Lieber Fragesteller,
ich hoffe, dass ich dein Anliegen korrekt verstehe und fasse für mich einmal das Wesentliche zusammen. Du wolltest am 21.03.2016 von Lissabon nach Frankfurt Hahn reisen. Leider wurde dein Flug, welchen du mit Ryanair gebucht hattest, annulliert. Um die Reise trotzdem antreten zu können, hast du einen anderen Flug mit einer anderen Airline gebucht. Du fragst dich nun, ob du etwaige Ansprüche geltend machen kannst.
Im Zuge dessen ist kurz festzustellen, dass es sich auch wirklich um eine Annullierung handelt. Eine Annullierung liegt vor, wenn das zuständige Luftfahrtunternehmen seine ursprüngliche Flugplanung für die vorgesehene Strecke aufgeben muss.
Näheres dazu kannst du in folgendem Urteil nachlesen:
EuGH, Urteil vom 19.11.2009, Az.: C-402/07 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: "EuGH C-402/07 reise-recht-wiki.de“)
In deinem Fall fand der Flug gar nicht mehr statt, sodass eine Annullierung zu bejahen ist. Aufgrund der Annullierung könnte ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 bestehen.
Artikel 7 VO, Ausgleichsanspruch
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt“.
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung besteht, wenn:
du nicht spätestens 14 Tage vor Abflug Bescheid bekommen hast,
die Fluggesellschaft für die Annullierung verantwortlich war und
dir kein Alternativflug angeboten wurde, der innerhalb der folgenden Annullierungsfristen nur eine geringe Verspätung hat.
Leider kann ich deinen Ausführungen nicht entnehmen, wann du von der Annullierung unterrichtet wurdest. Falls dies weniger als 14 Tage vor Abflug der Fall war, steht dir somit grundsätzlich ein Anspruch auf Ausgleichszahlung zu. Dieser Anspruch kann jedoch ausgeschlossen sein, wenn die Fluggesellschaft gemäß Art. 5 Abs. 3 VO nicht haften muss.
Art. 5 Abs. 3 VO, Annullierung
„(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen
gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“
Fraglich ist demnach, ob ein Fluglotsenstreik als außergewöhnlicher Umstand anzusehen ist, welche die Airline auch dann nicht hätte verhindern können, wenn sie alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hätte.
Folgende Urteile befassen sich mit der Thematik des Fluglotsenstreikes:
AG Königs Wusterhausen , Urteil vom 31.01.2011, Az: 4 C 308/10 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google eingibst: " AG Königs Wusterhausen 4 C 308/10 reise-recht-wiki.de")
Hier hat das Amtsgericht zugunsten des Luftfahrtunternehmens entschieden. Demnach sei Im Fluglotsenstreik ein außergewöhnlicher Umstand zu sehen, da dieser mit keinen dem Luftfahrtunternehmen zur Verfügung stehenden Mitteln hätte abgewendet werden können. Dieses Kriterium sei für den Haftungsausschluss ausschlaggebend.
Anders wurde in folgendem Urteil entschieden:
AG Geldern , Urteil vom 15.06.2014, Az.3 C 579/12 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google eingibst: " AG Geldern 3 C 579/12 reise-recht-wiki.de")
In diesem Fall hat das Gericht entschieden, dass dem Kläger eine Ausgleichszahlung wegen der Annullierung gemäß Art. 7 VO zusteht. Der Fluglotsenstreik erstreckte sich hier lediglich über dem französischen Luftraum, was lediglich zu Flugverspätungen führen konnte. Die Fluggesellschaft annullierte den Flug, weil sie keinen Zeitverzug im Flugplan der Maschine hinnehmen wollte. Folglich hatte die Fluggesellschaft nicht alles Zumutbare zur Abwendung des außergewöhnlichen Umstands getan.
Deine Schilderungen lassen die Annahme zu, dass die Ausführung des Fluges durch Ryanair grundsätzlich möglich gewesen wäre. Schließlich sind auch andere Airlines zu gewünschten Zielorten geflogen. Vorrangig die sogenannten Billigairlines annullierten die geplanten Flüge. Meiner Ansicht nach kann daher unterstellt werden, dass Ryanair nicht alles Zumutbare zur Abwendung des außergewöhnlichen Umstandes getan hat. Dies hätte zur Folge, dass sich die Airline nicht gemäß Art. 5 Abs. 3 VO der Haftung entziehen kann. Falls du also weniger als 14 Tage vor Abflug über die Annullierung unterrichtet wurden, dürfte es sinnvoll sein Ansprüche aus Art. 7 VO geltend zu machen und gegebenenfalls einen Anwalt zu kontaktieren.