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Mein Freund und ich haben via Jahn Reisen einen Thailand Urlaub vom 08.-20.06. gebucht. Theoretisch hätte unser Hinflug am Sonntag den 08.06. um 22:15 Uhr mit Etihad stattfinden sollen mit Zwischenlandung in Abu Dhabi und Endziel  Phuket. Da ein Ersatzteil gefehlt hat, wurde der Flug verschoben und wir im Sheraton Flughafenhotel auf Kosten von Etihad einquartiert. 
Der tatsächliche Hinflug fand dann am Montag den 09.06. um 12:30 Uhr mit Malaysia Airlines nach Kuala Lumpur und von dort aus weiter nach Phuket statt. Wir landeten also am 10.06. um 09:55 Uhr Ortszeit statt am 09.06. wie geplant um 18:40 Uhr.
 
Die Buchungsnummer für die ursprünglich geplanten Flüge ist die Selbe, da es sich um eine Pauschalreise handelt.
 
1. Steht uns nun pro Nase eine Entschädigung von 600€ zu, da es sich um einen Langstreckenflug mit mehr als 3h Verspätung handelt und der Abflugsort innerhalb der EU liegt, auch wenn Etihad hier keinen Sitz hat?
 
2. Wie wahrscheinlich ist es, das Etihad diese Entschädigung tatsächlich bezahlt?
 
3. Wie sollen wir nun am besten vorgehen um die Erfolgschancen zu maximieren?
 
herzlichen Dank im voraus für sämtliche Antworten!
Gefragt in Rechtsberatung von (220 Punkte)
wieder getaggt von
+10 Punkte

13 Antworten

+6 Punkte

Zu Ihrer Frage:

 

A) Rechtsgrundlage

 

Da mehrere Parteien (Reiseveranstalter im Inland, ausländische Fluggesellschaft) stellt sich zunächst einmal die Frage danach, welche Normen überhaupt zur Anwendung kommen.

 

Ausschlaggebend ist zunächst einmal, ob es sich bei dem verspäteten Flug um

1. einen Teil einer Pauschalreise – die Reise also als ganzes Paket, inklusive der Luftbeförderung, bei einem Reiseveranstalter gebucht worden ist, oder

2. einen separat gebuchten Flug – die Luftbeförderung wurde dann mittels eines „Nur-Flug-Vertrages“ mit der Fluggesellschaft direkt vereinbart (Individualreise)

handelt.

 

Nach diesen Kriterien bestimmt sich nicht nur, wer Anspruchspartner ist, sondern auch, auf welcher Anspruchsgrundlage was genau von diesem verlangt werden kann.

Bei einem Pauschalreisevertrag richten sich die Ansprüche auch gegen den Reiseveranstalter gemäß § 651 a-m BGB.

Bei einem „Nur-Flug-Vertrag“ hingegen kann sich der Passagier (fast) nie auf nationales Recht (BGB) berufen. Es gelten dann jedoch die Normen aus dem Montrealer Übereinkommen und aus den VO (EG) Nr. 2027/97 - Verordnung zur Regelung der Haftung bei Schäden von Fluggästen und Gepäck und VO (EG) Nr. 261/2004 - Verordnung zur Regelung von Ausgleichszahlungen bei Nichtbeförderung, Annullierung oder großer Verspätung. Hier ist anzumerken, dass die VO (EG) Nr. 261/2004 nicht nur für Linienflüge, sondern auch für sogenannte Charterflüge gilt.

Bei Charterflügen (in der hier relevanten Unterform genauer Inclusive-Tour-Charter oder touristischer Charterflug) mietet der Reiseveranstalter das Flugzeug an. Dieses fliegt dann für den touristischen Verkehr eine festgelegte Route für längere Zeit. Die Fluggesellschaft führt die Beförderung dabei im Auftrag des Reiseveranstalters durch.

So kommt es, dass auch der Pauschalreisende neben seinen Ansprüchen gegen den Reiseveranstalter aus § 651 a-m BGB auch Ansprüche gegen das ausführende Flugunternehmen gemäß VO (EG) Nr. 261/2004 hat.

