erheblicher Bedeutung sein kann.
Ich denke, das letzte Urteil trifft ihren Sachverhalt sehr gut und ich persönlich würde davon ausgehen, dass Sie die Kosten sehr wohl zurück verlangen könnten. Allerdings möchte Ich zu guter letzt auch darauf hinweisen, dass bei solch komplizierten Fragestellungen eine fachanwaltliche Beratung immer von großem Vorteil ist, da die einzelne rechtliche Bewertung immer eine Frage des Einzelfalls darstellt.