Hallo zusammen,
bevor festgestellt werden kann, welche Ansprüche überhaupt bestehen, muss gerade wenn ein Reisebüro an der Urlaubsplanung mitgewirkt hat, abgegrenzt werden, welches Recht zur Anwendung kommt.
Man unterscheidet zwischen einer Pauschalreise als Gesamtpaket, und Individualreisen, bei denen Nur-Flug-Verträge geschlossen werden.
Je nach Reise- und Vertragsart variieren Anspruchsgrundlage, Ansprüche und Anspruchsgegner.
1.) Anspruchsgrundlage: Pauschalreise oder doch Nur-Flug?
Die Abgrenzung ist eigentlich recht einfach:
(a) Bei einer Pauschalreise wird ein ganzes Paket an Reiseleistungen, welches von einem Reiseveranstalter angeboten wird, gebucht. Hotelunterbringung, Verpflegung und Flug sind die typischen Zusammenstellungen. Manchmal kommen Betreuungsleistungen oder geplante Ausflüge hinzu.
(b) Bei einer Individualreise stellt der Reisende selbst seine Reise zusammen und bucht jede Reiseleistung einzeln beim Anbieter: Den Flug bei der Fluggesellschaft (Nur-Flug-Vertrag), das Hotel über dessen Homepage oder eine Vermittlungsseite, und die Stadtführung bei der city-marketing-Agentur. Gegessen wird beispielsweise in verschiedenen Restaurants.
(c) Bei einem Reisevermittlungsvertrag wird die Reise auch von dem Reisebüro zusammengestellt, doch als Paket nicht von einem einzigen Reiseveranstalter angeboten oder als Gesamtleistung erbracht. Das Büro übernimmt dann nur die Vermittlung der einzelnen Reiseleistungen. Die Rechtslage ist die gleiche wie bei einer Individualreise; das Reisebüro kann bei Reisemängeln jedoch oft bei der Suche des richtigen Ansprechpartners bereits weiterhelfen.
2.) Ansprüche bei einer Pauschalreise
Bei einem Pauschalreisevertag müssen die Ansprüche zunächst einmal gegenüber dem Reiseveranstalter gelten gemacht werden. Die Ausgleichszahlungen der Fluggesellschaft (siehe unter 3.) – Anspruch Nr. 3) können auf die Schadensersatzansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter angerechnet werden.
Nach §§ 651 a-m BGB bestehen gegen den Reiseveranstalter bei einer Flugverspätung folgende Ansprüche:
1. Anspruch auf Schadensersatz, in bestimmten Fällen auch für vergangene Urlaubsfreude
2. Anspruch auf Reisepreisminderung wegen Pflichtverletzung
3. Anspruch auf Kündigung der Reise bei erheblicher Beeinträchtigung der Reise durch die Verspätung
Hinzu kommen die Ansprüche vor Ort gegen die Fluggesellschaft, die „Erstversorgung“ (Getränke und andere Verpflegung, in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit) betreffend.
3.) Ansprüche bei Nur-Flug-Vertrag
Liegt eine Individualreise vor, wurde also der Flug separat (oder durch die Vermittlung eines Reisebüros) gebucht, so gilt die VO (EG) Nr. 261/2004 für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen.
Der Fluggast hat dann zunächst einmal
1.) Anspruch auf Betreuungsleistungen abhängig von der Wartezeit (Mahlzeit und Erfrischung, bei Bedarf Unterbringung im Hotel und Transport dorthin, Möglichkeit der kostenlosen Nutzung von Fernkommunikationsmitteln wie Telefon oder Mail)
Hierbei handelt es sich um eine obligatorische Betreuungspflicht der Fluggesellschaft – kommt das Luftfahrtunternehmen dieser Pflicht nicht nach, so entstehen Schadensersatzansprüche. Zumindest das eigens investierte Geld für Erfrischungen und Snacks kann zurückverlangt werden.
2.) Rücktrittsrecht vom Flug mit Erstattung des Flugscheins und Rückbeförderung ab einer Verspätung von 5 Stunden oder anderweitige Beförderung zum Endziel zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
Bei einer Flugverspätung ab 3 Stunden stehen dem Reisenden hinzukommend die gleichen Rechte wie bei einer Flugannullierung zu.
Vgl. hierzu AG Nürtingen, Urteil vom 25.01.2013, Az. 46 C 1399/12 (leicht durch google zu finden unter „AG Nürtingen 46 C 1399/12 Reise-Recht-Wiki.de“ als erstes Ergebnis in der Liste) - In Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH kann sich der Fluggast ab einer Verspätung von 3 Stunden und mehr auf die Rechte wie infolge einer Flugannullierung berufen.
Das bedeutet, der Passagier hat nach Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004 zudem
3.) Anspruch auf Ausgleichszahlungen zwischen 250 € und 600 €, abhängig von der Flugstrecke.