Sie haben einen Flug von Hamburg nach Friedrichshafen (über Frankfurt) bei der Lufthansa gebucht. Die Flug von Hamburg nach Frankfurt hatte jedoch eine so erhebliche Verspätung, dass sie Ihren Anschlussflug in Frankfurt nicht erreicht haben.
Sie mussten eine Nacht in Frankfurt übernachten und konnten erst am nächsten Tag zu Ihrem Zielflughafen in Friedrichshafen fliegen. Da sie den Flug trotz Zwischenlandung als einen Gesamtflug gebucht hat, ist maßgeblich, wann Sie Ihren Zielflughafen erreicht haben. Sie sind mit einer Verspätung von einem Tag in Friedrichshafen angekommen, daher kann man meines Erachtens von eine Annullierung Ihres ursprünglichen Fluges ausgehen. Dazu auch das folgende Urteil:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Zunächst einmal ist das ausführend Luftfahrtunternehmen im Fall einer Annullierung dazu verpflichtet dem betroffenen Reisenden Unterstützungsleistungen nach Artikel 8 anzubieten. Diese Unterstützungsleistungen können nach Wahl des Fluggastes entweder in einer binnen 7 Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten, einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühstmöglichen Zeitpunkt oder einer anderweitigen Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt, wenn dies der Reisende wünscht, liegen. Ihren Ausführungen zu folge wurde Ihnen eine Ersatzbeförderung angeboten, die Sie auch wahrgenommen haben.
Weiterhin haben Sie bei einer Annullierung einen Anspruch auf Unterstützungsleistungen gem. Artikel 9 der Verordnung. Hiernach muss euch die Airline Mahlzeiten und Erfrischungen im angemessenen Verhältnis zur Wartezeit und Kommunikationsmöglichkeiten durch 2 Telefonate, Faxe oder E-Mails ermöglichen. Außerdem haben Sie ein Anrecht auf ein Hotel bei einem Zwischenstopp über Nacht. Ihren Angababen ist nicht zu entnehmen, ob Ihnen Mahlzeiten, Erfrischungen und Kommunikationsmöglichkeiten gewährleistet wurden. Lufthansa hat Ihnen aber wenigstens ein Hotel bereit gestellt.
Sie könnten zudem noch einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus der Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechte Verordnung zustehen. Die Höhe dieser Ausgleichszahlungen bemisst sich nach der Entfernung:
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Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
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Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
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Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€
Die Entfernung zwischen Hamburg und Friedrichshafen beträgt ca 654 km, Sie könnten also einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 250 EUR gegen Lufthansa haben.
Tatsächlich können sich Fluggesellschaften gemäß des 14. Erwägungsgrundes der VO (EG) Nr. 261/2004 entlasten, wenn die Flugverspätung auf "außergewöhnliche Umstände" zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Fraglich ist, ob eine Restriktion der Flugsicherheit einen solchen Umstand darstellt. Ich denke, dass dieses zu verneinen ist, da ein außergewöhnlicher Umstand immer außerhalb des Machtbereiches der Fluggesellschaft liegen muss. Es ist jedoch die Aufgabe der Fuggesellschaft die Flugsicherheit zu gewährleisten, sie hat diesen Umstand deshalb meiner Ansicht nach auch zu vertreten.
Viele Airlines versuchen sich durch diese Entlastungsmöglichkeit vor der Zahlung der Entschädigung zu drücken. Beachten Sie auf jeden Fall, dass die Fluggesellschaft die vollumfängliche Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines solchen Umstandes hat. Die Gerichte legen die Anforderungen an die Führung des Entlastungsbeweises sehr hoch, so dass es den wenigsten Fluggesellschaften vor Gericht gelingt, sich entlasten zu können.
Ich denke, dass Sie deshalb einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus der Europäischen Fluggastrechte Verordnung in Höhe von 200 EUR gegen Lufthansa haben.