Bei euren Flügen mit Turkish Airlines gingen eure Kiteausrüstungen verloren. Angeboten wurden euch 1000 US-Dollar, du fragst dich nun, ob ihr eine Chance auf eine höhere Entschädigung gemäß des Montrealer Übereinkommens habt.
Richtigerweise können Fluggäste sich bei Gepäckschäden oder, wie in eurem Fall, beim Verlust von Gepäckstücken auf das Montrealer Übereinkommen stützen.
Der Anwendungsbereich dieses Übereinkommens ist gleich in Art. 1 MÜ geklärt. Darin heißt es in Absatz 1: „Dieses Übereinkommen gilt für jede internationale Beförderung von Personen, Reisegepäck oder Gütern, die durch Luftfahrzeuge gegen Entgelt erfolgt. Es gilt auch für unentgeltliche Beförderungen durch Luftfahrzeuge, wenn sie von einem Luftfahrtunternehmen ausgeführt werden.“
Sodann in Absatz 2: „Als "internationale Beförderung" im Sinne diese Übereinkommens ist jede Beförderung anzusehen, bei der nach den Vereinbarungen der Parteien der Abgangsort und der Bestimmungsort, gleichviel ob eine Unterbrechung der Beförderung oder ein Fahrzeugwechsel stattfindet oder nicht, in den Hoheitsgebieten von zwei Vertragsstaaten liegen oder, wenn diese Orte zwar im Hoheitsgebiet nur eines Vertragsstaats liegen, aber eine Zwischenlandung in dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates vorgesehen ist, selbst wenn dieser kein Vertragsstaat ist.“
Nach meinem Kenntnisstand sind sowohl die Türkei als auch Südafrika Vertragsstaaten des MÜ, sodass hinsichtlich des Anwendungsbereich keine Probleme auftreten dürften.
Anspruchsgrundlage wäre meiner Ansicht nach Art. 17 II MÜ indem es heißt: „Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzten, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand. Der Luftfrachtführer haftet jedoch nicht, wenn und soweit der Schaden auf die Eigenart des Reisegepäcks oder einen ihm innewohnenden Mangel zurückzuführen ist. Bei nicht aufgegebenem Reisegepäck, einschließlich persönlicher Gegenstände, haftet der Luftfrachtführer, wenn der Schaden auf sein Verschulden oder das Verschulden seiner Leute zurückzuführen ist.“
Da Turkish Airlines euch ein Entschädigungsangebot gemacht, gehe ich davon aus, dass die Airline sich also zu ihrem Fehler bekennt.
Gem. Art 22 II MÜ muss der jeweilige Luftfrachtführer bei dem Verlust des Gepäcks bis zu einer Haftungshöchstgrenze von 1.131 SZR haften (diese Grenze wurde kürzlich erhöht). Umgerechnet wären dies ungefähr 1.300 Euro.
Aus diesem Artikel lässt sich ebenfalls noch Folgendes entnehmen: „diese Beschränkung gilt nicht, wenn der Reisende bei der Übergabe des aufgegeben Reisegepäcks an den Luftfrachtführer das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort betragsmäßig angegeben und den verlangten Zuschlag entrichtet hat. In diesem Fall hat der Luftfrachtführer bis zur Höhe des angegebenen Betrags Ersatz zu leisten, sofern er nicht nachweist, dass dieser höher ist als das tatsächliche Interesse des Reisenden an der Ablieferung am Bestimmungsort.“
Dies klingt für mich so, dass wenn ihr die Sportausrüstung tatsächlich als Sondergepäck aufgegeben habt und extra einen Aufpreis bezahlt habt, der Ersatz eigentlich nicht auf diese 1.300 Euro gedrosselt werden muss.
Im Zweifelsfall wäre es wohl ratsam, wenn ihr mit einem Fachanwalt für Flug-und Passagierrechte in Kontakt tretet.
Interessante Urteile zu ähnlichen Fällen:
AG Frankfurt a.M. - Urteil vom 13.06.2013, Az. 29 C 2518/12(19)
Kommt Gepäck verspätet oder gar nicht am Urlaubsort an, so ist es angemessen, wenn sich die Reisenden der Verspätung entsprechend mit komplett neuer Kleidung versorgen. Der daraus entstehende finanzielle Schaden muss nach dem Montrealer Übereinkommen durch das Flugunternehmen ersetzt werden.
BGH, Urteil v. 05.12.2006, AZ: X ZR 165/03
Der Luftfrachtführer haftet für Schäden an zerbrechlichen oder verderblichen Gegenständen (Computern oder sonstigen elektronischen Geräten), Schmuck, Silbersachen, Geld, Wertpapieren, Sicherheiten oder anderen Wertsachen, Geschäftspapieren oder Mustern, Reisepässen oder Personalausweisen, welche im aufgegebenen Gepäck des Fluggastes enthalten sind, gleichgültig, ob mit oder ohne Wissen des Luftfrachtführers, nur, wenn er diese grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht hat; die Vorschriften des [Warschauer] Abkommens bleiben unberührt.
EuGH, Urteil v. 19.11.2009, AZ: C402/07 und C432/07
Im Übereinkommen von Montreal wird überdies nur ein allgemeiner Begriff verwendet, der des „Schadens“, der jedoch nicht näher bestimmt wird. Weder aus dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 2 noch aus dem des Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal lässt sich schließen, dass die Vertragsstaaten beabsichtigt hätten, die Haftung des Luftfahrtunternehmens auf materielle oder auf immaterielle Schäden zu begrenzen. Im Übereinkommen von Montreal wird auch die Art der Entschädigung nicht näher bestimmt, d.h., ob tatsächliche Schäden, entgangene Gewinne oder auch alle anderen in Geld zu bemessenden Schäden zu ersetzen sind. Es bleibt dem nationalen Recht überlassen, den Begriff des „Schadens“ auszufüllen und die Art der Entschädigung näher zu bestimmen.