Sie haben einen Flug von Frankfurt über Neu Delhi nach Pune gebucht. Nun hatte Ihr Flug von Frankfurt nach Neu Delhi eine Verspätung von 1 Stunde, weshalb Sie Ihren Anschlussflug verpasst haben und mit einer Verspätung von 7 Stunden an Ihrem Zielflughafen angekommen sind. Fraglich ist, ob die Verspätung von 1 Stunde überhaupt schon einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen rechtfertigt. Hierbei ist zu beachten, dass es bei einer Verspätung nicht um die Verspätung beim Abflug, sondern um die Verspätung am Zielort geht. Dazu das folgende Urteil:
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az.: C-452/13 8 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).
Sie sind mit einer Verspätung von 7 Stunden an Ihrem Zielflughafen in Pune gelandet. Sie könnten demnach einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben. Fraglich ist, inwieferen Lufthansa für die Verspätung haften muss, da der erste Flug nur weniger als eine Stunde Verspätung hatte und dieses an sich zu keinem Anspruch auf Ausgleichszahlung führen würde.
Der Europäische Gerichtshof in Brüssel (EuGH) hat am 26. Febuar 2013 in einem Urteil die Passagierrechte jedoch deutlich gestärkt. Demnach haben Reisende nun auch Recht auf Entschädigungszahlung durch die Fluggesellschaft, wenn sie wegen eines nur leicht verspäteten Zubringerfluges ihren Anschlussflug verpasst haben. Laut Urteil ist für den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung allein die Verspätung am Endziel entscheidend. Bisher war die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass im Fall mehrteiliger Flüge eine getrennte Betrachtung jeder einzelnen Flugstrecke erfolgen muss. Dies galt bisher auch, wenn beide Flüge in Verbindung gebucht wurden. Im Fall einer Verspätung des Zubringerfluges unter einer Verspätungszeit von drei Stunden konnten Fluggäste bis zu dem Urteil vom 26. Februar 2013 keine Rechte geltend machen – auch wenn die Verspätung am Endziel wegen des verpassten Anschlussfluges erheblich war. Die verspätete Landung am Endziel war also nicht relevant für einen Entschädigungsanspruch.
Ihr erster Flug hatte weniger als eine Stunde Verspätung, weshalb Sie Ihren Anschlussflug verpasst haben. Damit steht Ihnen ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen zu.
LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013 – Az.: 2-24 S 47/12 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az.: 2-24 S 47/12 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslöst – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
Sie haben also einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gegen Lufthansa. Irrelevant ist auch, dass der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt und das der Ersatzflug von Vistara durchgeführt wurde, solange die Flüge als Gesamtflüge gebucht wurden.
Die Höhe Ihres Anspruchs ergibt sich aus Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechte Verordnung.
"Artikel 7 Ausgleichsanspruch. (1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen."
Die Entfernung zwischen Frankfurt und Pune beträgt km. Ihnen stehen meines Erachtens daher Ausgleichszahlungen in Höhe von 600 EUR pro Fluggast zu.
Dieser Beitrag stellt jedoch nur eine Rechtsmeinung dar. Sie könnten daher noch einmal darüber nachdenken, ob Sie nicht einen Fachanwalt / eine Fachanwältin zu Rate ziehen wollen, um einen verbindliche Meinung zu erhalten.