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EU FLUGGASTRECHTE

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Es handelt sich hierbei um einen Flug, der im August stattfinden soll. Zunächst wurde vor 3 Wochen der Hinflug von 17:50Uhr auf 5:45Uhr am selben Tag verschoben. Vor einigen Tagen wurde darüber hinaus der Rückflug von 20:30h auf 8:25h morgens verschoben. In beiden Fällen wurde der Flug um (knapp) 12 Stunden vorverlegt. Da wir über 300km entfernt vom Abflugsort wohnen, gingen mit der Flugbuchung einige andere Kosten einher (Zugticketbuchung für die Hin- und Rückfahrt, Hotelbuchung für die Nacht nach der Rückkehr). Diese Buchungen sind dementsprechend hinfällig, da in diesem Fall nicht mehr für die Rückfahrt eine Übernachtung benötigt wird, sondern für die Hinfahrt. Ferner können die Zugtickets zu den gebuchten Zeiten nicht mehr genutzt werden und müssen kostenpflichtig storniert werden. Auch ein Mietwagen wurde für den Zeitraum vor Ort bereits bezahlt, kann jedoch jetzt nicht geplant genutzt werden, so dass zusätzliche Kosten für die Umbuchung anfallen werden.

Bislang wurde auf ein Schreiben an den Kundenservice der Airline nicht reagiert. Wie können wir mit dieser ungünstigen Flugverschiebung umgehen bzw. welche Rechte stehen uns tatsächlich zu?

Für konkrete Tipps und Hinweise wären wir sehr dankbar!
Gefragt in Flugzeitenverschiebung von (130 Punkte)
wieder getaggt von
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4 Antworten

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Sie haben einen Flug gebucht. Nun wurden Sie darüber informiert, dass sowohl der Hin- als auch der Rückflug um ca 12 Stunden vorverlegt wurde. Dadurch ergeben sich für Sie einige Probleme. Sie haben nämlich bereits Zugticketsfür die Hin- und Rückfahrt und ein Hotelfür die Nacht nach der Rückkehr gebucht. Durch die Flugvorverlegung entstehen Ihnen also einige Mehrkosten. Fraglich ist nun, wie Ihre Möglichkeiten aussehen.

Ansprüche lassen sich bei „Nur-Flug Buchungen“ aus der Fluggastrechte Verordnung herleiten. Die Verordnung ist eine gemeinsame Regelung des Europäischen Parlaments und Rates, welche sich mit der Problematik der Nichtbeförderung, Annullierung und großen Verspätung von Flügen auseinandersetzt. Sie dient der Geltendmachung von Rechten der Fluggäste gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen.

In Ihrem Fall wurde sowogl der Hinflug, also auch der Rückflug um ca 12 Stunden nach vorne verschoben. Normalerweise ergeben sich Ansprüche nur im Falle einer großen Verspätung oder einer Annullierung. Fraglich ist, ob auch eine Vorverlung des Fluges einen Anspruch aus der Europäischen Fluggastrechte Verordnung begründet. Hierzu hat das AG Hannover entschieden, dass eine Vorverlegung einer Annullierung gleichkommt, wenn diese mindestens 10 Stunden beträgt. Siehe dafür auch folgendes Urteil:

Vgl. AG Hannover, Urt. v. 11.04.2011 – 512 C 15244/10 (bei Google-Suche zu finden unter: "AZ 512 C 15244/10 reise-recht-wiki")

Wird ein Flug erheblich nach vorne verlegt, so wird dies wie die Annullierung des Fluges behandelt. Als erheblich gilt dabei in jedem Fall eine Vorverlegung ab 10 Stunden.
 

Vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google-Suche zu finden unter: "C-83/10 reise-recht-wiki")

Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
 

In Art. 5 stehen nun Verweise auf die Art. 7, 8 und 9 der Verordnung. Aus diesen könnte sich eine passende Anspruchsgrundlage ergeben.

Ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Artikel 7 entfällt gemäß Artikel 5 (1) c) i) in Ihrem Fall jedoch, da Sie mehr als zwei Wochen vor dem planmäßigen Abflug über die Annullierung informiert wurden.

Es kommt aber ein Anspruch gemäß Art. 8 VO in Betracht.

Art. 8,  Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen

a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten

b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder

c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.

Ihnen wurden bereits Alternativflüge angeboten, Meiner Ansicht können Sie sich also aussuchen, ob Sie die angebotenen Flüge wahrnehmen wollen oder ob Sie kostenfrei stornieren wollen und bei einem anderen Anbieter neu buchen wollen.

Falls Sie den Flug trotzdem wahrnehmen wollen, können Sie jedoch versuchen, die extra anfallenden Kosten für Mahlzeiten, Taxikosten und Hotelkosten aus Artikel 9 VO Nr. 261/2004 geltend zu machen. Dieser Artikel regelt nämlich die Betreuungsleistungen, die die Fluggesellschaft im Falle einer Annullierung erbringen muss. Dort heißt es folgendermaßen:

Artikel 9 Anspruch auf Betreuungsleistungen

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so sind Fluggästen folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:

a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,

b) Hotelunterbringung

c) Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).

