Hallo Frau Schröder,
Sie haben eine Pauschalreise von Bremen nach Antalya gebucht. Nun wurden Sie darüber informiert, dass der Hinflug um mehr als 6h nach vorne verschoben wurde, wodurch Sie bereits um 3:30 Uhr fliegen und der Rückflug um mehr als 7 Stunden nach hinten verschoben hat, wodurch Sie erst um 2:40 Uhr an Ihrem Zielfllughafen ankommen. Sie fragen sich nun, ob Sie durch die Verlegung des Hinfluges irgendwelche Ansprüche gegen den Reiseveranstalter geltend machen können.
Sie haben eine Pauschalreise im Sinne des § 651 a BGB gebucht, sodass sich sämtliche Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht des BGB ergeben. Diese sind in den §§ 651 a-m BGB geregelt und werden gegen den Reiseveranstalter geltend gemacht. Sie fragen zunächst einmal nach der Möglichkeit einer Kündigung, welche in § 651 e BGB geregelt ist. Des Weiteren könnte auch eine Reisepreisminderung gemäß § 651 d BGB interessant sein. Sowohl das Recht zur Kündigung, also auch das Recht zur Minderung des Reisepreises, setzen zunächst voraus, dass die Reise mit einem Reisemangel behaftet ist.
Die wesentliche Pflicht des Reiseveranstalters besteht darin, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften besitzt und nicht mit Mängeln behaftet ist (§651c Abs. 1 BGB). Ein Reisemangel im Sinne von § 651 c BGB liegt demnach vor, wenn eine wesentliche Reiseleistung einen Fehler aufweist oder nicht die zugesicherten Eigenschaften enthält. Eine Flugbeförderung stellt eine wesentliche Reiseleistung dar, deren Abweichungen unter Umständen zu einer Reisepreisminderung führen oder andere Ansprüche begründen können. Dies wird darauf zurückgeführt, dass der Transport in der Regel einen der wichtigen Bestandteile eines Pauschalreisevertrages ausmacht. In Ihrem Fall könnte die Flugzeitenänderung des Hinfluges einen Reisemangel darstellen. Dies ist insbesondere dann zu bejahen wenn eine Störung der Nachtruge vorliegt oder andere Tage als der erste und letzte Tag betroffen sind. Insgesamt ist die Thematik immer noch relativ umstritten, sodass jeder Fall für sich betrachtet werden muss.
Zur Orientierung helfen aber folgende Urteile:
AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az.: 10 C 1621/08 (bei Google einfach zu finden unter “ 10 C 1621/08 "reise-recht-wiki.de“)
Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7-tägigen Flugreise stelle einen Reisemangel dar und berechtige zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.
BGH Urteil vom 17. April 2012, Az. X ZR 76/11 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google „reise-recht-wiki BGH X ZR 76/11“ eingeben)
Das Entfallen der Nachtruhe durch Vorverlegung des Rückfluges stelle demnach einen Reisemangel gemäß § 651 c dar und berechtige zur Reisepreisminderung.
AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, auch bei Google zu finden unter: " AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)
In diesem Fall wurde ein Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden sei nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.
LG Hannover, Urteil vom 13.03.2012, Az. 18 O 79/11 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " LG Hannover 18 O 79/11 reise-recht-wiki.de"))
Geringfügige Verschiebungen der Flugzeiten stellen noch keinen Reisemangel dar, sondern nur eine Unannehmlichkeit, sofern sie zumutbar sind. Eine Flugzeitenverschiebeung von 9 Stunden könnte das Maß einer Unannehmlichkeit übersteigen. Dies ist anzunehmen, wenn die Änderung unzumutbar ist. Dies setzt voraus, dass es sich bei der Änderung der Flugzeiten um eine erhebliche Änderung wesentlicher Reiseleistungen handelt, welche als unzumutbar anzusehen sind. Demnach wäre eine Unzumutbarkeit anzunehmen, wenn die Änderungen den Reisenden in erheblicher Art und Weise belasten.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Geringere Verschiebungen sind als hinnehmbar anzusehen. So kann eine Verschiebung von 4 bis 8 Stunden noch zulässig sein. Aber wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese unzulässig.
Zwar ist die Verlegung Ihrer Flugzeiten in beiden Fällen unter der 8 Stunden Grenze, doch wird in beiden Fällen Ihre Nachtruhe beeinträchtigt. Gerade auch dadurch, dass Sie mit Kindern fliegen, sind diese Flugzeiten für Sie meines Erachtens nach völlig unzumutbar und die Reise ist mangelbehaftet.
Liegt ein Reisemangel vor, können Sie gem. § 651 e BGB die Reise kündigen und selbstständig neu buchen. Falls Sie die Reise jedoch trotzdem wahrnehmen wollen, können Sie eine Reisepreisminderung gem § 651 d BGB geltend machen.
Fortsetzung....