Lieber Fragesteller,
du mit Condor einen Flug nach Las Vegas gebucht, welcher am 14.01.2016 wie geplant stattfand. Dein Gepäck hast du bereits einen Tag zuvor beim Drive-in Schalter abgegeben. Leider musstest du im Hotel feststellen, dass das Schloss am Koffer aufgebrochen wurde und teilweise der Inhalt fehlte. Daraufhin bist du sofort zurück zum Flughafen gefahren und hast den Schaden dort gemeldet. Des Weiteren hast du die Condor auch via E-Mail in Kenntnis gesetzt. Condor bietet dir nun die Reparatur des Koffers an, verwehrt dir jedoch Zahlungen für die elektronischen Geräte (Ladegerät und Ladekabel für iPad, Navihalterung, Ladegerät für E-Zigarette). Zudem verweigert Condor auch die Zahlung der anderen Gegenstände, für welche keine Belege vorliegen. Du fragst dich nun, ob du den Schaden, welchen du mit circa 600 Euro bezifferst, trotzdem ersetzt bekommen kannst.
Ein Anspruch könnte sich aus Art. 17 Abs. 2 des Montrealer Abkommens ergeben.
„(2) Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzten, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand. Der Luftfrachtführer haftet jedoch nicht, wenn und soweit der Schaden auf die Eigenart des Reisegepäcks oder einen ihm innewohnenden Mangel zurückzuführen ist. Bei nicht aufgegebenem Reisegepäck, einschließlich persönlicher Gegenstände, haftet der Luftfrachtführer, wenn der Schaden auf sein Verschulden oder das Verschulden seiner Leute zurückzuführen ist.“
Mit der Abgabe des Gepäckes hast du dieses in die Obhut der Condor gegeben. Somit hat Condor für alle Schäden zu haften, welche in diesem Zeitraum geschehen. Dies gilt unabhängig davon, mit welcher Intention der Schaden verursacht wurde.
Des Weiteren kann jedoch die Beförderung von Wertgegenständen im aufgegebenen Gepäck zu einer Haftungsminderung oder sogar zu einem Haftungsausschluss der Airline nach Art. 20 Satz 1 MÜ führen.
Die Möglichkeit eines Haftungsausschlusses besteht, da durch die Vielzahl an Flugbeförderungen nicht die ganze Last auf den Schultern der Fluggesellschaften gelegt werden darf. Vielmehr muss sich auch der Fluggast bewusst sein, dass es zu einem Gepäckverlust oder einer Beschädigung kommen kann. Daher trifft den Fluggast zumindest dann ein Mitverschulden, wenn er besonders wertvolle Gegenstände im aufzugebenden Gepäck transportiert, wenn gleichzeitig eine Beschädigung von diesem Gepäck durchaus möglich ist. Fraglich ist demnach, wann ein Gegenstand als besonders wertvoll anzusehen ist. Dabei könnten folgende Urteile etwas Licht ins Dunkel bringen:
LG Korneuburg, Urteil vom 04.06.2013, Az. 21 R 60/13s (einfach zu finden, wenn du bei Google „reise-recht-wiki LG Korneuburg 21 R 60/13s eingibst)
oder
AG Bad Homburg, Urteil vom 26.08.1997, Az. 2 C 2694/93-19 (auch einfach bei Google „ reise-recht-wiki AG Bad Homburg 2 C 2694/93-19“ eingeben)
oder
LG Berlin, Urteil vom 23.04.2013, Az. 22 O 197/12 (reise-recht-wiki LG Berlin 22 O 197/12)
Dieser Grundsatz des Haftungsausschlusses beziehungsweise der Haftungsminderung bei Mitverschulden wird auch gesetzlich im Montrealer Übereinkommen und im BGB in verallgemeinerter Form geregelt, und wird daher in zulässiger Weise oftmals in den AGB verschiedener Airlines insbesondere für die Beförderung von Wertgegenständen konkretisiert.
So ist auch in den AGB der Condor folgendes nachzulesen:
„12.6. Im aufgegeben Gepäck darf nicht enthalten sein: Bargeld, Juwelen, Edelmetalle, Kameras, Handys, elektronische Geräte (z. B. Laptops oder PCs), empfindliche optische Hilfsmittel, Geschäftspapiere, Muster, wertvolle Kunstgegenstände mit einem Verkehrswert von über 300 Euro, verderbliche und zerbrechliche Gegenstände, Pässe und andere Ausweispapiere, dringend benötigte Medikamente sowie Wertsachen mit einem Wert von über 300 Euro (maßgeblich ist der Neuwert), soweit sie nicht der Bekleidung dienen. Für die Beschädigung oder den Verlust von Gegenständen, die entgegen der vorstehenden Bestimmungen unrechtmäßig im aufgegebenen Gepäck enthalten sind, haftet Condor nach Maßgabe des Artikels 20 des Montrealer Übereinkommens nicht. Dies gilt auch für Folgeschäden und mittelbare Schäden, die sich aus dem Transport solcher Gegenstände im aufgegebenen Gepäck ergeben können.“
Den gesamten Katalog der AGB findest du hier:
https://www.condor.com/de/fileadmin/dam/agb/de/agb.pdf
Demnach macht die Condor bereits in den AGB deutlich, dass sie keine Haftung für elektronische Geräte übernimmt. Fraglich ist, ob die von dir genannten Gegenstände, als elektronische Geräte zu qualifizieren sind. Wichtig ist zudem, dass du keine Gegenstände im Koffer hattest, welche eine Brandgefahr darstellen können. So zum Beispiel eine E-Zigarette, oder generell Geräte mit Lithium-Ionen-Akkus. Solche Geräte sind im aufgegebenen Gepäck verboten und daher nicht ersatzfähig. Bezüglich der von dir geschilderten Geräte würde ich sie weder als verbotenes Gerät wegen Brandgefahr, noch als elektronisches Gerät im Sinne der AGB einordnen. Meiner Ansicht nach stellen, zumindest die Ladekabel, kein eigenständiges elektronisches Gerät dar, da diese lediglich als Zusatzprodukte in Verbindung mit einem elektronischen Gerät notwendig sind. Alleinstehend sind sie nicht nutzbar. Gleiches gilt meiner Meinung nach auch für die Navihalterung. Mithin ist mir nicht ersichtlich, aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage, Condor die Haftung ausschließen könnte.
Auch bezüglich der Gegenstände, zu denen keine Rechnung vorliegt, finde ich eine allgemeine Zahlungsablehnung nicht gerechtfertigt. Es wird jedoch schwer für diese Gegenstände den korrekten Wert zu ermitteln, da das Gericht den Wert ohne Quittungen nur schwer nachvollziehen kann.