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Ich habe ein Ticket über das Portal tripair.de gekauft über 400€ .Auf Grund der Coronakrise wurde der Flug annulliert (Latam)

Latam kann es nicht refunden da überein Portal gekauftworden ist , tripair gibt keine Antwort, kein Kontakt möglich, weder per Fax oder Telefon,  per email bekommt man eine automatisierte nichts sagende Antwort

Was kann ich tun? Verklagen?

Danke im voraus für ihre Antwort

Beste Grüße

Migliarini Marcello
Gefragt in Rechtsanwälte für Fluggastrechte von
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2 Antworten

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Sehr geehrter Herr Migliarini,

Ihre Frage würde ich gern wie folgt beantworten:

(1)      Anspruchsgegner

Sie haben Ihr Ticket über das Vermittlungsportal tripair.de gekauft. Ihren Flugbeförderungsvertrag haben Sie aber mit Latam abgeschlossen. Das heißt, dass für jegliche Unstimmigkeiten mit dem Flugbeförderungsvertrag auch Latam zuständig ist. Insbesondere wenn Sie es in Erwägung ziehen, Ihre Ansprüche gerichtlich durchzusetzen, dann klagen Sie gegen Latam, nicht gegen tripair.de. Wenn Latam den Flug annulliert, muss sie auch den Flugpreis erstatten, bzw. einen Ersatzflug anbieten, sofern möglich.

Latam müsste den Ticketpreispreis zumindest in der Höhe des für die ausschließliche Beförderung entrichteten Entgelts erstatten. Gemäß einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes müssen Airlines auch bei Tickets, die über Vermittlungsportale gekauft worden sind, den vollen Ticketpreis inklusive Vermittlungsgebühren erstatten, sofern die Fluggesellschaft über die Gebühr und ihre Höhe Kenntnis hatte. Das heißt, selbst wenn Latam keine Kenntnis bzw. keine Vereinbarung über die evtl. versteckten Vermittlungsgebühren der Agentur hatte, muss sie entsprechend den Preis erstatten, den sie von tripair für den Flug bekommen hat (EuGH, Urt. v. 12. September 2018, Az: C-601/17). Im Übrigen sind die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für alle Gerichte in den Ländern der Europäischen Union bindend.

Zusammenfassend heißt das für Sie, dass Sie die Erstattung auch vorgerichtlich von Latam fordern können, da sie für die Annullierung zuständig ist und im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung passivlegitimiert sein wird.

(2)      Anwendbarkeit der EG-Verordnung Nr. 261/2004

Da Sie keine näheren Details zu Ihrem Flug angegeben haben und Latam eine nicht-europäische Airline ist, möchte ich vorsorglich auf die Fälle eingehen, in denen die Fluggastrechte-Verordnung Nr. 261/2004 zur Anwendung kommt.

Gem. Art. 3 Abs. 1 VO 261/2004 gilt die Verordnung dann, wenn:

-               Sie einen Flug von einem Flughafen innerhalb der Europäischen Union antreten

-               Sie einen Flug außerhalb von EU antreten, der aber innerhalb der EU landet und von einer Fluggesellschaft durchgeführt wird

Diese Bestimmungen gelten auch dann, wenn Ihr Flug eine Zwischenlandung bzw. Umstieg außerhalb der EU beinhaltet, unter der Voraussetzung, dass der Flug zusammenhängend im Rahmen eines Buchungsvorganges erworben wurde.

Das bedeutet also, dass die Vorschriften der Verordnung 261/2004 unter Umständen nur auf den Teil Ihres Fluges anwendbar sind, der innerhalb der Europäischen Union startet.

(3)      Anspruch auf die Erstattung

Wenn Ihr Flug von Latam annulliert wurde, haben Sie einen Anspruch auf die Erstattung der Flugscheinkosten gem. Art. 5 Abs. 1 Buchst. a) Fluggastrechte-Verordnung Nr. 261/2004 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. a) erster Gedankenstrich Verordnung 261/2004. Genau gesagt hat die Fluggesellschaft gemäß den Vorschriften der Verordnung Ihnen bei Annullierung Ihres ursprünglichen Fluges einen Ersatzflug bzw. eine alternative Beförderung zu vergleichbaren Bedingungen anzubieten. Sie können nach Ihrer Wahl entweder die Alternativbeförderung akzeptieren, oder die kostenlose Stornierung des Fluges und die anschließende vollständige Rückerstattung des Flugpreises wählen. Die vollständige Erstattung umschließt nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes auch die eventuelle Provision des Vermittlers tripair.de, wie bereits geschildert, sofern Latam von dieser Provision bzw. Gebühren Kenntnis hatte.

