Hallo Qmkatze,
in der Rolle des Passagiers ist man bei einer Gepäckverspätung/ einem Gepäckverlust praktisch zum Abwarten gezwungen.
Ebendiese Ohnmacht kommt dem Reisenden letztendlich aber bei den Anzeigefristen zugute: Der Fluggast kann nicht beurteilen, ob das Gepäck sich nur verspätet, oder ob es tatsächlich verloren gegangen ist. Gleichzeitig müsste die Fluggesellschaft schon von sich her feststellen können, das etwas bei dem Gepäcktransport nicht geklappt hat – eine Anzeige durch den Betroffenen ist hier also, anders als bei einer Gepäckbeschädigung, theoretisch überflüssig. Der Reisende könnte auch nichts tun, um das Gepäck wiederzubeschaffen – dies ist nur dem Luftfrachtführer möglich.
Daher beträgt die Anzeigefrist bei einer Gepäckverspätung gemäß Art. 31 Abs. 2 Montrealer Übereinkommen 21 Tage, nachdem das Gepäck dem Empfänger zur Verfügung gestellt worden ist.
Anmerkung: Wie man hier schon erkennen kann, ist es die Pflicht der Fluggesellschaft, dem Eigentümer das Gepäck nachzuschicken.
Die Fluggesellschaft haftet dabei für Schäden am Gepäck bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Gepäck tatsächlich abgegeben wird. Wird das Gepäck also während der Nachsendung beschädigt, dann muss die Fluggesellschaft auch für diesen Schaden aufkommen.
So etwa OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.01.2007, Az. 8 U 184/06:
Teile des Gepäcks kamen während der Gepäcknachlieferung durch einen Mitarbeiter des Hotels abhanden. Der Luftfrachtführer haftet auch noch für den Zeitraum, in dem sich das Gepäck in der Obhut der Hotelmitarbeiter befand, da diese die Nachlieferung vornahmen, dem Luftfrachtführer also bei der Erfüllung seiner Aufgaben behilflich waren.
Heißt das, man darf ewig auf sein Gepäck warten? Nein!
Bei einem Gepäckverlust bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten nach Art. 17 Abs. 3 Montrealer Übereinkommen:
1.) Die Fluggesellschaft erkennt den Verlust an
2.) Es vergehen 21 Tage nach dem Tag, an dem das Gepäck planmäßig hätte eintreffen sollen.
In beiden Fällen kann der Reisenden nun Ansprüche gemäß Art. 17 Montrealer Übereinkommen auf Ersatz des verloren gegangenen Gepäcks bis zu einer Haftungshöchstgrenze von 1.131 Sonderziehungsrechten gemäß Art. 22 Abs. 2 Montrealer Übereinkommen geltend machen.
Anmerkung: Insbesondere wenn das Gepäck auf dem Hinflug verloren geht können die während des Reiseaufenthaltes durch den Verlust entstandenen Kosten erstattet werden. Hier gilt es also sämtliche Quittungen für die nötige Ersatzgarderobe, Kosmetika und ähnliches aufzubewahren, um sie im Streitfall vorlegen zu können.
Zu beachten ist dabei, dass nur notwendige Beschaffungen ersatzfähig sind – übermäßige, unangemessene Ausgaben müssen nicht ersetzt werden.
Vgl. hierzu AG Frankfurt, Urteil vom 13.06.2013, Az. 29 C 2518/12 (19) (zu finden als erstes in der Ergebnisliste nach der google-Sucheingabe „29 C 2518/12 (19) reise-recht-wiki“): Der Klägerin wurde u. a. der Kostenersatz für Abendschuhe und eine Strandtasche verwehrt.
Wenn die Fluggesellschaft die Begleichung der Ansprüche verweigert oder auf Schreiben nach einer angemessenen Wartezeit nicht mehr reagiert, dann unbedingt hartnäckig bleiben und nach mehreren Aufforderungen unter Setzung einer angemessenen Frist (mit 14 Tagen ist man auf der sicheren Seite) auf die Anspruchsbegleichung mahnen. Bleibt die Reaktion aus kann ein Fachanwalt weiterhelfen.