Lieber Fragesteller,
Sie schildern einen konkreten Einzelfall mit konkreten Fragen zu diesem Sachverhalt. Bitte beachten Sie, dass die folgenden Ausführungen lediglich allgemein gelten und keinen Rechtsrat in Bezug auf Ihren Einzelfall darstellen:
Ohne die genaue Kenntnis der Vertragsgrundlagen und der Umstände des Gepäckverlustes, ist eine rechtlich substantiierte Betrachtung des Vorganges nicht möglich.
Grundsätzlich haftet der Reiseveranstalter für Sorgfaltspflichtverletzungen während der Pauschalreise. Den Reiseveranstalter trifft nach deutschem Reisevertragsrecht eine verschuldensunabhängige Erfolgshaftung. Das bedeutet, dass der Reiseveranstalter bei Reisemängeln und konkreten Schäden zum Schadensersatz verpflichtet ist (gemäß §651 f Abs. 1 BGB) und darüber hinaus eine Reisepreisminderung (gemäß §651 d Abs. 1 BGB) gewähren muss. „Wieweit eine Minderung des Reisepreises vorzunehmen ist, kann [...] nicht durch ein Abzählen mangelhafter und mangelfreier Reisetage allein bestimmt werden, sondern es bedarf daneben einer wertenden Betrachtung im Einzelfall (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 59, 61), bei der zu berücksichtigen ist, ob etwa bei einer Erholungsreise der Erholungszweck durch das Ereignis ausnahmsweise gänzlich entfallen oder überlagert worden ist“ (vgl. BGH, Urteil vom 15.07.2008, Az: X ZR 93/07, Seite 8; OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 59, 61; OLG Frankfurt NJW-RR 1999, 202, 203; OLG Frankfurt vom 14.1.1993 - 16 U 2/92; LG Frankfurt a.M. (21. Zivilkammer) NJW-RR 1990, 1396, 1397).
Neben dem Reiseveranstalter kommt als Anspruchsgegner der Hotelier und Hotelbetreiber in Betracht. Wesentlich ist die Frage, ob ein Reisegepäckstück, welches im Aufbewahrungsraum abgestellt wird, als eingebrachte Sache angesehen werden kann (vgl. OGH Wien, Beschluss vom 29.11.2011, Az: 2 Ob 220/10g). Ein Auto ist zum Beispiel dann als „eingebracht“ anzusehen, wenn er vom Reisenden an eine vom Hotelier bzw. Wirt bezeichnete Stelle gebracht worden ist, sofern dieser Platz in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Hotelbetrieb steht.
Des Weiteren muss ein Hotelier bzw. Gastwirt, der damit rechnen muss, dass seine Gäste wertvollen Schmuck und wertvolle Kleidungsstücke im Reisegepäck mit sich führen, auf etwaig vorhandene Sicherheitsmängel eines Zimmersafes, die nicht ohne weiteres für den Reisenden erkennbar sind, hinweisen (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.01.2005, Az: 12 U 142/04). Das OLG Karlsruhe verurteilte einen Hotelbetreiber zu einem Schadensersatz i.H.v. EUR 83.677,84 zzgl. Anwaltskosten und Gerichtskosten, weil einem Reiseteilnehmer und seiner Ehefrau wertvolle Schmuckgegenstände und weitere Dinge aus einem Hotelsafe gestohlen wurden. Den Diebstahlt des Reisegepäcks musste sich der Hotelbetreiber nach dem Urteil des OLG Karlsruhe zurechnen lassen.
Es kommt jedoch immer auf die Umstände des Einzelfalls an, wie das Urteil des AG Viersen zeigt (vgl. AG Viersen, Urt. v. 14.09.2012, Az: 34 C 127/12). Dort hatten die Mitarbeiter der Hotel- und Appartmentanlage die Koffer der Familie vor dem Appartment abgestellt. Der von den Reisenden festgestellte Gepäckdiebstahl konnte nicht aufgeklärt werden.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Jan Bartholl
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