 

Beantwortet von (20,610 Punkte)
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Hallo AlisaAN,

Du hast eine Reise gebucht für den Monat August.

Bedauerlicherweise musstest du die darauf folgenden Wochen feststellen, dass sich die Flugzeiten erheblich geändert haben im nachhinein.

Der Hin- sowie Rückflug wurde um jeweils ca. 12 Stunden vorverlegt.

Du fragst dich nun ob und wenn ja welche Ansprüche du ggf. in so einer Situation gegen die Fluggesellschaft stellen kannst.

1. Reisepreisminderung

In Betracht kommt zunächst meines Erachtens ein Reisemangel.

Liegt ein solcher vor, ergeben sich verschiedene Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht.

Am sinnvollsten scheint in Ihrem Fall die Minderung des Reisepreises gem. § 651 d BGB.

Ist die Reise im Sinne des § 651c Abs. 1 mangelhaft, so mindert sich für die Dauer des Mangels der Reisepreis nach Maßgabe des § 638 Abs. 3. § 638 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.

Dafür müsste es sich bei der Flugzeitenverlegung zunächst tatsächlich um einen Flugmangel handeln. Dieser bestimmt sich aus § 651 c BGB.

AG KÖLN, Urteil vom 07.09.2015, Az.: 142 C 78/15 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: "AG Köln 142 C 78/15 reise-recht-wiki.de")
Ein Reisemangel i.S.d. § 651c BGB liegt vor, wenn die Reise von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht oder ein Fehler vorliegt, durch den der Wert der Reise oder ihre Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Nutzen aufgehoben oder gemindert ist.

Die zeitliche Verschiebung des Fluges um 12 Stunden nach vorne könnten einen solchen Reisemangel darstellen.

Zu beachten ist in einem solchen Fall jedoch, dass es vorkommt, dass sich der Reiseveranstalter mögliche Änderungen der Reise im Reisevertrag vorbehält, damit sie frei die Flugzeiten verschieben können.

Solche Klauseln sind aber nicht zulässig:

Siehe dafür auch folgendes Urteil:

BGH, Urteil vom 10.12.2013 Az. X ZR 24/13 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: BGH X ZR 24/13 „reise-recht-wiki“)

Von Bedeutung ist, ob die Veränderungen für den Fluggast noch zumutbar sind.

Der Begriff der Zumutbarkeit ist jedoch nicht eindeutig definiert. Wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese unzulässig.

Entscheiden ist also in Ihrem Fall, ob die Verschiebung erheblich ist und ob sie Ihnen zugemutet werden kann.

Ein Unzumutbarkeit liegt zunächst immer dann vor, wenn die Nachtruhe gestört wird.

Diese wird in Ihrem Fall jedoh nicht beeinträchtigt.

Von Bedeutung ist außerdem noch, wie lange die Reise eigentlich dauern sollte, und ob die Flugverschiebungen den ersten und/oder letzten Reisetag betreffen, da diese eigentlich für An-und Abreise angedacht sind.

Ob ein Reisemangel vorliegt, ist aber immer auch einzefallabhängig und wird im Streitfall von einem Gericht entschieden.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")

Minderung bejaht. Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7tägigen Flugreise stellt einen Reisemangel dar und berechtigt zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.

AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az. 10 C 1621/08 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: AG Ludwigsburg 10 C 1621/08 reise-recht-wiki.de“)

Meiner Meinung nach hast du gute Aussichten auf eine Entschädigung in Form einer Reisepreisminderung.

Ich hoffe ich konnte dir etwas weiterhelfen und wünsche dir einen guten Start in die Woche :)

Beantwortet von (8,030 Punkte)
Bearbeitet von
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Reisepreisminderung gibt es AUSSCHLIEßLICH, wenn der Flug im Rahmen einer Pauschalreise gebucht war.
Da haben sie recht, bin irrtümlicherweise von einer Pauschalreise ausgegangen.
0 Punkte

Lieber Fragesteller,

Sie schildern einen konkreten Einzelfall mit konkreten Fragen zu diesem Sachverhalt. Bitte beachten Sie, dass die folgenden Ausführungen lediglich allgemein gelten und keinen Rechtsrat in Bezug auf Ihren Einzelfall darstellen:

Sie müssen weder die Flugzeitenänderung des Hinfluges, noch die Flugzeitenänderung Ihres Rückflugs akzeptieren. Sämtliche konkrete Kosten und Aufwendungen (frustrierte Aufwendungen für Mietwagen, Zubtickets, etc.) müssen Ihnen vollständig ersetzt werden.

Flugzeitenänderungen sind ärgerlich. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Reiseveranstalter und Fluggesellschaften besonders begehrte Flug- und Tageszeiten durch Blickfangwerbung speziell hervorheben und Reisen mit günstigen und beliebten Reisezeiten für teures Geld und häufig mit Aufpreis verkaufen. Kurz vor Beginn des Urlaubs versenden Reiseveranstalter und Fluggesellschaften dann munter Änderungsmitteilungen, in denen die Verlegung der Flugzeit (meist auf die unbeliebten Randzeiten) bedauert wird - honi soit qui mal y pense. Wer bei Reisebuchung einen Aufschlag für die gewünschten Flugzeiten zahlt und dann von einer Flugzeitenänderung überrascht wird, ärgert sich zu Recht. Reisende sind jedoch nicht rechtlos.

