Ihr seid mit Austrian Airlines von Hong Kong über Wien nach Hamburg geflogen. Es kam zu Verspätungen in Hong Kong, die dazu führten, dass ihr eine Nacht in Wien bleiben musstet, und schließlich natürlich viel später als geplant in Hamburg ankamt.
Austrian Airlines wiesen dein Verlangen nach einer Entschädigung mit einem Hinweis auf "Restriktionen der chinesischen Luftraumkontrolle" ab.
Fraglich ist, ob dir dennoch eine Entschädigung zustehen könnte.
Du verlangtest 1,200 Euro für dich und deinen Reisepartner, das heißt pro Person 600 Euro. Ich nehme deshalb an, dass dir die möglichen Entschädigungen aus der EU-VO, nämlich aus Artikel 7 EU-VO, bereits bekannt sind.
Es kam zu Verspätungen in Hong Kong, beziehungsweise letztendlich in Wien, und deshalb hast du deinen Anschlussflug verpasst. Das könnte dir Ansprüche nach Artikel 7 EU-VO eröffnen.
EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az.: C-11/11 (einfach zu finden über Google unter ”reise-recht-wiki”
Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 […]ist dahin auszulegen, dass auf seiner Grundlage dem Fluggast eines Fluges mit Anschlussflügen, dessen Verspätung zum Zeitpunkt des Abflugs unterhalb der in Art. 6 der Verordnung festgelegten Grenzen lag, der aber sein Endziel mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit erreichte, eine Ausgleichszahlung zusteht, da diese Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der in Art. 6 aufgeführten Voraussetzungen abhängt.
LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013, Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslösen – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
Dem EuGH Urteil ist zu entnehmen, dass eine Verspätung am Abflugort, die zu einer Verspätung von mehr als 3 Stunden am Flugziel führt nicht mehr von Artikel 6 gedeckt sei, sondern dann Artikel 7 heranzuziehen sei. Das die Verspätung am Endziel auch durch einen verpassten Anschlussflug beeinflusst oder noch erhöht wird ist, so das LG Frankfurt, einem solchen Anspruch nicht schädlich.
Deshalb denke ich persönlich, dass sich Ansprüche aus Artikel 7 ergeben könnten, und zwar in dem von dir bereits genannten Umfang.
Von einem solchen Anspruch kann sich eine Airline allerdings exkulpieren, das heißt befreien, so Artikel 5 Absatz 3 EU-VO, und der EuGH:
EuGH, Urteil 19. November 2009 – Az. C-402/07 und C-432/07 (einfach für dich zu finden, wenn du bei Google EuGH c-402/07 reise-recht-wiki.de eingibst)
Ausgleichansprüche für Fluggäste bestehen jedoch nicht, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass als Ursache eine „Außergewöhnlicher Umstand“ vorliegt.
Dazu müssen außergewöhnliche Umstände vorgelegen haben. Austrian Airlines beruft sich "Restriktionen der chinesischen Luftraumkontrolle".
Urteile, um abstecken zu können ob es sich dabei um einen außergewöhnlichen Umstand handelt, habe ich leider nicht gefunden, und würde deshalb versuchen mit Urteilen anderer Umstände einen Vergleich anzustellen:
EuGH, Urteil vom 22.12.2008 - Az.: C 549/07 - (einfach zu finden bei Google unter Az.: C 549/07 im "reise-recht-wiki")
"Außergewöhnliche Umstände" sind Vorkomnisse, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind.
So weit erst einmal zu einer Einordnung, was außergewöhnliche Umstände an sich sein sollen.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 7.11.2006 – Az.: 3 C 717/06 (32) (einfach zu finden bei Google unter Az.: 3 C 717/06 (32) im "reise-recht-wiki")
Ein technischer Defekt mag zwar ungewöhnlich sein, ist aber nicht außergewöhnlich im Sinne der EU-Verordnung und ist auf jeden Fall in der Sphäre des Luftfahrtunternehmens angesiedelt und daher nicht unbeeinflussbar auf höhere Gewalt bzw. Einwirkung durch Dritte zurückzuführen.
Technische Defekte sind beispielsweise in der Regel keine außergewöhnlichen Umstände. Eher so etwas wie ein Vogelschlag, also ein nicht von der Airline beherrschbarer Umstand:
LG Darmstadt, Urteil vom 01.08.2007 - Az.: 21 S 263/06 - (einfach zu finden über das Aktenzeichen bei Google unter "reise-recht-wiki")
Technische Defekte des Fluggerätes, die Flugsicherheitsmängel verursachen, fallen daher nur dann in den Anwendungsbereich des Art.5 III Verordnung (EG) Nr.261/2004, wenn sie auf derartige äußere Einflüsse zurückzuführen sind, also etwa witterungsbedingte Defekte (z.B. durch Blitzschlag, Hagel u.ä.), Defekte durch unautorisierte Eingriffe von betriebsfremden Dritten (z.B. Terroranschläge, durch den Fluggast selbst herbeigeführte Beschädigungen u.ä.) oder sonstige vergleichbare Umstände (z.B. Vogelschlag).
Fortsetzung folgt...