Hallo,
Euer Flug von teneriffa nach Deutschland wurde um 36 Stunden nach vorne verlegt. Eigentlich am 29.08 22:50, aber jetzt am 28.08. 10:50.
Hier im Forum gibt es noch ein paar Leute, die ein ähnliches Problem hatten:
https://www.flugrechte.eu/11295/flugverlegung-stunden-durch-corendon-airlines-heraklion
https://www.flugrechte.eu/13177/flug%C3%A4nderung-fuerteventua-hannover-r%C3%BCckflug-vorverlegt
https://www.flugrechte.eu/12846/flugverschiebung-pauschalreise-vorverlegt-information
https://www.flugrechte.eu/11748/%C3%A4nderung-der-flugzeiten-welche-rechte-habe-ich
Ihr fragt euch jetzt, ob Ihr diese Änderungen hinnehmen müssen oder ob Ihr Ansprüche gegen die Fluggesellschaft geltend machen könnt. Im Falle einer Annullierung des ursprünglich gebuchten Fluges ergeben sich Ansprüche aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az.: C-83/10 (Zu finden bei Google: "EuGH C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung
Fraglich ist ob bei einer Flugzeitenvorverlegung von 36 Stunden von einer Annulierung auszugehen ist.
Hierzu folgendes Urteil:
AG Hannover, Urteil vom 21.04.2011, AZ: 512 C 15244/10(Zu finden bei Google unter: „512 C 15244/110reise-recht-wiki“)
Bei einer Vorverlegung eines Fluges entspricht dies einer Annullierung des ursprünglichen Fluges, wenn die Vorverlegung mehr als zehn Stunden beträgt.
Bei einer Verschiebung von 36 Stunden kann man also schon von einer Annullierung reden!
Es stehen in Art. 5 nun Verweise auf die Art. 7, 8 und 9 der Verordnung. Aus diesen könnte sich eine passende Anspruchsgrundlage ergeben.
Artikel 7, Ausgleichsanspruch
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt“.
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung würde dann also bestehen, wenn:
- Sie nicht spätestens 14 Tage vor Abflug Bescheid bekommen haben,
- die Fluggesellschaft für die Annullierung verantwortlich war und
- Ihnen kein Alternativflug angeboten wurde, der innerhalb der Annullierungsfristen nur eine geringe Verspätung hat.
Ich konnte euren Ausführungen jetzt leider keine genauen Daten der Buchung entnehmen, aber wenn am 20.08 die Änderung kam, solltet ihr frühestens am 06.08 gebucht haben, damit ihr noch in der genannten Frist seid.
Sollte dies nicht der Fall sein, hättet aber einen Anspruch gemäß Art. 8 VO.
In dem Fall könntet ihr dann den FLug kostenfrei stornieren.
eins noch: euren Ausführungen entnehme ich, dass es sich bei Ihnen um eine Pauschalreise handelt, sodass auch die Anspruchsgrundlage für das Reisevertragsrecht aus den §§651 a-y BGB in Betracht kommen sollte.
Dazu muss ein Reisemangel im Sinne von §651 i BGB vorliegen, damit man Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht geltend machen kann.
Ein Reisemangel liegt danach vor, wenn die Reise nicht die zugesicherten Eigenschaften aufweist und mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit der Reise zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.
Meiner Meinung nach ist das der Fall.
Zum Vergleich möchte ich folgende Urteile anbringen:
AG Ludwigsburg, Urteil vom 15.8.2008, Az. 10 C 1621/08 (zu finden unter: "10 C 1621/08 reise-recht-wiki.de")
Ein Fluggast nimmt ein Luftfahrtunternehmen auf Reisepreisminderung in Anspruch, da der Rückflug um 11 Stunden vorverlegt wurde.
Das Gericht entschied, dass es sich bei einer Vorverlegung von 11 Stunden um einen Reisemangel handelt und der Fluggast einen Anspruch auf Reisepreisminderung hat.
AG Düsseldorf, Urteil vom 14. 10. 2008, Az. 232 C 8790/08 (bei Google eingeben: "232 C 8790/08 reise-recht-wiki.de")
Flugzeitenänderungen können bei einer Flugpauschalreise erst dann als Reisemangel angesehen werden, wenn nicht nur der erste und letzte Reisetag betroffen sind.
In eurem Fall wurde der Flug um mehr als 24 Stunden vorverlegt, sodass dadurch auch der vorletzte und letzte Urlaubstag beeinträchtigt ist, da Ihr an diesem eventuell geplante Ausflüge nicht unternehmen können. Insofern liegt auch nach diesem Urteil in Ihrem Fall meiner Meinung nach ein Reisemangel vor.
Damit könnt ihr verschiedene Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht geltend machen. Primär denke ich dabei an einen Anspruch auf Reisepreisminderung gemäß §651 m Absatz 1 BGB.
Sollte die Reisepreisminderung mehr als 30% betragen, könnte ich mir weiterhin vorstellen, dass Sie weiterhin einen Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gegen Ihren Reiseveranstalterhaben.
Zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass es sich bei diesem Beitrag lediglich um meine persönliche Rechtsmeinung handelt. Es könnte sich daher durchaus als vorteilhaft erweisen, zusätzlich einen Rechtsanwalt für Reiserecht um Rat zu fragen.