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Wir hatten einen Flug nach Punta Cana, der genau 3 Stunden 42 Minuten verspätet war. Erst hat die Fluggesellschaft bei dem Schadensersatz wegen der Flugverspätung total geblockt. Jetzt schreibt uns unser Anwalt, die Fluggesellschaft bietet nur 600 EUR für uns beide, weil man die Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 Absatz 2 VO 261/2004 kürzen dürfte.

Stimmt das?

Darf eine Fluggesellschaft den Schadensersatz wegen einer fast vierstündigen Flugverspätung um 50% kürzen?

Ab wann misst man eigentlich eine Flugverspätung? Ab dem Aufkommen am Boden oder dem Ankommen am Gate des Flughafens oder dem Aussteigen?
Gefragt in Flugverspätung von
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4 Antworten

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Lieber Fragesteller,

Die Fluggastrechteverordnung sieht eine Ausgleichszahlung der Airline an ihre Passagiere im Falle der Nichtbeförderung vor. Die Höhe der Zahlung richtet sich nach der Länge des Fluges.

Nach der Fluggastrechteverordnung müssen dem Passagier Ausgleichleistungen angeboten werden, wenn sich ein Flug über eine Entfernung von 1500 km oder weniger um zwei Stunden oder mehr verspätet. Bei allen innereuropäischen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km muss eine Verspätung von drei Stunden oder mehr vorliegen, bei allen anderen Flügen muss die Verspätung mindestens vier Stunden betragen, vgl. Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 261/2004. Die Zeit wird am Zielort gemessen.

Bis zu einer Entfernung von 1500 km erhält der Passagier eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250€. Bei Flügen zwischen 1500 km und 3500 km beträgt die Zahlung 400€, ebenso bei innereuropäischen Flügen von mehr als 1500 km. Ab einer Strecke von mehr als 3500 km wird eine Summe von 600€ ausgezahlt, vgl. Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004.

Zur Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Passagier infolge der Nichtbeförderung später als zur planmäßigen Ankunftszeit eintrifft (vgl. AG Hannover, Urt. v. 06.12.2012 – 452 C 5686/12).

Geht die Verspätung oder Annullierung auf „außergewöhnliche Umstände“ zurück, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, sprich Umstände, die von der Airline tatsächlich nicht zu beherrschen sind, kann sich die Airline von ihrer Ausgleichszahlungspflicht befreien. Ergänzend hat der BGH (vgl. BGH, Urt. v. 21.8.2012 - X ZR 138/11) ausgeführt, dass ein Umstand dann außergewöhnlich ist, wenn er nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspricht, sondern außerhalb dessen liegt, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Damit werden auch die unvermeidbaren Hindernisse für die planmäßige Durchführung eines Fluges der Risikosphäre des Luftverkehrsunternehmens zugewiesen, die nicht als außergewöhnlich aus den üblichen und erwartbaren Abläufen des Luftverkehrs herausragen. Ein außergewöhnlicher Umstand kann z.B. politische Instabilität, Wetterbedingungen oder Sicherheitsrisiken sein. Ein technischer Defekt dagegen, der trotz Einhaltung der Wartungsintervalle durch das Luftverkehrsunternehmen aufgetreten ist, begründet daher im Regelfall keinen außergewöhnlichen Umstand.

Liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor, so muss die Airline ihren Fluggästen keine Entschädigung wegen der Verspätung zahlen. Liegt kein außergewöhnlicher Umstand vor, so muss die Airline zahlen. Eine anteilige Kürzung des Anspruchs ist von der Fluggastrechteverordnung nicht vorgesehen.

Viel Erfolg!

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Ich kann euch nur raten: Lasst euch nicht blenden!! Die Fluggesellschaft versucht immer auf Zeit zu spielen. Ist doch klar. Kurz nach dem Urlaub steckt einem der Stress der Verspätung und des Fluges noch in den Beinen. Da ist man natürlich "kampfeslustiger"  cool als ein paar Monat später, wenn einen der Alltag wieder erfasst hat und man wieder andere Probleme hat.