 

Wie aber verhalten sich die verschiedenen Ansprüche zueinander? Es gilt der Anwendungsvorrang der spezielleren lüftbeförderungsrechtlichen Vorschriften.

 

 

B) Die verschiedenen Ansprüche

 

I. Anspruch auf Unterstützungsleistung  - VO (EG) Nr. 261/2004

Bei einer verspäteten Beförderung hat der Reisende nach VO (EG) Nr. 261/2004 zunächst gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen Anspruch auf Ausgleichs- und Unterstützungsleistung.

Zum Vergleich: Das Montrealer Übereinkommen und die VO (EG) Nr. 2027/97 sind auf den Schadensausgleich, nicht auf Unterstützungsleistungen gerichtet, stehen also nicht mit den Ansprüchen aus der VO (EG) Nr. 261/2004 in Konkurrenz. Relevant wird die Überschneidung der verschiedenen Vorschriften erst bei der Bestimmung der Ansprüche infolge des tatsächlichen Verspätungsschadens. Gleichzeitig regelt das BGB als einziges mit § 651 d BGB die Möglichkeit der Reisepreisminderung. Eine Minderung ist in keiner anderen Vorschrift vorgesehen, und sofern die Voraussetzungen des § 651 d BGB vorliegen, kann also Minderung ohne Auswirkungen auf die anderen Ansprüche verlangt werden.

 

Bei einer großen Verspätung (nach Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 261/2004 zwischen zwei und vier Stunden, abhängig von der Entfernung) hat der Passagier Anspruch auf

1. Rücktritt vom Flug mit Erstattung der Flugscheinkosten oder auf anderweitige Beförderung, sowie auf

2. diverse Betreuungsleistungen (Mahlzeiten, Unterbringung im Hotel sofern notwendig, Beförderung zum Hotel).

(3. eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 der VO (EG) Nr. 261/2004 zwischen 250 € und 600 €, abhängig von der Entfernung bei letztendlicher Annullierung – bei einer Verspätung ist eine solche Ausgleichszahlung nach Art. 7 der VO (EG) Nr. 261/2004 ausgeschlossen)

 

Anmerkung: Diese Verordnung gilt unter anderem für alle Flüge, die in der EU beginnen, unabhängig davon, ob der die Fluggesellschaft ihren Sitz in der EU hat.

 

II. Schadensersatz und Minderung durch Reiseveranstalter - BGB

Darüber hinaus stehen dem Pauschalreisenden noch Ansprüche aus § 651 a-m BGB gegen den Reiseveranstalter infolge von Reisemängeln zu.

Es besteht

1. Anspruch auf Schadensersatz in bestimmten Fällen auch für vergangene Urlaubsfreude (§ 651 f BGB)

2. Anspruch auf Reisepreisminderung wegen Pflichtverletzung bei einer Verspätung (§ 651 d BGB)

3. Anspruch auf Kündigung der Reise (§ 651 e BGB)

 

Anmerkung: Für die Schadensersatzleistungen aus § 651 f BGB gelten nach § 651 h BGB die Haftungsgrenzen von internationalen Übereinkommen (z. B. Montrealer Übereinkommen). Zudem können bereits von der Fluggesellschaft getätigte Ausgleichszahlungen auf weiter bestehende Schadensersatzansprüche angerechnet werden.

 

Beispielhaft dafür AG Rostock, Urteil vom 14.01.2013, Az. 47 C 256/12 ((bei Google einfach zu finden mit "AG Rostock und Aktenzeichen + Reise-Recht-Wiki.de" steht dann sofort als erstes Ergebnis in der Ergebnisliste)– Die Ausgleichszahlung einer Fluggesellschaft infolge einer Flugverspätung war ist auf den Anspruch auf Reisepreisminderung anzurechnen.

