Hallo Claudia,
Sie haben eine Pauschalreise bei Bucher Reisen nach Mallorca von Bremen aus gebucht. Nun wurden Sie darüber informiert, dass sich die Flüge wegen der Germania Insolvenz erheblich verschoben haben. Beim Hinflug kam es zu einer Verschiebung der Flugzeiten um 11 Stunden nach hinten. Bei dem Rückflug zu einer Verschiebung um 6,5 Stunden nach vorne. Sie fragen sich nun, ob Sie wegen der Flugänderung Ansprüche geltend machen können..
Sie haben eine Pauschalreise im Sinne des § 651 a BGB gebucht, sodass sich sämtliche Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht des BGB ergeben. Diese sind in den §§ 651 a-m BGB geregelt und werden gegen den Reiseveranstalter, also in deinem Fall ETI, geltend gemacht. In Ihrem Fall scheint eine Reisepreisminderung gemäß § 651 d oder eine Kündigung gem. § 651l am sinnvollsten. Damit der Reisepreis gemindert werden kann oder Sie kündigen können, müssen die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt worden sein. Dies verlangt zunächst, dass die Reise mit einem Reisemangel behaftet ist.
AG KÖLN, Urteil vom 07.09.2015, Az.: 142 C 78/15 (einfach zu finden, wenn du das Urteil bei Google eingibst: Amtsgericht Köln 142 C 78/15 reise-recht-wiki.de)
Ein Reisemangel i.S.d. § 651c BGB liegt vor, wenn die Reise von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht oder ein Fehler vorliegt, durch den der Wert der Reise oder ihre Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Nutzen aufgehoben oder gemindert ist.
Es könnte sein, dass die zeitliche Verschiebung um 11 Stunden bzw. 6,5 Stunden einen solchen Mangel begründen kann. Solche möglichen Änderungen behalten sich Reiseveranstalter manchmal in den geschlossenen Reiseverträgen vor, sodass sie frei sind solche Verschiebungen vorzunehmen. Dies ist aber unzulässig:
BGH, Urteil vom 10.12.2013 Az. X ZR 24/13 (auch ganz einfach bei Google unter BGH X ZR 24/13 „reise-recht-wiki“ zu finden)
Laut des BGH führen geänderte Reisezeiten zu einer Abweichung von der vertraglichen Leistung. Entsprechende Klauseln im Kleingedruckten der Reiseunterlagen, welche nachträgliche Änderungen bei Pauschalreisen ermöglichen sollen, seien unzulässig.
Ab wann eine Flugzeitenverschiebung einen Mangel begründet, ist nicht ganz unumstritten. Zur Orientierung habe ich Ihnen einmal einige Urteile aufgeführt:
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Geringere Verschiebungen sind als hinnehmbar anzusehen. So kann eine Verschiebung von 4 bis 8 Stunden noch zulässig sein. Von Bedeutung ist, ob die Veränderungen für den Fluggast noch zumutbar sind.
AG Hamburg, Urteil vom 22.08.1996, Az. 22b C 672/96
Minderungsanspruch bejaht. Bei einer Kurzreise über 4 Tage wurde der Rückflug von 20.25 Uhr auf 9.30 Uhr vorverlegt. Die Reisezeit verkürzte sich dadurch um einen ganzen Tag. Der Reisepreis konnte um 25 % für den verlorenen Tag gemindert werden.
AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az. 10 C 1621/08 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “ AG Ludwigsburg 10 C 1621/08 reise-recht-wiki.de“)
Minderung bejaht. Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7tägigen Flugreise stellt einen Reisemangel dar und berechtigt zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.
AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)
Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden ist nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese ebenfalls unzulässig.
Es lässt sich im Großen und Ganzen also den Urteilen entnehmen, dass Verschiebungen von bis zu 8 Stunden noch hinnehmbar sind. Wird diese Grenze überschritten, ist meines Erachtens wahrscheinlich von einem Reisemangel nach § 651 c BGB auszugehen ist, der zur Minderung nach § 651 d BGB oder zur Kündigung gem. § 651 l BGB gegen berechtigt.
In Ihrem Fall wurde der Hinflug um 11 Stunden und der Rückflug um 6,5 Stunden verlegt. Zwar liegt bezüglich des Rückfluges meines Erachtens eher kein Mangel vor, doch begründet die Verschiebung des Hinfluges auf jeden Fall einen solchen. Ich denke, dass Sie daher einen Anspruch auf Minderung nach § 651 d BGB oder auf Kündigung gem. § 651 l BGB gegen Bucher haben.
Zur Sicherheit könnte es trotzdem sinnvoll sein, einen Anwalt zu Rate zu ziehen, weil dein Fall doch recht kompliziert ist.