Genau das nutzen die Fluggesellschaften aus. Ich hatte mir noch am Flughafen fest vorgenommen, die Sache auf jeden Fall anzupacken und durchzuziehen. Komme was wolle. Ich bin ein Mensch mit Prinzipien. Wenn Condor uns wenigstens ehrlich vorher mitgeteilt hätte, dass der Flug verspätet sein wird, hätten wir uns vorbereiten können. Von denen kam aber nix. Wir wurden einfach am Flughafen immer wieder mit irgendwelchen Ausreden abgespeist. Aber selbst das hätte ich ja noch irgendwie tolerieren können. Was aber gar nicht geht, ist das Verhalten der Condor nach der Verspätung. Meine Briefe wurden erstmal einfach ignoriert. Auf meine Anrufe wurde man fast schon pampig am Telefon. So ein Verhalten einer Fluggesellschaft wie Condor lasse ich mir bieten. Condor ist als Tochter der Thomas Cook AG (mit über 12 Milliarden Euro Umsatz im Jahr) ein Riesen Unternehmen. Und wie die sich ihren Kunden gegenüber verhalten, geht gar nicht. So darf man seine Kunden nicht behandeln!

Ich bin genauso vorgegangen wie viele (besser informierte und erfahrene) Mitstreiter hier geschrieben haben: Brief per Einschreiben lossenden, Frist: 1 Woche, wenn Zahlung bis dahin nicht eingeht, Anwalt. Dann habe ich eine gute Fachkanzlei eingeschaltet. Und dann passiert doch tatsächlich genau das, was viele hier auch schreiben. Plötzlich tritt Condor nicht mehr so selbstsicher und arrogant auf, sondern bietet erst 600 Euro. Ich habe meinem Anwalt gesagt, er soll die Sache durchziehen. Ich will die 800 EUR plus 150 Euro Selbstbeteiligung bei unserem Rechtsschutzversicherer. OK, am Ende wurden es dann 900 EUR, aber mit gut 95% der Entschädigung + Selbstbeteiligung war ich zufrieden. Ich habe die Entschädigung von Condor erhalten und denen gezeigt, dass die Kunden wie mich SO NICHT behandeln können laugh

Ach so, fast vergessen. Wenn ihr eine gute Kanzlei sucht, die euch gegen die Fluggesellschaft vertritt, kann ich euch die hier empfehlen. Sind wirklich gut und machen das auch für ganz Deutschland:

Kanzlei Bartholl Legal Services
Berlin
 

 

Beantwortet von (4,450 Punkte)
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Wieso schreiben hier eigentlich so viele, dass es unmöglich wäre gegen eine Fluggeselslchaft die volle Entschädigung aus der Flugrichtlinie 261/2004 + alle Rechtsanwaltskosten + alle sonstigen Unkosten zu erhalten?? 

Wem gereicht sowas zum Vorteil? Wem nützt es? Wer hat Interesse daran, hier solch ein Zeugs zu verbreiten?

Ich habe echt den Verdacht, dass sich hier einige Leute von Fluggesellschaften unter uns mischen und hier krampfhaft versuchen, die Leute zu verunsichern. Ist ja auch schön leicht: Einfach hier mal einigen Unsinn und Halbwissen posten und schon springen Hunderte Betroffener Flugpassagiere ab, ihre gesetzliche Entschädigung einzufordern, weil sie Angst haben. Das ist schon dreist. Naja, jeder ist seines eigenes Glückes Schmied. 

Ich kann hier nur jedem raten, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen und nicht von irgendwelchen selbsternannten "Experten" oder Anwälten hier verunsichern zu lassen. Leute, lest euch doch mal die eindeutigen Gesetzesvorschriften aus der Richtlinie 261/2004 durch: Bei Annullierung oder Verspätung gibt es 250, 400 oder 600 Euro pro Person. Das steht schwarz auf weiß im Gesetz. Und seht euch mal die ganzen Urteile durch. Ich hab echt noch kein Urteil gefunden, wo die Fluggesellschaft mal gewonnen hätte. Wie schaffen es die Airlines dann bloß, die Leute so zu verunsichern? Die haben doch eigentlich nichts in der Hand.