 

III. Schadensersatz nach Montrealer Übereinkommen

Solch ein Schadensersatzanspruch stellt beispielsweise der Anspruch aus Art. 19 Montrealer Übereinkommen dar. Der Luftfrachtführer hat nach Art. 19 MÜ den Schaden zu ersetzten, der infolge einer Verspätung von Reisenden entsteht. Dieser Schadensersatzanspruch steht den Ansprüchen aus VO (EG) Nr. 261/2004 nicht entgegen.

AG Frankfurt, Urteil vom 25.09.2012, Az. 30 C 1275/12 (71) (ebenfalls bei Google einfach zu finden mit "AG Frankfurt und Aktenzeichen + Reise-Recht-Wiki.de" steht dann sofort als erstes Ergebnis in der Ergebnisliste)– Die Ausgleichszahlung einer Fluggesellschaft infolge einer Flugverspätung war ist auf den Anspruch auf – Die Ausgleichsansprüche aus VO (EG) Nr. 261/2004 können neben den Schadensersatzansprüchen aus dem Montrealer Übereinkommen geltend gemacht werden.

 

 

Beantwortet von (260 Punkte)
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@BanksyDANKE für deinen tip. habe vor 6 wochen bei der kanzlei angerufen und die sache mit rechtsanwalt Bartholl persönlich besprochen. Herr Bartholl war wirklich sehr nett und man merkte sofort, dass der sich richtig auskennt. Der kannte sogar die Namen der Mitarbeiter bei der Fluggesellschaft ohne dass ich was gesagt hätte. Ein Unterschied wie tag und nacht zu meinem vorigen anwalt.

unser fall ist ja wegen der vielen leute und der Umbuchung am Zwischenstop nicht ganz einfach. daher hätten wir am besten sofort zu einer Fachkanzlei gehen sollen. Aber wie es so ist: man guckt erstmal, wer am einfachsten und billigsten einem helfen kann. GROSSER FEHLER. Weiß ich jetzt auch. Nächstes Mal gehe ich sofort zu einem Fachanwalt. 

UPDATE: Jetzt haben wir unsere Entschädigung bekommen. Banksy, du müsstest eigentlich eine Provision für die vermittlung der kanzlei erhalten. TOP!

Ich kann für alle Teilnehmer der Reisegruppe sprechen: Wir empfehlen die Fachkanzlei Bartholl BLS aus Berlin (etwas schwer zu finden, am besten nach rechtsanwalt jan bartholl suchen). In unserem Fall hat alles reibungslos geklappt und wir sind glücklich über unsere 6800 euronen cheeky

 

Beantwortet von (9,170 Punkte)
+3 Punkte
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1. Ja. 2 x 600 euro. Es zählt nicht der Zwischenlandeort (außerhalb EU), sondern der erste Abflugsort (innerhalb EU).

2. 0,0000000000000000000000001 % angry

3. Etihad anschreiben, Kontonummer nennen, Frist setzen (nicht mehr als 2 Wochen). Bis zum letzten Tag der Frist warten (die reagieren sowieso nicht) und dann sofort zum Anwalt.

Hart bleiben und bloß nicht aufgeben.

Beantwortet von (7,220 Punkte)
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Anwalt einschalten und wenn die Fluggesellschaft dann immer noch nicht zahlt: Klagen.

Das gute in Deutschland ist doch, dass es das Unterliegensprinzip gibt: Wer einen Gerichtsprozess verliert, muss die Kosten tragen. Und zwar alle Kosten: Gerichtskosten, etc. und die Rechtsanwaltskosten der anderen Partei. Im Nachhinein wird ein Kläger, der einen Prozess gewinnt, immer schön raus sein: Denn er bekommt nicht nur, was er eingeklagt hat, sondern muss dazu noch nicht mal seine eigenen Anwaltskosten zahlen.

LINKS (extern, Links hier im Forum weiter unten):

Gerichtsprozess und Anwaltskosten (Badische Zeitung)

Wie teuer wird ein Rechtsstreit und wer zahlt?

Wer zahlt die Anwaltskosten bei gewonnenem Prozess?

 

LINKS hier im Forum:

Was kostet ein Gerichtsverfahren?

