Guten Tag,
ein paar Tage vor Abflug haben Sie beim Check-in bemerkt, dass Sie sich nicht auf ihre ursprünglichen Flüge einchecken können, sondern nun veränderte Flugdaten angezeigt wurden. Ein Anruf bei Ryanair ergab, dass Sie Ihnen anscheinend schon einen Monat vorher über die Annullierung Bescheid gegeben haben sollen. Sie vermuten, dass dies vielleicht im Spamordner gelandet sein könnte, sind sich aber nicht sicher.
Es stellt sich meiner Meinung nach hier die Frage, wer die Beweislast für die rechtzeitige Mitteilung über die Annullierung trägt. Dies ist sehr wichtig, wenn es beispielsweise um den Anspruch auf Ausgleichsleistungen geht.
Zur Beantwortung dieser Frage, würde ich die folgende Entscheidung des EuGH zur Hilfe nehmen:
EuGH, Urt. v. 11.05.2017, Az.: C 302/16 (einfach zu finden, wenn man online sucht: „reise-recht-wiki.de C 302/16“)
Im vorliegend Fall buchte eine Kunde über einen Online-Reisevermittler Flüge. Der Flug sollte am 14.11. starten. Am 09.10 wurde der Reisevermittler über die Annullierung durch die Airline informiert. Allerdings wurde der Kläger dann seitens des Vermittlers erst a 04.11. informiert. Daher forderte dieser Ausgleichsleistungen auf Grundlage der europäischen Fluggastrechteverordnung. Das Luftfahrtunternehmen und der Vermittler schoben sich die Verantwortung gegenseitig zu. Der EuGH urteilte daraufhin, dass nach der Verordnung das Luftfahrtunternehmen die Beweislast dafür trägt, ob und wann der Fluggast über die Annullierung des Flugs unterrichtet wurde. Wenn das Luftfahrtunternehmen nicht beweisen kann, dass der Fluggast über die Annullierung seines Flugs mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, ist es zur Zahlung des in der Verordnung vorgesehen Ausgleichs verpflichtet. Dies gilt nicht nur bei einem unmittelbar zwischen dem Fluggast und dem Luftfahrtunternehmen, sondern auch bei einem über einen Online-Reisevermittler geschlossenen Beförderungsvertrag.
Daher denke ich, dass Ryanair hier in der Verantwortung steht, eindeutig nachzuweisen, dass Ihnen die Annullierung rechtzeitig mitgeteilt wurde. Anderenfalls könnten Sie meiner Meinung nach eventuell einen Anspruch auf Ausgleichsleistungen gem. Art. 5 iVm. Art. 7 der VO (EG) 261/2004 geltend machen.
Sie haben sich anscheinend schon dafür entschieden, einen anderen Flug zu buchen. Ich kann Sie allerdings damit erleichtern, dass Sie deshalb zumindest die Flugscheinkosten zurück verlangen könnten. Denn in Art. 8 der Verordnung ist geregelt, dass Flugreisende, die von einer Annullierung betroffen waren, ein Wahlrecht ausüben können. Dieses besteht zwischen einer anderweitigen Beförderung zum früheren oder späteren Zeitpunkt oder der eben erwähnten Kostenrückerstattung.
AG Geldern, Urteil vom 20.02.2008, Az 4 C 241/07 (zu finden über die Google-Suche „4 C 241/07 reise-recht-wiki“)
Bei der Annullierung eines Fluges sind dem Passagier alternative Beförderungsmöglichkeiten anzubieten. Der Passagier kann sich dann entscheiden, ob er diese annimmt. Gerichtsstand kann dabei auch der Ort sein, an dem der Flug starten sollte (alternativ der Wohnort des Klägers).
Im Prinzip liegt es wohl nun an Ihnen, dass Sie alles mit Ryanair klären können. Bekanntlich stellen sich einige Luftfahrtunternehmen in solchen Angelegenheiten gerne quer. Sollte es dazu kommen, kann Ihnen wahrscheinlich nur noch eine professionelle Betreuung durch einen Fachanwalt/-in helfen. Hier auch der Link zu anderen Beitragen zum Thema: Annullierung bei Ryanair.