Guten Tag,
Entgegen der Ansicht meines Vorposters haben Sie aus dem Montrealer Übereinkommen keine Ansprüche. Denn sowohl die Airline als auch die angeflogenen Flughäfen sind marrokanisch, Marokko ist jedoch kein Vertragspartner der Montrealer Übereinkommens. Marokko könnte Vertragspartner des Warschauer Abkommens sein – welches bereits vor der Unabhängigkeit Marokkos unterzeichnet wurde - , die Regelungen über Gepäckverspätungen sind in beiden Fällen jedoch ähnlich. Entsprechende Urteile sind also übertragbar.
Das Wichtigste zuerst: Es ist dabei völlig unerheblich, ob das Gepäck verspätet am Urlaubsort oder verspätet an Ihrem Heimatort ankommt. Art. 19 WA regelt die Ansprüche, die entstehen, wenn durch verspätetes Gepäck ein Schaden entsteht. Hierbei wird zwischen Heimat- und Urlaubsort kein Unterschied gemacht (wobei in der Praxis häufiger Fälle vorkommen, in denen am Urlaubsort ein Schaden entstanden ist).
Ein Schaden kann in Ihrem Fall dadurch entstanden sein, dass Sie sich Adapter und Kosmetikartikel für den Zeitraum nachkaufen mussten, bis Sie wieder an Ihr Gepäck kommen. Sofern Sie belegen können, dass Sie diese Einkäufe tätigen mussten, haben Sie einen Anspruch darauf, das Geld zurückzuerhalten.
Häufig berufen sich Airlines in solchen Fällen darauf, dass Sie zumindest den alten Adapter ja weiterhin nutzen könnten, sobald Ihr gepäck wieder aufgetaucht ist und daher es nicht notwendig sei, den Adapter zu ersetzen bzw. Ihnen das Geld hierfür zurück zu zahlen. Dieser Einwand ist aber unberechtigt, denn wenn Sie, wie Sie bereits ausführten, den Adapter dringend für Ihre Arbeit benötigen, so sind Sie dazu gezwungen, sich einen neuen Adapter anzuschaffen. Ihnen entsteht also in jedem Fall ein ersatzfähiger Schaden.
Sie müssen bei Ihrer Schadensanzeige allerdings belegen können, dass Sie tatsächlich die neu erworbenen Gegenstände benötigten. Denn ein Luftfahrtunternehmen ist nur dazu verpflichtet, notwendige Ausgaben bei einer Flugverspätung zu ersetzen. Ein solcher Beweis sollte aber bei Kosmetikartikeln nicht schwer fallen, auch Ihr MacBook als Arbeitsgerät wird problemlos zu begründen sein.
Als zusätzliche Information: International geregelte Ansprüche wegen der Flugverspätung selbst sind deutlich schwieriger zu erhalten. Eine Ausgleichszahlung, wie sie nach der EU-Fluggastrechteverordnung üblich wäre, kann beispielsweise für Sie nicht in Frage kommen, da Ihr Flug außerhalb Europas stattfand und die Verordnung – anders als das WA – nicht anwendbar ist. Insofern wird es wohl bei dem Ersatz Ihrer genannten Artikel bleiben.
Urteile:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84
(zu finden unter der Google-Suche „32 C 2427/10-84 reise-recht-wiki“)
Wenn Gepäck verloren geht oder verspätet beim Passagier ankommt, haben die Airlines dieses Gepäck zu ersetzen. Dies gilt dann, wenn Start- und Zielflughafen im Einzugsgebiet des Montrealer Übereinkommens liegen (bzw. in Ihrem Fall in dem Gebiet des Warschauer Abkommens).
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.06.2013, Az. 29 C 2518/12(19)
(zu finden unter der Google-Suche „29 C 2518/12(19) reise-recht-wiki“)
Bei einer Gepäckverspätung darf ein Passagier sich Teile des Gepäcks neu kaufen, die er für den Zeitraum, in dem das Gepäck nicht vorhanden ist, benötigt. Es muss allerdings nachvollziehbar begründet sein, warum die Gegenstände benötigt werden, es ist also nicht jeder Neukauf von der Airline zu ersetzen.
BGH, Urteil vom 14.10.2010, Az Xa ZR 15/10
(zu finden unter der Google-Suche "Xa ZR 15/10 reise-recht-wiki")
Gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung ist diese nur für Flüge anwendbar, die aus der EU gestartet sind bzw. von europäischen Airlines angeboten werden. Komplett außereuropäische Flüge fallen nicht darunter.