Hallo,
du hast also einen Flug von Wien nach Ho-Chi-Minh-City über Dubai gebucht. Leider kam es auf dem ersten Abschnitt der Reise zu einer Verspätung. Warum wurde euch nicht erklärt. Der Anschlussflug konnte durch die Verspätung ebenso nicht erreicht werden. Letztendlich bist du 4 Stunden später an deinem Endziel angekommen.
Du hast ebenso bereits einen Rechtsanwalt zu dem Thema befragt, der allerdings davon ausgeht, dass keine Ansprüche bestehen würden, weil der Zielflughafen nicht in der EU liegt.
Richtigerweise ergeben sich Ihre Ansprüche aus der EG-Fluggastrechteverordnung 261/2004. Ob diese tatsächlich in deinem Fall anwendbar ist, lässt sich aus Art. 3 I der Verordnung entnehmen.
Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
Vorliegend sind Sie in Wien gestartet, also in einen Mitgliedsstaat. Daher ist die Verordnung meines Erachtens nach in jedem Fall anwendbar. Es wird nirgends normiert, dass der Flug nicht in einem Drittstaat enden kann. Insofern verstehe ich die Ausführungen des Anwalts ebenso wenig.
Des Weiteren müssen, damit eventuell ein Entschädigungsanspruch gem. Art. 7 der EG-VO 261/2004 in Frage kommt, die Flüge in Kombination gebucht worden sein.
Dann könnten sich die Entschädigungszahlungen in folgender Höhe ergeben:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Zudem musst du mit einer Verspätung von mind. 3 h am Endziel angekommen sein. Darunter wird die Verspätung als unerheblich angesehen. Du schreibst, dass du Hi-Chi-Minh erst mit einer Verspätung von 4h erreicht hast. Dazu auch folgende interessante Gerichtsurteile:
LG Darmstadt, Hinweisbeschluss v. 15.01. 2017, Az.: 25 S 75/16 (bei Google zu finden unter: "25 S 75/16 reise-recht-wiki.de")
Kommt es zu einer Flugverspätung aufgrund eines verpassten Anschlussfluges, wobei der betroffene Fluggast mind. drei Stunden zu spät an seinem Zielort ankommt, so kann ein Anspruch auf Ausgleichszahlung bestehen, auch wenn der Zubringerflug und der Anschlussflug nicht von derselben Fluggesellschaft durchgeführt wurde.
BGH, Urt. v. 13.11.2013, Az.: X ZR 115/12 (bei Google zu finden unter: "X ZR 115/12 reise-recht-wiki.de")
Ein Reisender, der aufgrund einer Verspätung des Zubringerfluges seinen Anschlussflug verpasst, hat in der Regel auch einen Anspruch auf Ausgleichszahlung aus der Fluggastrechteverordnung. Dies gilt nicht, wenn sich die Fluggesellschaft wirksam auf "außergewöhnliche Umstände berufen kann, etwa weil das pünktlich gestartete Flugzeug am Ankunftsflughafen keine Landeerlaubnis erhält.
Wie du aus dem letzten Urteil entnehmen konntest, so kann sich eine Airline von der Zahlungspflicht befreien, wenn sogenannte außergewöhnliche Umstände vorlagen, die eine Verspätung nach sich ziehen. Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten; so steht es in Erwägungsgrund 14 der Verordnung.
Leider weißt du nicht genau was vorlag bzw. was der eigentliche Grund der Verspätung war. Dies wird hier aber der größte Knackpunkt an der Geschichte darstellen. Denn Fluggesellschaften berufen sich äußerst gern auf das Vorliegen dieser außergewöhnlichen Umstände. Dies allein reicht aber nicht. Dazu kommt, dass die Fluggesellschaft alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben müssen, um eine mögliche Annullierung oder Verspätung zu verhindern.
Die Beweislast für das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände, sowie die Unvermeidlichkeit nach Vornahme aller möglichen Maßnahmen, trägt dabei das ausführende Luftfahrtunternehmen.
Insofern lässt sich nicht genau festlegen, ob der Anspruch tatsächlich besteht oder nicht. Eventuell wäre eine Beratung beim Fachanwalt besser.