Liebe Julia,
du hast einen Flug Toronto - Berlin gebucht mit KLM.
Du fragst dich nun welche Ansprüche du geltend machen kannst und ob diese auch nebeneinander bestehen können.
Im Falle einer reinen Flugbuchung ist die Fluggastrechte Verordnung als gesetzliche Grundlage heranzuziehen.
Zunächst müsste der Anwendungsbereich eröffnet sein.
Dieser richtet sich nach Art. 3 der Fluggastrechte Verordnung.
Des Weiteren müsste der Fluggast von einer Nichtbeförderung, Annullierung oder großen Verspätung betroffen sein. Die Flugplanung wurde mithin aufgegeben, sodass dieser als annulliert anzusehen ist bei Ihnen.
Das Luftfahrtunternehmen könnte sich jedoch dieser Zahlung entziehen, soweit sie sich gemäß Art. 5 Abs. 3 VO von der Pflich befreien kann.
Dies setzt voraus, dass das Ereignis auf welchem die Annullierung beruht einen außergewöhnlichen Umstand darstellt.
Die Airline muss dann nachweisen, dass sie diesen auch dann nicht hätte vermeiden können, wenn sie alle zumutbaren Maßnahmen zur Abwendung ergriffen hätte.
Hier wird auf technische Probleme verwiesen.
Fraglich ist, ob diese ausreichen, um einen außergewöhnlichen Umstand zu begründen.
Ein außergewöhnlicher Umstand ist zu bejahen, wenn ein Ereignis nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspricht, sondern außerhalb dessen liegt, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann.
Es sollen Vorfälle erfasst werden, die nicht zum Luftverkehr gehören, sondern als - jedenfalls in der Regel von außen kommende - besondere Umstände seine ordnungs- und plangemäße Durchführung beeinträchtigen oder unmöglich machen können. Gerade dieser Definition entsprechen technische Probleme im Regelfall nicht, da dieser vielmehr zum Alltag der Fliegerei gehören.
Es müssen daher seitens der Fluggesellschaft präzise und nachvollziehbare Gründe vorgetragen und nachgewiesen werden, dass genau dieses technische Problem einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Andernfalls ist eine Haftungsbefreiung der Fluggesellschaft nicht möglich.
Da hier lediglich auf das Vorliegen technischer Probleme verwiesen wurde, ist davon auszugehen, dass diese nicht ausreichen um einen außergewöhnlichen Defekt zu begründen.
Meines Erachtens nach wird es für die KLM Fluggesellschaft schwer sich von der Haftung zu entziehen.
Demnach kannst du bzw. solltest eine Ausgleichszahlung in Erwägung ziehen.
Ich hoffe ich konnte dir helfen Julia, viel Glück :)
Urteile im einzelnen:
Vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „EuGH C-83/10 reise-recht-wiki“)
AG Frankfurt, Urteil vom 17.01.14, 30 C 2462/13, (ganz einfach zu googlen unter "AG Frankfurt 30 C 2462/13 reise-recht-wiki.de")
AG Köln, Urteil vom 05.04.2006, Az. 118 C 595/05 (einfach zu finden bei Google unter "AG Köln 118 C 595/05 reise-recht-wiki.de")
EuGH vom 22.12.2008, C 549/07 (auch einfach zu finden bei Google unter "EuGH C 549/07 reise-recht-wiki.de")
EuGH, Urteil vom 26.02.2013, Az: C-11/11 (ganz einfach zu finden, wenn du bei Google eingibst “ EuGH C 11/11 reise-recht-wiki.de“)