Guten Tag,
entscheidend für Ihre Frage ist, ob Sie den Fluggutschein wirksam angenommen haben.
Es scheint in Ihrem Fall so zu sein, dass Sie ursprünglich einen Anspruch darauf hatten, eine Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung zu erhalten. Bei einer Verspätung von mindestens drei Stunden, die nicht aufgrund außergewöhnlicher Umstände entstanden ist, haben Sie Anspruch auf eine Ausgleichszahlung zwischen 250€ und 600€, abhängig von der Flugstrecke. Da Sie einen Fluggutschein über zweimal 400€ erhalten haben, gehe ich davon aus, dass auch die Entschädigung 400€ betragen hätte.
Allerdings ist es möglich und von Airlines durchaus so gewollt, sich außergerichtlich auf einen Kompromiss zu einigen. Häufig bieten Airlines dabei „aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ einen Fluggutschein über einen gewissen Wert an. Dieser Weg ist für Condor verhältnismäßig günstig, da sie nicht damit rechnen, dass jeder Fluggutschein auch eingelöst wird.
Der Fluggast darf sich zudem nach der Fluggastrechteverordnung aussuchen, wie er seinen fälligen Anspruch erhält, ein Fluggutschein ist dort als Möglichkeit genannt. Sie hätten also die Möglichkeit gehabt, auf eine Überweisung zu bestehen. Sobald Sie den Gutschein jedoch annehmen, haben Sie sich mit dem Angebot von Condor einverstanden erklärt, Sie können anschließend nicht zurück zu einer finanziellen Entschädigung wechseln.
Die Sache kann anders aussehen, wenn Sie über die Art des Gutscheines getäuscht worden sind. Sollte Condor Ihnen beispielsweise zugesichert haben, der Gutschein sei jederzeit auch in Reisebüros einlösbar, so hat Condor Sie getäuscht und Sie können Ihr Einverständnis zurücknehmen. Im Regelfall geben die Allgemeinen Geschäftsbedingungen allerdings Auskunft über die Voraussetzungen, unter denen ein Gutschein eingelöst werden kann. Selbst wenn Condor Ihnen diese Bedingungen vorenthalten haben sollte, müssen Sie gegebenenfalls belegen können, dass Sie nicht hinreichend informiert wurden. De facto wird dies unmöglich sein.
Ich gehe daher davon aus, dass Sie in diesem Fall keine Möglichkeit haben, Ihren Gutschein im Reisebüro einlösen zu können – so ärgerlich dies in diesem Fall auch ist. Ich rate dazu, im Fall einer weiteren Verspätung auf die Zahlung der möglichen Ausgleichsleistung zu bestehen.
Urteile:
EuGH, Urteil vom 19.11.2009, Az C-402/07
Bei einer großen Verspätung (mindestens drei Stunden) haben Flugpassagiere genauso Anrecht auf eine Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung wie die Passagiere eines annullierten Fluges. Je nach Distanz des Fluges liegt dieser Anspruch in Höhe von 250, 400 oder 600 € vor.
Wie diese Ausgleichsleistung zu erbringen ist, kann der Passagier entscheiden. So ist sowohl eine Überweisung des Betrages als auch beispielsweise ein Fluggutschein in gleicher Höhe möglich.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2011, Az I-12 U 58/10
(zu finden über die Google-Suche „I-12 U 58/10 reise-recht-wiki“)
Anstelle einer Ausgleichszahlung kann eine Airline sich auch außergerichtlich mit Passagieren einigen, indem sie beispielsweise einen Fluggutschein zur Verfügung stellt. Sobald der Passagier dieses Angebot annimmt, kann er nicht mehr auf seinen eigentlichen Anspruch bestehen.
Ab wann ein Vergleich als angenommen gilt, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Da Sie aber konkret von einer Annahme schreiben, gehe ich davon aus, dass dies hier geschehen ist.