Ich möchte erneut betonen, dass Sie laut Verordnung Nr. 261/2004 einen Anspruch auf die Erstattung schlussendlich gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen haben, nicht gegen den Vermittler des Flugtickets.

(4)      Ihre mögliche Vorgehensweise

Aus meiner Sicht würde ich Ihnen empfehlen, sich erneut mit Latam in Verbindung zu setzen und Ihre Ansprüche bei der Fluggesellschaft geltend zu machen. Wenn Sie beabsichtigen, eine Klage zu erheben, ist es sehr empfehlenswert, einen Anwalt für Flugrecht zu Rate zu ziehen.

Beantwortet von (5,100 Punkte)
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Sie haben einen Flug über tripair.de bei Latam gebucht. Nun wurden Ihr Flug jedoch annulliert. Sie möchten nun gerne die Erstattung der Flugscheinkosten. Allerdings erreichen Sie tripair.de nicht und die Airline meint, sie wäre gar nicht zuständig.  

Fraglich ist daher zunächst, wer in Ihrem Fall überhaupt der Anspruchsgegner ist, tripair.de oder die Fluggesellschaft. 

Grundsätzlich und rein rechtlich ist es so, dass Sie den Anspruch auf die Erstattung der Flugscheinkosten bzw. die Auszahlung des Flugpreises gegen Latam allein haben. Die für Ihre Ansprüche relevante EG-Verordnung Nr. 261/2004 regelt die Ansprüche der Fluggäste gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen. Den Flugbeförderungsvertrag haben Sie mit Latam abgeschlossen, ebenfalls Latam hat den Flug auch storniert, mit dem Reisebüro ist lediglich ein Vermittlungsvertrag zustande gekommen. 

Außerhalb von dieser extremen Pandemie-Situation würde die Erstattung über das Reisebüro vielleicht auch problemlos funktionieren, denn das Buchungssystem der Luftfahrtorganisation IATA ermöglicht es, dass Zahlungen zwischen Vermittlern und Fluggesellschaften hin und her fließen und Reisebüros bei Erstattungen von Tickets das Geld von den Airlines wieder anfordern können. Im Moment soll aber die Anforderung für die Vermittler nicht mehr möglich sein, weil Fluggesellschaften diesen Kanal abgestellt haben, sodass die Vermittler von Flugtickets eben nur die Gutscheine und keine Erstattung anbieten können. Wie dem auch sei, rechtlich ist und bleibt es so – Latam ist Ihr Anspruchsgegner bei der Erstattung der Flugscheinkosten, sofern Sie natürlich über das Reisebüro lediglich den Flug und keine Pauschalreise oder Ähnliches gekauft haben.

Der Anspruch auf eine Erstattung der Flugkosten könnte sich aus der europäischen Fluggastrechteverorndung. Die Ansprüche aus der Verordnung kommen dann in Betracht, wenn eine Annullierung oder große Verspätung vorliegt. 

EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)

Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.

Ihr Flug wurde annulliert. 

Ansprüche ergeben sich dann aus Artikel 5 der Europäischen Fluggastrechteverordnung:

(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen

a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,

b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,

i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet (...)

Der Anspruch auf eine Erstattung ergibt sich aus Artikel 8 VO Nr. 261/2004: 

Artikel 8 Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen

a) - der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit

- einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,

b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder

c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.

Sie haben gem. Art. 8 Abs. 1a) also einen Anspruch auf eine vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde.

In Art. 7 Abs. 3 steht folgendes geschrieben: 

(3) Die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 erfolgen durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen.

Sie haben also grundsätzlich einen Anspruch auf eine Erstattung in Geld. Einen Reisegutschein darf die Fluggesellschaft Ihnen nur dann geben, wenn Sie zustimmen. Daher können Sie meines Erachtens die Erstattung in Geld fordern. Dabei ist irrelevant aus welchem Grund der Flug storniert wurde. Der Fluggast hat immer einen Anspruch auf die Erstattung der Flugscheinkosten, auch wenn der Flug aufgrund eines außergewöhnlichen Umstandes annulliert wurde. 

Weil es sich hierbei allerdings nur um meine persönliche Einschätzung handelt und kein Rechtsrat darstellen soll, empfehle ich jedoch das Einschalten eines Anwalts. 

Beantwortet von (20,610 Punkte)
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