Sehr geehrter Fragesteller!
Wann die Tür geöffnet wird oder wurde, können Sie vermutlich nur bei der Fluggesellschaft erfragen. Eventuell könnte auch der Flughafen Auskunft geben, da die Flugzeugabfertigung in den Vorgang involviert ist.
Ich habe aber eine etwas andere Vermutung.
Ich habe ein bisschen recherchiert und festgestellt, dass es keine Non-Stop-Flüge aus Deutschland nach Montego Bay gibt. Flüge mit nur einem Zwischenstopp führen meist über London. Einige haben den Zwischenstopp in den USA.
Die meisten Flüge haben einen Zwischenstopp in Europa und einen weiteren in den USA.
Die Lage ist nämlich die, dass es bei Verspätungen der Anschlussflüge außerhalb von Europa keine Ausgleichszahlung nach der Verordnung 261/2004 gibt. Ich vermute, dass die Verordnung auf Ihr Flug nicht anwendbar ist.
Gem. Art. 3, Abs. 1 VO 261/2004 sind die Vorschriften in folgenden Fällen gültig:
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Der Flug startet innerhalb der EU
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Der Flug startet außerhalb der EU, hat das Ziel innerhalb der EU und wird von einer Fluggesellschaft der Gemeinschaft durchgeführt
Der BGH hat entschieden (BGH, Urt. v. 13.11.2012, Az: X ZR 12/12), dass es bei Anschlussflügen außerhalb der EU keine Ausgleichszahlung möglich ist.
Der Gerichtshof führt hierzu aus, dass solche Flüge nicht zusammenhängend betrachtet werden können. D.h., dass die Verspätung auf jedem Flugsegment einzeln betrachtet werden muss. Ereignet sich dann die Abflugverzögerung nicht auf dem europäischen Boden, so sind die Anspruchsvoraussetzungen nicht gegeben.
Der Gerichtshof führt weiter aus, dass selbst bei einheitlicher Betrachtung an den Voraussetzungen fehlen würde, wenn der Flug vom ursprünglichen Startort pünktlich abgehoben sei, weil es dann an einer Abflugverspätung oder Annullierung fehlen würde.
Der abgeschlossene Flugbeförderungsvertrag spielt keine Rolle, da nach der Verordnung immer das ausführende Luftfahrtunternehmen zu belangen ist. Das ist jenes, das den Flug tatsächlich durchführt.
Fazit: Ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung könnte nur dann bestehen, wenn die Verspätung bereits im Gebiet der Europäischen Union stattgefunden hat (Vgl. LG Frankfurt, Urt. v. 26.03.2013, Az: 2-24 S 16/13). Verspätet sich der Abflug während eines Zwischenstopps außerhalb der EU, so kann die Verordnung 261/2004 keine Anwendung finden.
Darüber hinaus spielt die Entfernung in Bezug auf die Dauer der Verspätung. Gem. Art. 6, Abs. 1, li. a) – c) VO 261/2004 gelten folgende Zeiten und Distanzen:
„(1) Ist für ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nach vernünftigem Ermessen absehbar, dass sich der Abflug
a) bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger um zwei Stunden oder mehr oder
b) bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km um drei Stunden oder mehr oder
c) bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen um vier Stunden oder mehr“
Die Abflugverzögerung „dauert“ bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Flugzeug tatsächlich von der Startbahn gestartet sei (Vgl. AG Düsseldorf, Urt. v. 23.07.2011, Az: 37 C 3495/11). Die Gesamtverspätung endet in dem Moment, als die Flugzeugtüren geöffnet werden und Fluggäste aus dem Flugzeug aussteigen können (EuGH, Urt. v. 04.09.2014, Az: C-452/13)
Sollten Ihnen durch die Verzögerung Kosten entstanden sein, so könnten Sie eventuell einen Anspruch auf die Erstattung gem. Art. 19 Montrealer Übereinkommen haben:
„Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.“
Damit das Montrealer Übereinkommen grundsätzlich anwendbar ist, muss der Flug zwischen zwei Vertragsstaaten stattfinden. Jamaika ist ein Vertragsstaat des Montrealer Übereinkommens. Meine obige Recherche ergab, dass die meisten Flüge über eine Zwischenlandung in der EU oder in den USA führt, sodass auch der zweite Staat aller Wahrscheinlichkeit nach ein Vertragsstaat des MÜ ist.