Lieber Michael,
du hast mit der Fluggesellschaft Air Europa die Route FRA-MAD-TFS und zurück gebucht. Dabei gab es für beide Flüge zwei verschiedene Buchungen. Ich verstehe dies so, dass du verschiedene Flüge an einem Tag gebucht hast, also einmal von Teneriffa nach Madrid und dann noch separat von Madrid nach Frankfurt.
Grundsätzlich ist es so, dass alle Flughäfen und alle Fluggesellschaften untereinander Mindestumsteigezeiten (Minimum Connecting Time = MCT) festgelegt haben, die sich danach richten, wieviel Zeit ein Passagier für das Umsteigen benötigt. Die MCT wird von Airlines normalerweise aus Eigeninteresse nicht zu knapp berechnet, da ein Umsteigen innerhalb dieser vorgegebenen Zeit zu schaffen sein muss. Wenn durch Verspätung eines Zubringerfluges die MCT für den Anschlussflug unterschritten wurde und der Passagier den Flug verpasst hat, muss die Airline kostenfrei umbuchen, sofern es sich um einen Durchgangstarif (d.h. alle Flüge werden "am Stück" auf einem Ticket gebucht) handelt.
Falls du zwei separate Buchungen vorgenommen hast, wäre ein Durchgangsflug zu verneinen. Du müsstest dann selbst die Verantwortung dafür tragen, dass du deinen Anschlussflug auch erreichst. Die Ansprüche wären dann separat zu prüfen.
I. TFS-MAD
Es könnte zunächst ein Anspruch wegen der entstandenen Verspätung bestehen. Dieser Anspruch könnte sich aus der Fluggastrechte Verordnung (VO) ergeben. Der Anwendungsbereich dieser müsste zunächst eröffnet sein.
Art. 3 VO Anwendungsbereich (Auszug)
„(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
(2) Absatz 1 gilt unter der Bedingung, dass die Fluggäste
a) über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügen und – außer im Fall einer Annullierung gemäß Artikel 5 – sich – wie vorgegeben und zu der zuvor schriftlich (einschließlich auf elektronischem Wege) von dem Luftfahrtunternehmen, dem Reiseunternehmen oder einem zugelassenen Reisevermittler angegebenen Zeit zur Abfertigung einfinden oder, falls keine Zeit angegeben wurde, – spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit zur Abfertigung einfinden oder
b) von einem Luftfahrtunternehmen oder Reiseunternehmen von einem Flug, für den sie eine Buchung besaßen, auf einen anderen Flug verlegt wurden, ungeachtet des Grundes hierfür.“
Dein Anspruchsgegner wäre die spanische Fluggesellschaft Europa Líneas Aéreas, S.A.U., mit Sitz in Llucmajor auf Mallorca und Basis auf dem Flughafen Palma de Mallorca. Da sich sowohl Abflug- als auch Ankunftsort in der EU befinden und auch das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Unternehmen der Gemeinschaft ist, sind die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 1 VO erfüllt. Des Weiteren warst du auch rechtszeitig am Schalter, sodass auch die Voraussetzungen des zweiten Ansatzes erfüllt sind. Mithin ist der Anwendungsbereich gemäß Art. 3 eröffnet.
Die Verspätung könnte eine Ausgleichszahlung begründen. Folgende Auslistung zeigt die Höhe der möglichen Ausgleichszahlungen:
- Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
- Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
- Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€
Leider ist eine Verspätung von 20 Minuten jedoch zu gering, um eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 VO zu begründen. Bezüglich des ersten Legs ist mir daher kein Anspruch ersichtlich.
II. MAD-FRA
Fraglich ist, ob hinsichtlich des zweiten Legs eine Entschädigungszahlung in Betracht kommt. Auch hier müsste zunächst wieder der Anwendungsbereich eröffnet sein. Leider mangelt es hier jedoch schon an der Voraussetzung des Art. 3 Abs. 2 a, wonach der Fluggast sich spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit zur Abfertigung einfinden muss. Du warst erst 40 Minuten vor Abflug am Schalter. Auch wenn es sich dabei nur um 5 Minuten handelt, konntest du die zeitliche Voraussetzung nicht erfüllen. Die Tatsache, dass das auf der Verspätung des ersten Fluges beruht, ist unerheblich, wenn du die Flüge separat gebucht hast. In einem solchen Fall trägst du allein die Verantwortung pünktlich zu erscheinen.
III. Fazit
Auf Grund meiner Bedenken hinsichtlich der separaten Buchungen nehme ich an, dass du keinen Anspruch auf Entschädigungszahlungen geltend machen kannst. Wenn man separate Flüge bucht ist man leider selbst in der Pflicht genügend Puffer einzuplanen und seinen Anschlussflug zu erreichen.