Guten Tag,
Sie buchten einen Flug von Frankfurt nach Viktoria mit Condor. Durch einen technischen Defekt am Flugzeug, musste zunächst eine Drittfirma beauftragt werden. Dadurch sind Sie mit 5 Stunden Verspätung in Viktoria angekommen. Als Sie Ihren Anspruch auf Schadensersatz an Condor stellten, verweigerten diese die Zahlung mit der Begründung, dass der Flug nicht von Condor, sondern von einer Drittfirma durchgeführt wurde. Nun stellt sich Ihnen die Frage, ob Sie einen Anspruch gegen Condor geltend machen können.
Haben Sie einen Anspruch auf Entschädigung wegen der 5-stündigen Verspätung?
Zunächst einmal sollte geklärt werden, ob Sie überhaupt einen Anspruch auf Entschädigung wegen der Verspätung geltend machen können.
Da Sie augenscheinlich keine Pauschalreise gebucht haben, sondern nur den Flug, bildet die Anspruchsgrundlage meiner Meinung nach die Europäische Fluggastrechteverordnung.
Der Fluggast steht im Fall einer großen Verspätung, wie bei einem annullierten Flug, ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 dieser Verordnung zu. Einzige Bedingung ist, dass der Fluggast sein Endziel nicht früher als 3 Stunden nach der geplanten Ankunftszeit erreicht (vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 25.2.2011, Az. 27 C 5060/10).
Diese Bedingung haben Sie meiner Meinung nach erfüllt, weswegen ich weiterhin der Ansicht bin, dass Sie einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 haben.
Diese Zahlung muss durch eine Airline lediglich dann nicht gezahlt werden, wenn der Grund für die Verspätung bzw. Annullierung ein außergewöhnlicher Umstand war. In Ihrem Fall war der Grund für die Verspätung ein technischer Defekt am Flugzeug.
Das Amtsgericht Rüsselsheim hat in seinem Urteil vom 11.6.2010 jedoch entschieden, dass technische Defekte am Flugzeug keine sogenannten außergewöhnlichen Umstände begründen. Das Urteil können Sie selbstverständlich auch im Volltext nachlesen unter: "3 C 387/10 (35) reise-recht-wiki.de".
Somit muss also nur noch die Höhe der Ausgleichszahlung in Ihrem Fall ermittelt werden. Die Höhe ergibt sich aus der Entfernung zwischen Abflug- und Ankunftsort.
Die Entfernung zwischen Frankfurt und Victoria beträgt mehr als 3500km, sodass Sie meiner Meinung nach einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600€ pro Person haben. Dies ergibt sich aus Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c) der Verordnung.
Gegen wen müssen Sie den Anspruch geltend machen?
Nun muss noch geklärt werden, ob Sie Ihren Anspruch auf Ausgleichszahlung gegen Condor oder gegen die Drittfirma geltend machen müssen.
Dazu möchte ich folgendes Urteil anbringen:
AG Frankfurt, Urteil vom 29.3.2012, Az. 31 C 2809/11 (bei Google zu finden unter: "31 C 2809/11 reise-recht-wiki.de")
Die Kläger buchten bei der Beklagten einen Flug von Frankfurt am Main nach Victoria (Seychellen). Dieser sollte durch die Beklagte mit einem Flugzeug der Beklagten durchgeführt werden. Wegen eines technischen Defekts an der Maschine wurde eine Drittfirma beauftragt, die den Flug unter der Flugnummer der Beklagten durchführte. Es kam zu einer Verspätung von 4 Stunden und 35 Minuten. Die Kläger forderten von der Beklagten die Zahlung einer Ausgleichszahlung gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung. Die Beklagte sah sich zur Zahlung nicht verpflichtet, u.a. weil sie den Flug nicht selbst durchgeführt hat.
Das Gericht hat entschieden, dass die Beklagte zur Zahlung von Ausgleichszahlungen verpflichtet ist, da es sich bei der Beklagten um das "ausführende Luftfahrtunternehmen" im Sinne von Artikel 2 b) VO (EG) Nr. 261/2004 handelt.
Aufgrund der Ähnlichkeit zu Ihrem Fall, denke ich, dass Sie Ihren Anspruch auf Ausgleichszahlung gegen Condor geltend machen sollten.
Dieser Beitrag stellt jedoch nur eine Rechtsmeinung dar. Eine professionelle Rechtsberatung durch einen Anwalt für Reiserecht kann daher unter Umständen auch von Vorteil sein.