Was kostet ein Fachanwalt für Reiserecht?

Was kostet ein Rechtsanwalt für Fluggastrechte?

Kann man Rechtsanwaltskosten von den Steuern absetzen?

Muss die Fluggesellschaft auch die Selbstbeteiligung meiner Rechtsschutzversicherung übernehmen?

Kann man beim Rechtsanwalt auch ein Erfolgshonorar vereinbaren? Wie funktioniert das?

Anwaltskosten

Rechtsanwaltskosten zusätzlich zur Entschädigung?

Kosten bei außergerichtlicher Entscheidung und Beendigung

 
Beantwortet von (6,680 Punkte)
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Hallo!

Zur Rechtslage:

Die europäische Fluggastrechteverordnung (EG (VO) 261/2004) gilt für alle Flüge, die in Staaten der Europäischen Union starten oder landen, egal, um welche Fluggesellschaft es sich handelt und wo diese ihren Sitz hat.

Bucht man einen Flug, der sich auf mehrere Teilstrecken aufteilt, so ist auf dem Flugticket angegeben, von welcher Luftfahrtgesellschaft der jeweilige Flug durchgeführt wird. Oftmals haben die großen Luftfahrtkonzerne Tochtergesellschaften, die die Zubringerflüge zu den Langstreckenflügen durchführen. Kommt es nun am Zielflughafen der gesamten Reise zu einer Verspätung, dann gilt diese Verspätung für den einheitlich gebuchten Flug, sprich für den gesamten zurückgelegten Weg. Dabei ist es unerheblich, ob man seinen Ausgangsflughafen mit Verspätung verlassen hat (vgl. AG Hannover, Urt. v. 06.12.2012 – 452 C 5686/12, einfach zu googlen unter "452 C 5686/12 Reise-Recht-Wiki.de").

Dem Fluggast steht eine Ausgleichszahlung zu, da diese Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der dafür erforderlichen Voraussetzungen gemäß der Fluggastrechteverordnung (Art. 6 EG (VO) Nr. 261/2004) abhängt (vgl. EuGH, Urt. v. 26.02.2013 – C 11/11, einfach zu googlen unter "C 11/11 Reise-Recht-Wiki.de"). Es soll keine künstliche Aufteilung des einheitlich gebuchten Fluges stattfinden, da der Zwischenstopp in der Regel kein Reiseziel ist und nur der Umsteigemöglichkeit dient.

Für Sie berechnet sich also die Strecke vom Ausgangsflughafen in Europa bis nach Phuket. Somit können Sie von einer Verspätung von 14 Stunden ausgehen. Da es sich bei der Reise um mehr als 3500km pro Strecke handelt, steht Ihnen nach der Fluggastrechteverordnung eine Ausgleichszahlung von 600€ pro Fluggast zu.

Allerdings muss beachtet werden, dass die Airline sich eventuell auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen wird um ihrer Zahlungspflicht zu entkommen. Allerdings stellt ein technischer Defekt an einem Flugzeug keinen außergewöhnlichen Umstand  im Sinne des Art. 5 Abs. 3 EG (VO) Nr. 261/2004 dar, es sei denn, dass sich der Defekt nicht im Rahmen der normalen Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens gezeigt hat und sich der Defekt auch nicht von der Fluggesellschaft beherrschen ließ (vgl. EuGH, Urt. v. 22.12.2008, C – 549/07, einfach bei Google „C- 549/07 Reise-Recht-Wiki.de“ eingeben, es ist das erste Ergebnis in der Trefferliste). Ob etwas für eine Fluggesellschaft beherrschbar ist, richtet sich danach, ob der betreffende Vorgang unmittelbar in den betrieblichen Ablauf der Airline, also in dessen Verantwortungsbereich fällt. Falls sich die Fluggesellschaft darauf beruft, dass sie alle vorgeschriebenen Wartungsarbeiten ordnungsgemäß durchgeführt hat, so reicht dieses nicht als Nachweis dafür aus, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen im Sinne des Art. 5 Abs. 3 EG (VO) Nr. 261/2004 ergriffen hat, um die große Verspätung zu verhindern (vgl. LG Darmstadt, Urt. v. 01.12.2010, 7 S 66/10, „7 S 66/10 Reise-Recht-Wiki.de“ bei Google eingeben, das Urteil finden Sie als erstes Ergebnis in der Liste der Treffer). Die Airline muss substantiiert vortragen und darlegen, wie es zu dem außergewöhnlichem Umstand gekommen ist, wenn sie sich darauf berufen möchte (vgl. AG Frankfurt, Urt. v. 17.01.14, 30 C 2462/13, einfach zu googlen unter "30 C 2462/13 Reiserecht wiki.de").

