Lieber Fragensteller,
zu deiner Frage möchte ich folgendes sagen:
Zunächst einmal sieht das Fluggastrecht der VO(EG) 261/2004 im Fall einer Annullierung des Fluges tatsächlich die Möglichkeit vor, dass der Reisende aufgrund dieser Annullierung einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gegenüber der Airline gem. Art. 5 und 7 VO geltend machen kann. Dazu regelt weiterhin Art. 7 Abs. 3 VO, dass eine solche Ausgleichsleistung von der Airline in verschiedener Weise erbracht werden kann. Diese Aufzählung enthält auch die Möglichkeit, dass die Airline einen solchen Ausgleich in Form von Reisegutscheinen leisten kann. Allerdings schränkt die VO diese Möglichkeit insoweit ein als dass es dort heißt: Die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 erfolgen durch [...] oder mit schriftlichem Einverständnis des Fluggastes in Form von Reisegutscheinen [...] Das bedeutet für den Reisenden grundsätzlich, dass er im Rahmen eines Anspruches auf Ausgleichszahlung wählen kann, ob er von der Airline einen Reisegutschein akzeptiert oder die Ausgleichszahlung lieber in bar oder als Überweisung erhalten möchte.
Hat der Reisende sich allerdings einmal für eine Variante wie z.B. einen Fluggutschein entschieden, steht ihm im Nachhinein nicht mehr die Möglichkeit offen zu einer anderen Zahlungsmethode zu wechseln. Vielmehr ist er an die einmal getroffene Entscheidung gebunden.
Außerdem wäre für dich vielleicht noch wichtig zu wissen, dass du den Reisegutschein unter zwei verschiedenen Voraussetzungen bekommen haben kannst. Entweder die Airline hat dir den Reisegutschein im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung zukommen lassen. Das bedeutet sie hat dir ein Angebot zur Güte gemacht, ohne dazu verpflichtet zu sein, um einen eventuellen Gerichtsverfahren aus dem Weg zu gehen. Dies kannst du in der Regel daran erkennen, dass in dem Schreiben der Airline eine Formulierung verwendet wurde wie: aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Die zweite Möglichkeit ist, dass die Airline im Rahmen ihres Gutscheins einen möglichen Anspruch gegen sie wegen der Annullierung anerkannt hat. Ist dies der Fall und die Reisegutscheine waren über einen geringeren Betrag ausgestellt als der Ausgleichsanspruch der euch zu steht, besteht u.U. die Möglichkeit den restlichen Wert noch von der Airline zu verlangen.
Erfahrungsgemäß wählt die Airline jedoch fast immer die erste Variante um eben genau weiteren Forderungen aus dem Weg zu gehen. Ist dies auch in eurem Fall geschehen und du hast den Reisegutschein im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung erhalten und hast ihn später eingelöst bedeutet das für dich, dass du spätestens mit dem Einlösen des Gutscheins mit dem außergerichtlichen Vergleich einverstanden erklärt hast und folglich auf alle anderen möglichen Ansprüche aus dieser Annullierung insbesondere auch auf den Anspruch auf Ausgleichszahlung verzichtet hast. Leider ändert an dieser Tatsache auch grundsätzlich deine Unwissenheit zu diesem Zeitpunkt nichts.