Hallo Ute,
da euer Flug von Köln nach Mauritius 20 Stunden Verspätung hatte, habt ihr euch nach dem Urlaub sowohl an die Fluggesellschaft als auch an den Reiseveranstalter gewandt. Die Fluggesellschaft zahlte euch auch eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600€, während sich der Reiseveranstalter weigerte eine Entschädigung zu zahlen mit der Begründung, dass entweder eine Ausgleichszahlung nach der EU-Verordnung oder die reiserechtlichen Ansprüche wie Minderung oder Schadensersatz gefordert werden kann.
Grundsätzlich kann erst einmal gesagt werden, dass es in der EU-Verordnung tatsächlich einen Artikel gibt, wonach weitergehende Ansprüche auf die Ausgleichszahlung angerechnet werden können, nämlich Artikel 12 Absatz 1.
Fraglich ist, ob unter solche weitergehenden Ansprüche auch reiserechtliche Ansprüche zählen. Dies sollt Mithilfe der folgenden Urteile geklärt werden:
LG Frankfurt, Urteil vom 29.11.2012, Az. 2-24 S 67/12 ( bei Google zu finden unter: "2-24 S 67/12 reise-recht-wiki.de")
Auch Ansprüche die gegenüber dem Reiseveranstalter geltend gemacht werden und auf einem Minderungsanspruch beruhen, sind von Artikel 12 Absatz 1 der EU-Fluggastrechteverordnug betroffen und werden auf eine zu leistende bzw. auf eine bereits geleistete Ausgleichsleistung angerechnet.
AG Duisburg, Urteil vom 9.4.2014, Az. 52 C 2806/13 (bei Google einfach eingeben: "52 C 2806/13 reise-recht-wiki.de")
Ein Fluggast bekommt von seiner Airline eine Ausgleichszahlung wegen einer mehr als 24-stündigen Flugverspätung. Zusätzlich zu der bereits gezahlten Entschädigung verlangt der Kläger eine Reisepreisminderung.
Das Amtsgericht Duisburg hat die Klage abgewiesen. Durch die erfolgte Ausgleichszahlung wegen der Flugverspätung sei der Kläger bereits ausreichen entschädigt worden.
BGH, Urteil vom 30.9.2014, Az. X ZR 126/13 (den Volltext findest du, wenn du auf "reise-recht-wiki.de" suchst: "X ZR 126/13")
Hat ein Reisender bereits eine Ausgleichszahlung im Sinne des Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 erhalten, so steht ihm kein Anspruch auf eine Reisepreisminderung aus dem Reisevertrag zu.
Durch diese Urteile kann meiner Meinung nach die Schlussfolgerung gezogen werden, dass reiserechtliche Ansprüche auf die bereits geleistete Ausgleichszahlung gemäß Artikel 12 Absatz 1 angerechnet werden, weswegen du in meinen Augen leider keine reiserechtlichen Ansprüche gegen den Reiseveranstalter geltend machen kannst.
Da dieser Beitrag jedoch nur eine Rechtseinschätzung darstellt, ersetzt er nicht die juristische Beratung durch einen Rechtsanwalt.