Parallel können Sie auch vor Ihrem Reiseveranstalter Ansprüche geltend machen. Diese Ansprüche richten sich nach deutschem Recht und erwachsen aus dem Reiserecht des Bürgerlichen Rechts (§§ 651 a-m BGB). Dieses ist nur auf eine Gesamtheit von Reiseleistungen anwendbar, wobei bei einer Pauschalreise zweifelsohne davon ausgegangen werden kann.   
Danach besteht ein Anspruch auf Reisepreisminderung (§ 651 d BGB), auf einen Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit (§ 651 f BGB) oder auch auf Kündigung (§ 651 e BGB) gegenüber dem Reiseveranstalter.

Viel Erfolg!

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Als Flugpassagier ist man der Spielball der Fluggesellschaften. Die machen mit uns Reisenden, was sie wollen. Auf unserem Flug nach Griechenland war es einfach unsäglich, wie mit den Menschen (ja, liebe Fluggesellschaften, noch einmal zum Mitschreiben. wir sind Menschen) umgegangen wurde. Ältere Senioren wurden stundenlang einfach stehen gelassen. Familien mit Kleinkindern haben die nicht die Bohne interessiert.

Wenn das Gesetz eindeutig 400 Euro für solche Verspätungen zuspricht, aus welchem Grund sollte ich dann bei so einem Verhalten der Fluggesellschaft auf diese gesetzliche Entschädigung verzichten? Bitte, liebe Condor, nenn mir einen, nur einen guten Grund, weshalb ich auf die Flugentschädigung verzichten sollte??

Genau! Es gibt keinen. Und daher werde ich diese Entschädigung aus dem Gesetz bis zum bitteren Ende verfolgen. Koste es was es wolle. So lasse ich mich nicht entmenschlichen. Und wenn ich es nur für die armen Mitreisenden tue, die sich von der Fluggesellschaft abschrecken und einlullen lassen. Die armen werden wahrscheinlich von ihrem gesetzlichen Anspruch gar nichts wissen. Und dann glaubt die Condor Flugdienst GmbH auch noch, mich damit abhalten zu können, weil angeblich aus deren Verkehrsleitzentrale verlautete, dass ein unerwartet aufgetretener Flugsicherheitsmangel zu der Flugverspätung geführt haben soll.

Ihr haltet mich für sehr einfältig. Gut, bitte schön. Dann habt ihr eure Rechnung nur ohne mein Beharrungsvermögen gemacht. Vielleicht bin ich in euren Augen dumm. Einfältig. Leicht abzuspeisen. Vielleicht. Aber ich bin ganz sicher zäh und unnachgiebig. 

Wir werden sehen, wer am Ende Recht behält.

Die Post von meinem Anwalt ist unterwegs.

