Guten Tag Robert,
du hast von einem Fall gehört, in dem eine Frau mit ihrem Kind eine mehr als 4-stündige Verspätung in Korfu hatten. Grund dafür waren ein Gewitter und eine Zwischenlandung in Athen zum Betanken des Flugzeugs. Ob die Frau einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung hat und wenn ja, aus welchem Grund, werde ich versuchen zu erklären.
Grundsätzlich ist es so, dass Passagiere, die eine Verspätung zu verzeichnen haben, einen Anspruch auf Ausgleichszahlung haben. Dies ist in Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechteverordnung geregelt. Dort steht:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.
Die Entfernung Frankfurt – Korfu beträgt etwas mehr als 1.400 km (Die Entfernung kann einfach auf luftlinie.org berechnet werden). Grundsätzlich hätte die Dame also einen Anspruch auf 250€.
Ein Luftfahrtunternehmen, hier Ryanair, muss diesen Betrag nicht bezahlen, wenn es sich auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen kann. Das ist in Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung geregelt:
(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Ein außergewöhnlicher Umstand ist ein Ereignis, das die Fluggesellschaft nicht beherrschen bzw. beeinflussen kann. Die genaue Definition und weitergehende Informationen findest du unter folgendem Link:
http://passagierrechte.org/Au%C3%9Fergew%C3%B6hnliche_Umst%C3%A4nde#Definition
Wie du schon richtig erkannt hast, ist ein Gewitter ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Artikel 5 Absatz 3. Eine Landung war also witterungsbedingt nicht möglich und aus Sicherheitsgründen sicherlich auch nicht zumutbar.
Was die Betankung des Flugzeugs betrifft ist es so, dass eine Fluggesellschaft nicht verpflichtet ist, so viel Triebstoff im Tank zu haben, um ein Verbleiben in der Luft bis zum Abziehen des Gewitters zu gewährleisten. Es ist außerdem auch nicht absehbar, wann sich ein Gewitter wieder verzieht, um gefahrlos landen zu können. Es ist Ryanair also nicht zuzumuten das Flugzeug mit so viel Treibstoff zu betanken, dass längere Warteschleifen zu fliegen, um dann doch eventuell einen Ausweichflughafen anfliegen zu können.
Ein passendes Urteil habe ich auch noch gefunden:
LG Darmstadt, Urt. v. 19.08.2015, Az: 7 S 52/15 (einfach zu finden, wenn du auf Google „7 S 52/15 reise-recht-wiki.de“ eingibst)
Das Flugzeug landete mit einer Verspätung von 4 Stunden und 10 Minuten in Korfu. Das Landgericht Darmstadt entschied, dass die Klägerin keine Ausgleichszahlungen vom ausführendem Luftfahrtunternehmen verlangen kann.
Auch hier verzögerte sich die Landung aufgrund eines Gewitters, weshalb eine außerplanmäßige Zwischenlandung zum Betanken eingelegt werden musste.
Meiner Auffassung nach besteht also kein Anspruch auf Ausgleichszahlung. Allerdings hängen solche Entscheidungen immer vom Einzelfall ab, weshalb ein Anwalt diese Frage wohl besser beantworten könnte.
Ich hoffe, ich konnte dir dennoch helfen.