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Hallo liebes Flugrechteforum,

Ich würde gerne wissen, wie folgender Umstand zu bewerten ist:

Ich wollte Ende 2016 aus beruflichen Gründen von Berlin nach München fliegen.

Aufgrund des Kurzstreckenfluges, sollte der Flug nicht allzu lange dauern. Ich hatte zudem auch nur Handgepäck, sodass ich mir das lästige Aufgeben größerer Gepäckstücke zum Glück sparen konnte.

Ebenfalls im Flugzeug befanden sich auch mehrere andere Personen, die, wie ich im Gespräch mit einigen Erfahren hatte, von München aus weiter in den Urlaub fliegen wollten. Von daher war der Flug ausgebucht. Das Boarding ging, wie gesagt recht schnell, sodass ich ganz fix auf meinem Platz sitzen konnte. Jedenfalls kam kurz nach mir eine Familie in das Flugzeug, welche augenscheinlich extremst nervös zu sein schien.

Der Abflug war für 14:00 geplant, 14:01 saßen alle auf ihren Plätzen und die Türen waren geschlossen, usw.

Dann begann der jedoch (wahrscheinlich für alle Fluggäste) unangenehme Teil der Reise: Uns wurde über die Boarddurchsage mitgeteilt, dass sich unser Abflug verspätet, der Grund dafür war, dass die Motorkontrollleuchte des Flugzeuges leuchtete, und dies überprüft werden müsse. Uns wurde auch mitgeteilt, dass kein Grund zur Beunruhigung bestünde, da es sich um keinen Schwerwiegenden Fehler handelte.

Dies nahmen viele auch gelassen hin, ich als versierter Vielflieger natürlich auch. Nur nicht die Familie, die schon nervös zu sein schien als sie das Flugzeug betrat. Sie wollte nun nämlich so schnell wie möglich das Flugzeug verlassen, wahrscheinlich hatten sie extreme Flugangst, die durch diese Durchsage nur verstärkt wurde. Auch die Flugbegleiter versuchten zu beruhigen, als sie versuchten, zu erklären, dass diese meldung harmlos sei, und jederzeit behoben werden kann. Doch diese Passagiere wollten sich auf keinen Fall davon abbringen lassen, das Flugzeug zu verlassen. Alles gute Zureden nützte nichts. Und so kam es wie es kommen musste. Eine leiter musste geholt werden, um die Passagiere herauszuholen, ein bus musste kommen, und ihr Gepäck musste ausgeladen werden. Dies alles dauerte gute 3 Stunden. Dafür musste ja natürlich der Flugplatz gesperrt werden.

 

Hier habe ich in diesem Forum einen ähnlichen Fall gefunden:

http://www.flugrechte.eu/index.php?qa=10184&qa_1=verweigert-entschädigung-außergewöhnlicher-lächerlicher

kann ich von der Fluglinie, für diese Verspätung, die dadurch aufgetreten ist, dass diese Passagiere zum Terminal gebracht werden mussten, eine Entschädigung verlangen?

Danke für die Antworten und liebe Grüße

Gefragt in Flugverspätung von
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1 Antwort

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Hallo,

3 Stunden Verspätung, weil Passagiere Flugangst haben, ist wirklich ärgerlich. Du fragst dich zurecht, ob dir eine Ausgleichszahlung zusteht oder nicht.

Grundsätzlich ist es so, dass Passagiere einen Anspruch auf Entschädigung haben, wenn der Flug Verspätung hat. Die rechtliche Grundlage ist Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechteverordnung.

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:

a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger

b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,

c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

Da die Entfernung zwischen Berlin und München etwas mehr als 800 km beträgt, hättest du also grundsätzlich einen Anspruch auf 250 EUR.

Die Fluggesellschaft muss nach Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Fluggastrechte Verordnung nur unter folgenden Voraussetzungen zahlen. Und zwar, wenn sich der Abflug

a) bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger um zwei Stunden oder mehr oder

b) bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km um drei Stunden oder mehr oder
b) bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen um vier Stunden oder mehr
gegenüber der planmäßigen Abflugzeit verzögert hat.

Diese Voraussetzung ist erfüllt, weil du von einer Verspätung über 3 Stunden berichtest.

Es gibt allerdings noch eine Voraussetzung, die erfüllt sein muss. Es darf sich bei dem Grund der Verspätung nicht um einen außergewöhnlichen Umstand handeln. Dies ist ein Ereignis, das von der Fluggesellschaft nicht beeinflussbar bzw. vorhersehbar ist. Die genaue Definition findest du hier.

Das Aufleuchten der Motorkontrollleuchte stellt für sich betrachtet keinen außergewöhnlichen Umstand dar, weil die Fluggesellschaft diesen durch Kontrollen beeinflussen bzw. vermeiden kann.

Dass sich Passagiere aufgrund der Flugangst dazu entscheiden, doch nicht mitfliegen zu wollen, stellt isoliert betrachtet einen außergewöhnlichen Umstand dar. Das Angstgefühl des Passagiers ist von der Fluggesellschaft nicht beeinflussbar. Dieser Fall ist also gleich zu behandeln, wie ein Fall der Erkrankung eines Reisenden. Dieses Ereignis fällt also nicht in den Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft.

Allerdings empfanden die Passagiere aber aufgrund des technischen Defekts Flugangst und sind daraufhin ausgestiegen. Dies stellt einen speziellen Fall dar, den das Landgericht Landshut am 25.04.2017 in ähnlicher Weise schon einmal entschieden hat (LG Landshut, Beschl. v. 25.4.2017 – 12 S 209/17).
Die Flugangst und das Aussteigen der Passagiere stellt sich damit in diesem Fall als Auswirkung des technischen Defekts dar. Es liegt deshalb kein Fall der multikausalen Verspätung vor.

Das Aussteigen der Fluggäste, die sich nach dem Auftreten des technischen Defekts aus
Flugangst dazu entschieden haben, nicht mehr mitfliegen zu wollen, stellt auch nach Ansicht
der Kammer in diesem konkreten Fall keinen außergewöhnlichen Umstand (…) dar.

Meiner Meinung nach, hast du also einen Anspruch auf 250 EUR Ausgleichszahlung. Allerdings empfehle ich dir sicherheitshalber einen Rechtsanwalt zu Hilfe zu holen, wenn es um die Geltendmachung eventueller Ansprüche geht.
 

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