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@ BastiSch: 

Ja, wenn die Fluggesellschaft im Verfahren unterliegt, müssen die auch die Rechtsanwaltskosten tragen cool. Das ist ja das schöne. Du kannst schön einen Anwalt auf Kosten der Airline engagieren. Was will man mehr? Auf einen Verzug kommt es nicht mal an (siehe Urteil AG Düsseldorf unten). Das heißt, du brauchst die Fluggesellschaft nicht mal anschreiben und in Verzug setzen, sondern kannst sofort in die Vollen gehen. Das wird dein Rechtsanwalt aber wissen und auch versuchen, die Rechtsanwaltskosten sofort bei der Fluggesellschaft mit einzuklagen. Der Anwalt wird dann zusätzlich zur Entschädigung einen Anspruch auf Befreiung angefallener Rechtsanwaltskosten einfordern (§§ 249, 257 BGB - Befreiung von Anwaltskosten) - siehe auch Urteil Landgericht Hamburg und Urteil Oberlandesgericht Hamm, lies auch mal das Urteil vom Amtsgericht Düsseldorf vom 11. Juni 2013 (Aktenzeichen 43 C 15606/12):

 

Die Beklagte ist auch zur Freistellung der Kläger von der Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verpflichtet. Dies ergibt sich aus § 280 Abs. 1 BGB iVm Art. 14 Abs. 2 VO (EG) Nr. 261/2004. Entgegen Art. 14 Abs. 2 VO (EG) Nr. 261/2004 hat die Beklagte zu 1 es versäumt, die Kläger bereits im Flugzeug schriftlich darauf hinzuweisen, dass ihnen auch im Verspätungsfall die Rechte aus Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 261/2004 zustehen. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch die Klägerseite mit der Geltendmachung der Forderung ist adäquat kausale Folge dieser Pflichtverletzung, auf einen Verzug kommt es nicht an. Eine Anrechnung des Entschädigungsanspruchs nach Art. 7 Abs. 1 VO (EG) Nr. 261/2004 auf die Pflicht zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kommt dem Sinn und Zweck nach nicht in Frage, denn es ist nicht Zweck von Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 261/2004, die Fluggesellschaft von den Folgen mangelnder Information der Flugreisenden über ihre Rechte zu entlasten, sondern die Vorschrift bezieht sich auf weitergehende Schadenersatzansprüche mit Grundlage außerhalb der Verordnung (AG Rüsselsheim 3 C 237/11 vom 10.08.2011).

 

Ich persönlich habe schon zwei Mal erfolgreich Entschädigungen wegen Flugverspätung eingefordert. Einmal war es eine gute Anwältin aus Nürnberg (Frau Rechtsanwältin Weber), die mir geholfen hat und das letzte Mal hatte ich die Kanzlei Bartoll aus Berlin. Die haben sogar einen ziemlich vertrakten Fall gegen SunExpress für unsere Familie ohne Gerichtsverfahren (surprise puhh, ein Prozess in der Türkei wäre nicht so schön gewesen cheeky) gewonnen. 1600 euro haben wir gekriegt.

Kann die Anwälte empfehlen, die haben einige Anwälte, die nur auf solche Fluggastentschädigungen spezialisiert sind und alle Tricks kennen:

Rechtsanwälte Bartoll BLS Berlin
www.rechtsanwalt-bartholl.de

das ist irgendwie nicht die richtige Seite, die haben auch eine Seite nur für Flugrecht. einfach mal nach Anwälte für Flugrecht oder so ähnlich suchen. findet man ziemlich leicht

Beantwortet von (7,200 Punkte)
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@ RollingX:

@ Silbermann2:

DANKE! DANKE! DANKE!

Ich bin euch echt zu Tausend Dank verpflichtet. Eigentlich bin ich nicht der Typ, der in Foren postet oder sowas groß durchliest. ich war aber dermaßen verärgert über die Fluggesellschaft und deren Verhalten, dass ich mir geschworen hatte, die so nicht davonkommen zu lassen. Man ist ja als einsamer Flugpassagier völlig alleine gegen die großen Fluggesellschaften. Dann bin ich auf eure posts gestoßen und bin eurem tipp gefolgt, die Sache sofort einem Spezial-Anwalt zu übergeben.

Ich kann es echt kaum glauben, aber die Kanzlei hat meinen Fall angenommen und mir gestern nachmittag mitgeteilt, dass die Fluggesellschaft jetzt die Entschädigung von 2400 euro zahlt!!! Das ist einfach super. Ohne euch hätte ich das Geld nicht erhalten. DANKE für eure Tipps. das ist echt ein klasse forum.

ich werde vrrsuchen, meinen fall hier in den nächsten Tagen auch einzustellen. Ich muss aber die ganzen Unterlagen vorher scannen.

