Sehr geehrter Fragesteller!
Wenn ich davon ausgehen darf, dass Sie einen Nur-Flug-Vertrag abgeschlossen haben (d.h. keine Pauschalreise), dann ergeben sich folgende Aspekte.
(1) Anspruch auf eine Ausgleichszahlung
Grundsätzlich ist es nicht ausgeschlossen, wegen einer erheblichen Vorverlegung der Abflugzeit eine Ausgleichszahlung zu bekommen (BGH, Urt. v. 9.06.2015, X ZR 59/14). Gem. Art. 6, Abs. 1, li. a) i. V. m. Art. 7, Abs. 1, li. a) Verordnung (EG) 261/2004 könnte Ihnen theoretisch eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro (pro Person) zustehen.
Dem gegenüber steht jedoch Art. 5, Abs. 1, li. c), subli. i) VO 261/2004, welcher besagt:
„[…]c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet[…]“
Da Sie mehrere Monate im Voraus über die Vorverlegung informiert werden, scheidet der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung aus.
Eine Entschädigung wegen Störung der Nachtruhe o. Ä. gibt es in der Verordnung 261/2004 nicht. Sämtliche Unannehmlichkeiten wären mit der pauschalen Ausgleichszahlung entschädigt.
(2) Anspruch auf Übernahme von Mehrkosten
Die Erbringung von Betreuungsleistungen (Hotelunterbringung, Mahlzeiten, Getränke etc.) werden im Art. 9 VO 261/2004 geregelt. In diesem Zusammenhang:
Art. 5, Abs. 1, li. b) VO 261/2004 besagt folgendes:
„b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und […]“
Art. 6, Abs. 1, subli. i) VO 261/2004 schreibt folgendes vor:
„(1) Ist für ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nach vernünftigem Ermessen absehbar, dass sich der Abflug […]
gegenüber der planmäßigen Abflugzeit verzögert, so werden den Fluggästen vom ausführenden Luftfahrtunternehmen
i) die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten, […]“
In allen diesen Vorschriften ist von Abflug die Rede. Das würde bedeuten, dass Betreuungsleistungen während der Wartezeit auf den (Ersatz-)Flug zu erbringen sind und deren Sinn ist es, die Wartezeit angenehmer zu machen. Da nach der Ankunft am endgültigen Zielort kein weiterer Abflug stattfinden, kann es vermutlich auch keinen Anspruch auf Betreuungsleistungen nach der Ankunft geben.
Dies ist meine Sichtweise, ich kann nicht mit Sicherheit sagen, dass es stimmt. Es ist leider ein bisschen schwierig, Urteile zu diesem Thema zu finden.
(3) Weitere Rechte
Gem. Art. 8, Abs. 1, li. a) VO 261/2004 haben Sie nach wie vor einen Anspruch auf kostenlose Stornierung des Fluges und die vollständige Erstattung des Flugpreises.