Sie haben eine Pauschalreise nach Ägypten für November 2019 gebucht. Nun wurden Sie darüber informiert, dass sich die Flüge wegen der Germania Insolvenz erheblich verschoben haben. Statt um 18:15 Uhr fliegen Sie nun um 3:30 Uhr. Sie fragen sich daher, ob Sie wegen der Flugänderung Ansprüche geltend machen können. Besonders fragen Sie nach einer Reisepreisminderung und einem Kündigungsrecht.
Sie haben eine Pauschalreise im Sinne des § 651 a BGB gebucht, sodass sich sämtliche Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht des BGB ergeben. Diese sind in den §§ 651 a-m BGB geregelt und werden gegen den Reiseveranstalter geltend gemacht. In Ihrem Fall scheint eine Reisepreisminderung gemäß § 651 d oder eine Kündigung gem. § 651l am sinnvollsten. Damit der Reisepreis gemindert werden kann oder Sie kündigen können, müssen die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt worden sein. Dies verlangt zunächst, dass die Reise mit einem Reisemangel behaftet ist.
Wann ein Reisemangel vorliegt, ha das AG Köln im Jahr 2015 entschieden:
AG KÖLN, Urteil vom 07.09.2015, Az.: 142 C 78/15 (einfach zu finden, wenn du das Urteil bei Google eingibst: Amtsgericht Köln 142 C 78/15 reise-recht-wiki.de)
Ein Reisemangel i.S.d. § 651c BGB liegt vor, wenn die Reise von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht oder ein Fehler vorliegt, durch den der Wert der Reise oder ihre Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Nutzen aufgehoben oder gemindert ist.
Es könnte sein, dass die zeitliche Verschiebung um 9 Stunden einen solchen Mangel begründen kann. Solche möglichen Änderungen behalten sich Reiseveranstalter manchmal in den geschlossenen Reiseverträgen vor, sodass sie frei sind solche Verschiebungen vorzunehmen. Dies ist aber unzulässig:
BGH, Urteil vom 10.12.2013 Az. X ZR 24/13 (auch ganz einfach bei Google unter BGH X ZR 24/13 „reise-recht-wiki“ zu finden)
Laut des BGH führen geänderte Reisezeiten zu einer Abweichung von der vertraglichen Leistung. Entsprechende Klauseln im Kleingedruckten der Reiseunterlagen, welche nachträgliche Änderungen bei Pauschalreisen ermöglichen sollen, seien unzulässig.
Ab wann eine Flugzeitenverschiebung einen Mangel begründet, ist nicht ganz unumstritten. Zur Orientierung habe ich Ihnen einmal einige Urteile aufgeführt:
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Geringere Verschiebungen sind als hinnehmbar anzusehen. So kann eine Verschiebung von 4 bis 8 Stunden noch zulässig sein. Von Bedeutung ist, ob die Veränderungen für den Fluggast noch zumutbar sind.
AG Hamburg, Urteil vom 22.08.1996, Az. 22b C 672/96
Minderungsanspruch bejaht. Bei einer Kurzreise über 4 Tage wurde der Rückflug von 20.25 Uhr auf 9.30 Uhr vorverlegt. Die Reisezeit verkürzte sich dadurch um einen ganzen Tag. Der Reisepreis konnte um 25 % für den verlorenen Tag gemindert werden.
AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az. 10 C 1621/08 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “ AG Ludwigsburg 10 C 1621/08 reise-recht-wiki.de“)
Minderung bejaht. Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7tägigen Flugreise stellt einen Reisemangel dar und berechtigt zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.
AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)
Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden ist nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese ebenfalls unzulässig.
Es lässt sich im Großen und Ganzen also den Urteilen entnehmen, dass Verschiebungen von bis zu 8 Stunden noch hinnehmbar sind. Wird diese Grenze überschritten, ist meines Erachtens wahrscheinlich von einem Reisemangel nach § 651 c BGB auszugehen ist, der zur Minderung nach § 651 d BGB oder zur Kündigung gem. § 651 l BGB gegen berechtigt.
In Ihrem Fall wurde der Flug um 9 Stunden verlegt. Diese Verschiebung begründet meines Erachtens einen solchen Mangel. Ich denke, dass Sie daher einen Anspruch auf Minderung nach § 651 d BGB oder auf Kündigung gem. § 651 l BGB haben.
Zur Sicherheit könnte es trotzdem sinnvoll sein, einen Anwalt zu Rate zu ziehen, weil dein Fall doch recht kompliziert ist.