ALSO an ALLE nochmal BESTEN DANK und KOPF HOCH, ihr erhaltet euer Geld, wenn ihr es geschickt genug angeht und einen guten Anwalt zur seite habt.

Beantwortet von (8,200 Punkte)
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JEDE Aktion oder Reaktion einer Fluggesellschaft dient einzig und allein dem Zweck, den Kunden mit seinen Forderungen irgendwie "loszuwerden".
 
Einige Fluggesellschaften machen es sublimaler und geschickter als andere. Aber egal, ob lächerlich geringer Fluggutschein mit schleimig-nettem Begleitschreiben oder einfach stur gar keine Antwort: ALLE AIRLINES wollen die Entschädigung, die Flugpassagieren nach EU Recht zusteht, schlicht und einfach nicht zahlen.
 
Das Schlimme: Die Fluggesellschaften sind so geschickt, dass sie es fast immer auch schaffen, Verbraucher davon abzubringen, gesetzlich eindeutig verbriefte und geldwerte Ansprüche aufzugeben. Das ist erstaunlich, denn angenommen, eine andere Firma oder eine Behörde oder das Finanzamt wären verpflichtet, einem Verbraucher - sagen wir - 800 EUR auszuzahlen und tut es einfach nicht.  Jeder normale Mensch würde keine Sekunde zögern und die Firma/Behörde vor den Kadi ziehen und sein Recht einfordern.
 
Nur bei Fluggesellschaften haben die Leute Selbstzweifel. Warum?
 
Der Trick heißt: Flugpassagiere durch Hinhaltetaktik frustrieren. Das geht so:
 
Normalerweise muss eine Entschädigung spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Aufforderung an den Flugpassagier ausgezahlt werden. Also versuchen viele Fluggesellschaften schonmal, es so schwer wie möglich zu machen, denen 
überhaupt einen Brief zusenden zu können (Verschleierung von Anschriften, falsche E-Mail-Adressen, sündhaft teure Telefon-Hotlines, etc.). 
 
Schafft man es endlich, reagiert die Airline einfach nicht. Aussitzen. Beschwichtigen. Nichtstun.
 
Warum?
 
Der Mensch ist träge. Mit der Zeit verlieren die meisten Menschen ihren Kampfeswillen" und wenden sich ihren Alltagsproblemen zu. Nutznießer ist die Fluggesellschaft. Für so etwas gibt es zwar Rechtsanwälte, die eingeschaltet
werden können. Aber selbst das ist vielen zu aufwändig und so schenken Abertausende Verbraucher den Airlines jährlich Millionen. 
 
 
Was macht der "Profi"?
 
1. Sich klarmachen, was man will (Ziel formulieren).
 
2. Airline ein einziges Mal (!!!) anschreiben und in Verzug setzen (Frist: 14 Tage).
 
3. Hat die Airline bis dahin nicht gezahlt oder versucht, hinzuhalten oder zu beschwichtigen, sofort zum Anwalt.
 
4. Dem Anwalt den klaren Auftrag geben, die Kohle durchzufechten.
 
5. cheeky Den "Gewinn" auskosten cool
 
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@Flugrechtler: Zur Anwaltskostenübernahme durch die Fluggesellschaft:
 
Da hier ja einige viel zusammengegoogelte (Fehl- und Falsch-) Informationen verbreiten, habe ich mir mal die Mühe gemacht, nur ein paar blind herausgegriffene Urteile von einigen Gerichten zusammenzustellen (die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, es gibt tausende gleichlautender Gerichtsurteile). Daraus geht ganz klar hervor:
 
Die Airline muss die Rechtsanwaltskosten und vorgerichtlichen Anwaltskosten bezahlen!
 
