Hallo,
Sie haben bereits im letzten Jahr einen Flug bei TUIFly gebucht. Der Flug sollte im September starten. Nun haben Sie eine Mitteilung erhalten, dass sie umgebucht wurden.
Da Sie lediglich von den Flügen sprechen, würde ich davon ausgehen, dass es sich vorliegend um eine Nur-Flug-Verbindung handelt, weshalb meiner Ansicht nach die europäische Fluggastrechteverordnung einschlägig sein könnte.
UMBUCHUNG ALS NICHTBEFÖRDERUNG?
Fraglich ist, wie man den Fall der Umbuchung in Bezug auf die Verordnung einordnet. Der EuGH hat dahingehen entschieden, dass die Verlegung eines Fluggastes auf einen anderen Flug als Fall der Nichtbeförderung i.S.v. Art. 4 der Verordnung gesehen werden kann. Es ist nämlich stets vom Vorliegen einer Nichtbeförderung auszugehen, wenn dem Fluggast die Beförderung verweigert wird und für die Verweigerung keine vertretbaren Gründe vorliegen.
BGH, Urt. v. 07.10.08, Az.: X ZR 96/06 (siehe auf reise-recht-wiki.de: „X ZR 96/06“)
Es ist davon auszugehen, dass eine Umbuchung einer Nichtbeförderung gleich kommt, weil auch dann eine Weigerung vorliegt, den Fluggast zu befördern, obwohl dieser eine bestätigte Buchung für den Flug hat.
Strittig war lange Zeit, ob sich Fluggäste tatsächlich zum Flugsteig begeben müssen, damit eine ausdrückliche Verweigerung der Beförderung vorlegt. Da dies aber für Reisende nicht zumutbar sei und völlig gegen den Schutzzweck der Verordnung laufen würde, wurde ein solches Erfordernis mittlerweile abgelegt.
BGH, Urt. v. 16.04.2013, Az.: X ZR 83/12 (siehe auf reise-recht-wiki.de: „X ZR 83/12“)
Ein Luftfahrtunternehmen ist in diesen Fällen auch dann zu einer Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung verpflichtet, wenn es dem Fluggast, der über eine bestätigte Buchung für einen Flug verfügt, die Beförderung auf dem gebuchten Flug verweigert, bevor sich der Fluggast zur vorgesehenen Zeit zur Abfertigung für den gebuchten Flug einfinden kann, da es in diesen Fällen bereits zuvor unzweideutig zum Ausdruck gebracht hat, dem Fluggast die Beförderung auf dem gebuchten Flug zu verweigern.
Da Sie auf einen komplett anderen Flug umgebucht wurden, würde ich persönlich davon ausgehen, dass hier also eine Beförderungsverweigerung vorliegt. Vertretbare Gründe bei einem solch erheblichen Zeitraum, kann ich mir schlecht vorstellen.
ANSPRÜCHE BEI NICHTBEFÖRDERUNG?
Fraglich ist also nun, welche möglichen Ansprüche Sie haben könnten. Eigentlich hat das Luftfahrtunternehmen zunächst genügend freiwillige zu suchen, die einen anderen Flug wahrnehmen möchten. Erst wenn sich nicht genügend Passagiere finden, steht dem Luftfahrtunternehmen ein Leistungsverweigerungsrecht zu.
Dann stehen den Reisenden allerdings auch verschiedene Möglichkeiten zu. Dies ist bspw. der Anspruch auf Ausgleichsleistungen (Art. 7) oder Unterstützungsleistungen (Art. 8).
Der Anspruch auf Ausgleichsleistungen würde sich folgendermaßen belaufen:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Allerdings wurde ebenso in Art. 5 I c I) der Verordnung festgelegt, dass Passagiere, die von einer Annullierung betroffen waren, lediglich dann diesen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben, soweit die Information über die Annullierung weniger als zwei Wochen im Voraus erteilt wurde. Fraglich ist, ob dies auch auf den Fall der Nichtbeförderung zu übertragen ist.
AG Düsseldorf, Urt. v. 27.04.2016, Az.: 54 C 141/16 (siehe auf reise-recht-wiki.de: „54 C 141/16“)
Die Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und i Fluggastrechteverordnung, wonach im Fall der Annullierung eines Fluges der Anspruch auf Ausgleichsleistung gemäß Art. 7 der VO entfällt, wenn die Fluggäste über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden sind, ist analog auf den Fall der Nichtbeförderung aufgrund einer Umbuchung anzuwenden. Die für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke sowie die vergleichbare Interessenlage sind gegeben.
Da der betreffende Flug also erst im September gehen soll, ist diese Frist eindeutig gewahrt. Letztlich könnte aber hier der Anspruch auf Unterstützungsleistung der entscheidendere Anspruch sein. Demnach haben Fluggäste dann ein Wahlrecht zwischen:
a) der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseab- schnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmögli- chen Zeitpunkt,
b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Daher könnte ich mir gut vorstellen, dass es für Sie nun am klügsten wäre, wenn Sie sich direkt an TUIFly wenden und nach einer anderweitigen Beförderung fragen. Sollte dies alles nicht möglich sein, müsste Ihnen das Recht zu stehen, die Flüge zu stornieren und die vollständigen Kosten zurück zu erhalten. Dann könnten Sich sich selbst neue Flüge buchen.
Soweit zumindest zu meinen Verständnis der Angelegenheit. Ich muss noch erwähnen, dass ich keine Fachanwältin bin und dieser Text schon allein deshalb keine Rechtsberatung darstellen kann. Hier habe ich noch einen Beitrag gefunden, der sich ebenfalls um das Thema der Nichtbeförderung dreht und Sie mit weiteren Informationen ausstatten kann.