Zum Glück habe ich mich nicht beirren lassen. Mein Tip an euch: Haltet die Ohren zu und zieht euer Ding durch! Sonst werdet ihr verrückt. Von allen Seiten hört man was anderes. Selbst unser Anwalt fing schon an, von wegen: ist alles nicht so sicher, wie es scheint, Garantien gibt es nicht, Kostenrisiko, wenn man Anwalt einschaltet und so weiter und so fort. Hätte ich darauf gehört, wäre ich jetzt um 4278,93 euro ärmer. Ich habe unserem Anwalt sofort die klare Ansage gemacht, dass ich es ernst meine und mich nicht auf irgendwelche blöden Deals einlasse. Ich wollte unser Geld (6 x 600 Euro = 3600 euro für unsere Familie). Dass Condor dann auch noch die Anwaltskosten 678,93 euro zahlen durfte, war natürlich ein nettes Plus cheeky. Geschieht denen recht. erst wollten die mich hi nhalten wie in allen Fällen. Zum Glück haben unsere Anwälte richtig Druck gemacht. Ich denke, wenn man schon mit irgendwelchen Einigungsversuchen oder irgendeiner Mediation startet, hat man schon verloren, weil die Fluggesellschaft dann weiß, dass man es eigentlich nicht wirklich durchziehen will. Ich weiß zwar nicht, wie unsere Anwälte das gemacht haben, aber sie haben es gut gemacht.

Ganz ehrlich leute. Wenn ihr euch nicht von anfang an fest vornehmt, die Sache durchzuziehen, lasst es lieber sein. Man bekommt von allen Seiten gutgemeinte Ratschläge, die einen völlig kirre machen. Wir haben es durchgezogen und sind sehr zufrieden cheekycoolcheekywink

 
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Lieber Fragesteller,

kommen wir zunächst zu Ihrer Frage ab wann man eigentlich eine Flugverspätung misst. Grundsätzlich ist eine Verspätung beim Abluf noch nicht relevant, da die Verspätung oftmals wieder aufgeholt werden kann. Eine Verspätung wird erst relevant und berechtigt dementsprechend zu Ausgleichszahlungen, wenn tatsächlich auch eine Verspätung beim Erreichen des Zielflughafens vorliegt. Vergleichen Sie dazu bitte das folgende Urteil:

EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)

Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).

Ausschlaggebend ist demnach das Öffnen einer Tür.

Nun zu Ihrer anderen Frage. Grundsätzlich kann Ihnen bei einer Verspätung tatsächlich ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung zustehen. Für bestimmte Entfernungen gibt es bestimmte Mindestanforderungen an die Verspätung. Leider kann man Ihren Ausführungen nicht den Startflughafen entnehmen und somit auch keine Entfernung berechnen.

Da mir wie bereits erwähnt Ihr Startflughafen nicht bekannt ist, sondern lediglich der Zielflughafen ,berechne ich die Entfernung mal pauschal. Zwischen Deutschland und Punta Cana liegt eine Entfernung von ca. 7.641, 16 km vor. Mal unabhängig davon, aus welcher Stadt in Deutschland Sie die Reise angetreten sind. Bei einer solchen Entfernung von über 3.500 km muss nach der europäischen Fluggastrechte Verordnung eine Verspätung von vier Stunden oder mehr vorliegen.  In Ihrem Fall liegt die Verspätung bei 3 h 42 min. Sie wären demnach bei einem Vorliegen von dieser Verspätung nicht nach Art. 6 berechtigt einen Anspruch geltend zu machen.

Leider geht aus Ihren Erläuterungen ebenso wenig hervor, was genau Ihnen als Grund für die Halbierung der Ansprüche durch Ihren Anwalt genannt wurde. Ihr Anwalt bezieht sich laut Ihrer Schilderung zumindestens auf Artikel 7 Absatz 2 der europäischen Fluggastrechte Verordnung. Danach ist es für die Fluggesellschaft tatsächlich möglich die Ausgleichszahlungen um 50 % zu kürzen. Dies ist jedoch nur unter den Voraussetzungen möglich, dass den Fluggästen eine anderweitige Beförderung zu Ihrem Endziel mit einem Alternativflug angeboten wird, dessen Ankunftszeit bei Flügen über 3.500 km, nicht später als 4 Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit des ursprünglich gebuchten Fluges liegt.

Im vorliegenden Fall wurde Ihnen wohl tatsächlich ein Alternativflug angeboten und Sie sind dadurch noch unter 4 Stunden an Ihrem Zielflughafen in Punta Cana angekommen. Damit steht der Fluggesellschaft im vorliegenden Fall tatsächlich eine Kürzung um 50 % zu.

 

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