und dazu noch
 
5 % Zinsen auf die Gesamtsumme (vgl AG Frankfurt/Main Urteil vom 07. März 2014 – Aktenzeichen 30 C 3855/13 (68)
 
Alles andere ist einfach falsch. Ich frage mich, warum einige solche Fehlinformationen streuen (CUI BONO?). Sollen Verbraucher hier etwa abgehalten werden, zum Anwalt zu gehen und ihre berechtigten gesetzlichen Entschädigungen einzuklagen? Da könnte man ja glatt den Verdacht schöpfen, dass hier von Fluggesellschaften bezahlte Leute Stimmung machen und hoffen, dass allein gelassene Flugpassagiere sich nicht die Hilfe von Rechtsanwälten holen, da die Airline die Anwälte dann letzten Endes zahlen müsste...
 
Aus den Gerichtsurteilen geht ganz klar hervor:
 
1. Die Fluggesellschaft muss dem Verbraucher die Anwaltskosten erstatten
 
2. Die Fluggesellschaft muss sogar zusätzlich noch 5% Zinsen auf Entschädigung und Rechtsanwaltskosten zahlen
 
3. Eine vorhergehende Anmahnung der Fluggesellschaft ist nicht notwenig
 
4. Die Fluggesellschaft mus die vollen Anwaltskosten zahlen und kann diese nicht anrechnen (Art. 12 der Flugverordnung)
 
5. Eine extra Rechnung vom Rechtsanwalt ist nicht notwendig
 
Alles andere ist Augenwischerei von irgendwelchen Seiten, die nicht wollen, dass Leute an ihre Entschädigung kommen. Hier die Urteilsliste:
 
1. Amtsgericht Rüsselsheim
 

 

Die Entscheidung über die Zinsen und der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§286, 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Verzug ist vorliegend mit der Ablehnung der Ansprüche durch die Beklagte mit Schreiben vom 9.9.2011 eingetreten. Die nach Verzugseintritt entstandenen Rechtsverfolgungskosten kann der Kläger von der Beklagten als Verzugsschaden ersetzt verlangen. Ein ersatzfähiger Schaden liegt vor. Die Belastung des Klägers mit der Gebührenforderung seines Prozessvertreters stellt unabhängig davon, ob diese durch den Kläger gezahlt wurde oder nicht  einen ersatzfähigen Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB dar. Es kann auch dahinstehen, ob seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers eine ordnungsgemäße Rechnungsstellung erfolgt ist. Die Rechnungsstellung nach § 10 Abs. 1 RVG ist nur für die Erforderlichkeit der Vergütung im Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandanten maßgeblich und ohne Bedeutung für die Fälligkeit des Anspruchs insbesondere im Hinblick auf einen materiellrechtlichen Kostenanspruch (vgl. OLG München, NZV 2007, 211 m.w.N.).

Ein Verstoß des Klägers gegen seine Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts nach eigenem erfolglosen Anschreiben und durch dessen anschließendes vorprozessuales Tätigwerden liegt nicht vor. Es war aus der ex-ante-Sicht des Klägers nicht unwahrscheinlich, dass die Beklagte erst auf ein fundiertes Schreiben eines Rechtsanwalts entsprechend reagiert und nicht bereits auf das erste laienhafte Schreiben des Klägers selbst. Dies zeigt nicht zuletzt das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten an den Prozessbevollmächtigten des Klägers, in welchem dem Kläger ein (Vergleichs-)Angebot in Höhe von 400,- EUR unterbreitet wurde.

Eine Anrechnung gemäß Art. 12 VO kommt nicht in Betracht, da es sich bei den Rechtsanwaltskosten um Verzugskosten handelt. Eine Anrechnung ist nur bei solchen Schadensersatzansprüchen möglich, die ihre Ursache im Ergebnis ebenfalls in der Flugverspätung haben, aber ihre Grundlage jenseits der Verordnung finden. Grundlage der Rechtsanwaltskosten ist allerdings der eingetretene Verzug der Beklagten und nicht die Flugverspätung selbst (so bereits AG Rüsselsheim, BeckRS 2011, 21459).

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