Guten Tag Sebastian,
Sie wurden drei Tage vor Flugantritt von Ihrer Fluggesellschaft darüber informiert, dass Sie den von Ihnen gebuchten Anschlussflug nicht würden erreichen können. Ihnen wurden am Tag Ihrer Abreise 2 Optionen angeboten, 36-Stunden später zu fliegen und eine 24-stündige Flugreise in Kauf zu nehmen, oder 300 Euro Umbuchungsgebühr zu bezahlen.
Sie entschieden sich für letzteres, und fragen sich, ob Sie diese 300 Euro zurückverlangen können.
Leider ist Ihrer Nachricht weder zu entnehmen welches Ihr Abflugs- und Ankunftsort ist, noch, wie es dazu kam, dass Sie Ihren Anschlussflug nicht erreichen würde - ob eine Flugzeitenverschiebung, oder das Ausbleiben des Anschlussfluges an sich.
Vorliegend soll also der Fall erläutert werden, in dem der Anwendungsbereich der Fluggastrechte-Verordnung, aus der sich Ansprüche gegenüber Ihrer Airline für Sie ergeben könnte, eröffnet ist, und eine Annulierung Ihres (Anschluss-) Fluges vorlag.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Im Fall einer solchen Annulierung verweist Artikel 5 der EU-VO auf verschiedene Möglichkeiten, die Ihnen als betroffenem Fluggast zukommen können.
Ich denke, dass vor allem Artikel 7 EU-VO für Sie interessant sein könnte:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Liegt also eine Annulierung vor, dann können Sie einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen im Verhältnis zur Entfernung zwischen Ihren Reiseorten haben, es sei denn, so Artikel 5:
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder
ii) sie werden über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen, oder
iii) sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
Sie wurden weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, und erhielten einerseits ein Angebot, dass Sie, falls ich Sie richtig verstanden habe, nicht in den oben genannten Modalitäten zu Ihrem Ankunftsort transportieren sollte, und andererseits ein Angebot, dass dies möglicherweise tut, aber nur gegen eine erhebliche Zuzahlung.
Von der Legitimität einer Zuzahlung ist in der EU-VO nicht die Rede. Ich gehe eher davon aus, dass Ihre Fluggesellschaft Ihnen ein Alternativangebot kostenfrei zur Verfügung zu Stellen hatte.
Daher bin ich der Meinung, dass Sie einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen geltend machen könnten - natürlich vorausgesetzt, dass ich Ihre Airline nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen kann, die die Annulierung des Fluges verursacht haben könnten.