1. Ist die Flugänderung zulässig?

Grundsätzlich ist es rechtlich einfach: Vertrag ist Vertrag! Juristen drücken diesen seit römischen Rechtszeiten geltenden Grundsatz gerne mit der lateinischen Floskel aus: pacta sunt servanda. Die wesentlichen Vertragsinhalte des Flugbeförderungsvertrages sind für beide Parteien (Fluggast und Fluggesellschaft) rechtsverbindlich. Sinn und Zweck eines Vertrages ist es ja gerade, die gegenseitigen Verpflichtungen der Vertragsparteien verbindlich festzulegen. Nach Vertragsschluss kann keine Vertragspartei die Vertragsinhalte einseitig ändern.

Der Fluggast hat aus dem mit der Fluggesellschaft eingegangenen Luftbeförderungsvertrag das Recht, mit den gebuchten Flügen und zu den vereinbarten Zeiten befördert zu werden (Verfügungsanspruch). Demgegenüber war die Fluggesellschaft nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Flugpassagiers eine Umbuchung dahin vorzunehmen, dass die erste Teilstrecke der Flugreise zu einer anderen Uhrzeit mit einem anderen Flug durchgeführt wird. Darin liegt eine Vertragsänderung, welche zwei übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien erfordert hätte“ (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 04.12.2013, Az: 22 S 152/13; AG Düsseldorf, Urt. v. 05.09.2013, Az: 37 C 10805/13 gegen SAS Scandinavian Airlines).

 

 

2. Ist die Flugänderung bzw. Flugzeitenänderung zumutbar?

Wichtigste Voraussetzung ist, dass die Leistungsänderung der Fluggesellschaft für den Fluggast zumutbar sein muss (vgl. die gesetzliche Vorschrift des §308 Nr. 4 zum Änderungsvorbehalt und z.B. das Urteils des BGH gegen die Lufthansa - BGH, Urt. v. 20.01.1983, Az: VII ZR 105/81: „Die entscheidende Frage ist die, ob die Änderung für den Fluggast zumutbar ist“).

Beantwortet von (15,620 Punkte)
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FORTSETZUNG: Im Werkvertragsrecht ist eine Flugänderung und/oder Flugzeitenänderung rechtlich erheblich, wenn dem Fluggast eine Verspätung nicht mehr zuzumuten ist. Was zumutbar ist und was nicht, ist eine Entscheidung des Einzelfalls. Flugänderungen von mehr als 60 Minuten sind grundsätzlich unzumutbar und damit vom Fluggast nicht hinzunehmen.

In Ihrem Fall sind beide Flugänderungen wesentlich und unzumutbar.

FLUGÄNDERUNG - WELCHE ANSPRÜCHE HABE ICH?

  • Akzeptieren
  • Rücktritt (=Kostenlose Flugstornierung unter Erstattung aller vorausgeleisteten Gelder ohne Bearbeitungsgebühren)
  • Anspruch auf Alternativbeförderung zu vergleichbaren Bedingungen (=Ersatzflug)
  • Erfüllt die Airline den Anspruch nicht, kann der Anspruch im Rahmen des Rechts auf Selbstvornahme durchgesetzt werden, dann Anspruch auf Aufwendungs- und Schadensersatz aller entstandenen Kosten durch neue Flugbuchung, eventuelle Taxikosten, Fahrtkosten, Parkkosten, Hotelkosten, etc.
  • Anspruch auf Ausgleichszahlung i.H.v. 250, 400 bzw. 600 Euro pro Person im Einzelfall zu prüfen

Für eine abschließende Beurteilung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts liegen nicht genügend Informationen vor. Sie können einen ausführlichen Beitrag zu Flugänderungen mit vielen Tipps hier lesen. Jedenfalls müssen Sie die Flugänderung des Hinfluges und die Flugzeitenänderung des Rückfluges nicht akzeptieren.

Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung gegeben zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Bartholl

RECHTSANWALTSKANZLEI BARTHOLL LEGAL SERVICES
Mommsenstraße 58
10629 Berlin
Telefon +49 (0) 30 5770 39830
www.ra-janbartholl.de

Beachten Sie bitte, dass die vorstehenden Ausführungen keinen Rechtsrat darstellen. Bedenken Sie bitte, dass hier im Rahmen des Meinungsaustausches ohne Kenntnis aller Umstände kein abschließender Rat gegeben werden kann. Der Meinungsaustausch auf dieser Plattform ersetzt keinen Rechtsrat durch einen Rechtsanwalt. Wer eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes oder einen rechtsverbindlichen Rechtsrat wünscht, sollte einen Rechtsanwalt kontaktieren.

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